16 | Verfolgt

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Vor drei Tagen war Raphael nach Berlin geflogen und mit ihm Abudi. Zugegeben, ich vermisste ihn ein klein wenig. Wir hatten in den letzten Wochen regelmäßig Zeit miteinander verbracht und verstanden uns gut.

Ich würde sogar behaupten, dass wir uns wieder etwas angefreundet hatten. Nicht so eng wie früher, aber immerhin. Auch mit Abudi kam ich problemlos klar. Er war zwar ein ganz anderer Typ wie Raphael, aber ein paar Gemeinsamkeiten waren mir dennoch aufgefallen.

Ich hatte nicht viel Zeit über die beiden nachzudenken, denn momentan hatte ich einen riesigen Berg an Arbeit zu erledigen. Seit dieser Woche war ich wieder häufiger im Büro. Ich teilte mir mit einigen anderen Freelancern ein kleines Office in Favoriten.

Aktuell sollte ich mich um das Booking einer Tour in verschiedenen kleinen Hallen in Deutschland, Österreich und der Schweiz kümmern. Mir wurde eine Liste mit Wunschorten vorgelegt und so musste ich nach und nach die verschiedensten Hallen in den unterschiedlichen Städten abklappern.

Da die Tour relativ kurzfristig stattfinden sollte und kleinere Locations benötigt wurden, war es schwierig, etwas frei Verfügbares zu finden. Zudem bevorzugten einige Vermieter von Veranstaltungshallen bekannte Künstler und gaben den kleineren keine richtige Plattform.

Nach stundenlangen Telefonaten und vielen Diskussionen mit meinem Auftraggeber hatten wir uns schließlich entschieden, statt normalen Konzerten eine Clubtour zu planen und zu veranstalten. Das war in der kurzen Zeit besser realisierbar und die Kapazität würde allemal ausreichen.

Am Ende dieses langen, anstrengenden Arbeitstags räumte ich meinen Schreibtisch auf, verabschiedete mich von meinen Kollegen und verließ das Bürogebäude. Ich steuerte den nahe gelegenen Parkplatz, auf dem ich mein Auto abgestellt hatte, an.

Wieder klemmte etwas unter meinem Scheibenwischer. Dieses Mal war es ein Bild von mir. Es war leicht verwackelt. Jemand musste mich heimlich fotografiert haben, als ich vor ein paar Tagen mit Sale in einem Café in der Wiener Innenstadt gewesen war. Scheiße, das war Stalking.

Nervös hob ich den Blick und schaute mich mich um, doch es war nichts Auffälliges zu sehen. Der Parkplatz war menschenleer. Ich drehte das Bild um. »Du bist meine Traumfrau«, stand in einer Schrift wie gedruckt dort.

Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. Wer trieb hier seine Spielchen mit mir? Da ich nicht wusste, ob mir noch immer hinterherspioniert wurde, fuhr ich sicherheitshalber über einen Umweg nach Hause.

Am Abend telefonierte ich lange mit Samira. Sie riet mir, die Vorfälle umgehend bei der Polizei zu melden. »Isabell, Stalking ist strafbar. Wer weiß, was der Typ sonst noch geplant hat. Du musst das unbedingt melden«, hatte sie zu mir gesagt.

Besonders begeistert war ich von dieser Idee nicht. Raphael und ich hatten in unserer Jugend schon mehrmals mit den Wiener Ordnungshütern zu tun gehabt und waren daher nicht gut auf sie zu sprechen. Doch ich sah ein, dass es keine andere Möglichkeit gab.

Anstatt persönlich auf dem Revier zu erscheinen, zog ich es aber vor, telefonischen Kontakt aufzunehmen. Ich war vorsichtig geworden und wollte nicht riskieren, dass mein Stalker, sofern ich wirklich einen hatte, mitbekam, was ich vorhatte. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wer diese Person war und was sie von mir wollte.

In den nächsten beiden Tagen passierte nichts Besonderes. Am Morgen des dritten Tages hatte ich mich schließlich dazu aufgerafft, bei der Polizei anzurufen.

»Guten Tag, Isabell Thieme mein Name. Ich kontaktiere Sie, da ich das Gefühl habe, dass eine fremde Person mich beobachtet und mir nachstellt. Ich würde gerne eine Anzeige erstatten«, erklärte ich.

Der Polizeibeamte, Herr Krause, bat mich darum, alles zu erzählen, was passiert war. »Haben Sie den möglichen Täter schon einmal zu Gesicht bekommen? Kennen Sie ihn persönlich?«, wollte er wissen.

Panzer | RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt