„Hast du alles?"
„Ja, ich denke schon!"
„Tooru, dein Reisepass!"
„Mama, den hab ich doch schon in meiner Jackentasche!"
Tooru stieß einen genervten Seufzer aus und trat auf den Flur, um sich im Eingangsbereich des Hauses seine Sneaker anzuziehen. Das meiste seines Gepäcks hatte er schon zwei Tage vorher aufgegeben, so dass es in Argentinien in seiner Wohnung auf ihn warten würde, sobald er dort ankäme. Damit also nur mit seinem Rucksack und einem kleinen Koffer ausgestattet, müsste er sich auf der ganztägigen Reise nicht mit allzu viel Gewicht plagen.
Ich stand noch in der Küche, mit der Kaffeetasse in der Hand, als ich die drei in ihrer Wirbelei beobachtete. Da wollte ich mich lieber nicht dazwischen drängeln.
Seira schien aufgeregter als mein Freund, und Kenzaburou machte seltsame Bewegungen mit dem Zeigefinger in seine Handinnenfläche. Zählte er etwas in Gedanken? Vielleicht betete er auch? Seine Gestiken sprachen weder eindeutig für das eine noch für das andere.
Aber da Toorus Flug mit Gabelung ein Abenteuer über Amerika nach Argentinien für sich war, wäre der ein oder andere gute Wunsch nicht falsch. Niedrige Verunglücksrate hin oder her. Ein bisschen Glück konnte jeder gebrauchen.
Mir schlich sich ein kleines Lächeln auf die Lippen, während ich an meinem Kaffee nippte. Die gesamte Familie hatte ich innerhalb des halben Jahres noch nie so von der Hummel gestochen erlebt wie jetzt.
Mein Handy vibrierte in meiner Jeanstasche, und ich zog es hervor. Heute war ich drauf eingestellt, eine Menge Nachrichten zu erhalten. Es wäre unser Kommunikationsweg Nummer 1, um unseren grandiosen Plan in die Tat umzusetzen. Aber gerade war es „nur" mein bester Freund, welcher sich meldete:
Tetsu, 07:33 Uhr
Seid ihr schon unterwegs?V/N, 07:34 Uhr
Nein, aber gleich.
Meine Finger flogen flink und sicher über die digitale Tastatur. Seltsamerweise war ich ruhiger als der Rest, obwohl ich nicht gut hatte schlafen können und obwohl mich die Tage zuvor sehr aufgewühlt hatten. Statt mich ausruhen, hatten meine Augen in der Dunkelheit die ganze Zeit auf Tooru gelegen. Ihn beobachtet.Nennt mich Stalker, aber ich konnte mich nicht dazu durchringen, mich schlafen zu legen, wenn es die letzte gemeinsame Nacht war. Lieber hielt ich seine Hand, wusste seine Finger mit meinen verschränkt. Dicht beieinander liegend. Einfach noch einmal jede Sekunde genießend, bevor es ernst wurde. Als ich dann doch noch eingeschlafen bin, war es entsprechend kein erholsamer Schlaf gewesen. Die Besorgnis, die Nervosität, ... das alles hatte mich nur in einen Dämmerzustand befinden lassen. Und so gerädert kam ich mich jetzt auch vor.
„V/N, kommst du?" Toorus Stimme drang zur Küche herein und ich schaute wieder aus meinen Gedanken ausbrechend auf. Verbotenerweise war er mit Schuhen an den Füßen noch einmal zurückgekommen und blickte mich fragend, fast schon drängend an.
Da war sie, die Nervosität in seinen schokoladenbraunen Augen, gepaart mit einem Funkeln, welches Aufregung verriet. Aufregung wegen eines neuen Landes, eines neuen Lebensabschnittes. Aufregung, weil er seinem Traum nun endlich ein Stück näherkam.
Aber nicht, ohne noch einmal von seiner Mutter gescholten zu werden: „Tooru!! Komm augenblicklich zurück, du hast schon die Schuhe an!"
Ich schüttelte in Amüsement leicht den Kopf, trank den letzten Schluck und ließ die Tasse auf dem Tisch stehen. Mich erhebend, ging ich mit einem „Komme schon" zur Küche hinaus, mein Freund bereits wieder fünf Schritte weiter, so hibbelig war er.
DU LIEST GERADE
So wie du bist (OikawaxReader)
RomanceWas gibt es Schöneres, als dass sich nicht nur deine Eltern trennen, sondern du auch noch dazu verdonnert wirst, mit deiner Mutter nach Miyagi zu ziehen? Fernab deiner Freunde in Tokyo, deines besten Freundes und das mitten im letzten Schulhalbjahr...