06 | Meinungsverschiedenheit

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Barbara, ich und Juliana hatten uns in Johns Wohnung verabredet. Da der blonde Riese heute den ganzen Tag außer Haus und mit seiner Tochter unterwegs war, hatte er uns freundlicherweise seine Wohnung überlassen.

Ich selbst lebte nach wie vor im Hotel, was die Möglichkeit sich vernünftig zusammenzusetzen und etwas zu besprechen, deutlich einschränkte. Ein Treffen in einem Café in der Stadt wäre undenkbar, da mich dort zu viele Fans stören würden und das Studio war ebenfalls besetzt.

Am Morgen frühstückte ich eine große Portion Rührei mit Brot und trank zwei Tassen Espresso dazu. Nach einer anschließenden Einheit im Fitnessstudio des Hotels erledigte ich einen Teil der angefallenen Arbeit und machte mich auf den Weg zu Julianas Wohnung.

Sie begrüßte mich mit einem Kuss, den ich halbherzig erwiderte. »Wo hast du den Kuchen hingestellt? Meine Schwester kommt bald und wir müssen gleich zu John fahren.« »Ähm, was für einen Kuchen meinst du?«, fragte sie überrascht.

»Na der Kuchen, um den ich dich gestern gebeten habe«, erwiderte ich und sah sie abwartend an. »Ups.« Juliana schaute betreten zu Boden. »Ich weiß nichts von einem Kuchen. Außerdem kann ich nicht backen.« Genervt verdrehte ich die Augen.

»Alter, kannst du eigentlich irgendwas? Auf nichts kann man sich verlassen. Ich habe es dir gestern dreimal gesagt«, schimpfte ich. »Sogar ich kriege es hin einen Kuchen zu backen. Das ist doch wirklich nicht schwer.«

»Sei nicht so, Raf. Ich habe glaube ich noch eine vegane low carb Backmischung da. Dann machen wir die schnell. Man merkt ja keinen Unterschied.« Ich schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelte den Kopf. Hatte dieses Mädchen nur ihr Aussehen und Geld im Kopf? Für sowas fehlte mir das Verständnis.

»Meine Güte, das ist unfassbar. Natürlich merkt man einen Unterschied. Jeder Blinde kann einen echten Kuchen von einer Backmischung unterscheiden. Dein vegan kannst du dir sonst wo hin stecken. Ich laufe jetzt zum Supermarkt nebenan, kaufe die notwendigen Zutaten ein und mache Tiramisu. Du suchst schon mal eine große Auflaufform heraus und bereitest eine Kühltasche vor. Wir haben nicht viel Zeit. Du schaust mir dann dabei zu, damit du mal was lernst. Sowas muss man als Italienerin können«, herrschte ich sie an.

»Aber-«, setzte Juliana an. »Kein aber. Mach jetzt, bevor ich mich vergesse.« Ich stürmte aus der Wohnung und lief in Windeseile zum nahe gelegenen Supermarkt, wo ich alle notwendigen Zutaten einkaufte.

Vollbeladen stieg ich eine Viertelstunde später in den Aufzug zu Julianas Wohnung und klingelte Sturm. Hastig machte sie die Tür auf. Ich quetschte mich an ihr vorbei, packte die Einkäufe aus und legte los.

»Kaffee kochen kannst du aber hoffentlich, oder?«, fragte ich beiläufig. »Ich habe nur einen Vollautomaten, aber das dürfte ja nicht so schwer sein. Früher habe ich das öfters mal gemacht.« »Gut, dann kochst du bei John den Kaffee und für mich Espresso«, entschied ich. Ich wollte schließlich nicht die ganze Arbeit alleine machen.

Eine gute halbe Stunde später war das Tiramisu fertig und ich stellte es in den Kühlschrank. »Sorry wegen vorhin. War nicht so gemeint. Ich bin nur gerade ein bisschen gestresst.« Entschuldigend drehte ich mich zu Juliana um und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.

Nicht, dass ich die Entschuldigung für lebensnotwendig gehalten hatte, aber ich hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen. »Schon gut. Ich verzeihe dir. Ich habe dich viel zu gerne, als das ich lange böse auf dich sein könnte.« Sie schenkte mir ein entwaffnendes Lächeln.

»Wir müssen dringend los«, stellte ich nach einem Blick auf meine Rolex fest. Wir packten das Tiramisu in die Kühltasche und liefen in die Tiefgarage zu meinem Ferrari. »Darf ich mal fahren?«, fragte Juliana und sah mich bittend an.

Panzer | RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt