[29.1] Grenzen erkennen

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Der Dezember verging schneller, als mir lieb war. Und mit diesem Monat auch die Vorbereitungszeit auf die Abschlussprüfungen. Ich hatte die Tage nach dem Trip ins Disneyland Probleme, mich noch auf irgendetwas anderes zu konzentrieren, was nicht Tooru hieß. Und im Grunde saß ich jede freie Sekunde bei ihm. Ich fühlte mich fast schon so, als hätte ich mich gerade ein zweites Mal in ihn verliebt – oder war es bereits das dritte, beziehungsweise vierte Mal? Ich wusste es nicht mehr, aber das war ja auch egal. Toorus irgendwann-Heiratsantrag ließ mich beim bloßen Gedanken daran mädchenhaft aufquietschen, und wenn ich auf mein Armband blickte... blieb ich mit süßer Erinnerung an jenem Tag hängen, schaute verträumt drein und schmunzelte vor mich hin.


*


Mein Geburtstag, welcher drei Tage nach unserem Tokyo-Trip stattfand, verlief ruhig. Da mein Freund dank meines Vaters nun auch davon wusste, weckte er mich am Morgen liebevoll mit einem Kuss und wusste mir alle Wünsche von den Augen abzulesen.

Er hatte auch seine Eltern eingeweiht und so erwartete mich zum Frühstück schon eine kleine Geburtstagstorte und ein hübscher, farbenprächtiger Blumenstrauß, liebevolle Umarmungen von Seira und Kenzaburou, und sogar ein kleines Geschenk. Ich packte das würfelförmige Paket neugierig aus. Vorsichtig löste ich die rote Schleife, dann die Klebestreifen auf dem dunkelblauen Papier, und wickelte dieses ab. Es kam ein kleiner rechteckiger Handspiegel zum Aufklappen hervor, prachtvoll verziert mit floralen Elementen in Messing und Metallblau. Er hatte vermutlich schon einige Jahre gesehen, waren die Ornamente bereits mattiert, aber dennoch immer noch wunderschön. Und als ich ihn aufklappte, kam noch etwas anderes zum Vorschein: ein Gutschein für...

„Ich würde gerne mit dir da hingehen. Einfach ein kleiner Frauentag, mit etwas Handpflege, Maniküre, Kaffee, guten Gesprächen." Meine Lippen zogen sich vorfreudig nach oben, als Seira mir diese Neuigkeit eröffnete. So etwas hatte ich tatsächlich schon immer mal tun wollen, aber nie hatte ich das mit einer guten Freundin oder gar meiner Mutter unternehmen können. Jetzt war es eine süße Mischung aus beidem, die mir Seira schenkte und mein Herz erwärmte. „Der Spiegel gehörte einst meiner Mutter und daraufhin habe ich ihn bekommen, als ich 18 wurde. Ich denke, er wird dir gute Dienste leisten." Er musste ihr also wichtig sein, oder? So wertvoll? Und dann... schenkte sie ihn mir?

„Seira... ist das wirklich in Ordnung?"

Toorus Mutter lächelte nur herzlich. „Würde ich ihn dir sonst schenken?"

„Danke." Ich war gerührt und würde gut darauf Acht geben. Ob heute, in ein paar Jahren oder, wenn ich später selbst einmal Kinder haben sollte. Es ging mir nicht um den Spiegel an sich, auch wenn ich ihn wirklich schön fand, sondern um die Geste. Das Gefühl, so in einer Familie willkommen zu sein... ich war einfach nur glücklich.

Kenzaburou rief daraufhin zum gemeinsamen Fotomachen auf. Ich ließ auch eins mit meinem Handy aufnehmen, um dieses später meinem Vater zu schicken, wollte ich mit ihm abends eh noch telefonieren.

*

Denn für den Rest des Tages hatte mir Tooru noch eine Überraschung versprochen. Und so standen wir zu Mittag im Stadtzentrum und trafen dort Hajime, Makki und Mattsun.

„So schnell werden sie groß!", pattete mir Matsukawa auf den Kopf, woraufhin ich mich unter einem Lachen beschwerte und aus seinem Griff zu befreien versuchte, den er mir aufzuerlegen wusste.

„Ich wünsche dir, dass Oikawa dich in deinem neuen Lebensjahr nicht so sehr zu nerven weiß!", grinste Hanamaki mit einer Hand auf meiner Schulter, was Tooru natürlich sofort anspringen ließ:

„So schlimm bin ich nun auch nicht!"

„Stimmt, du bist schlimmer!", warf Hajime da trocken ein und schenkte mir ein kleines Lächeln, nachdem er die Augen verdreht hatte. „Alles Gute zum Geburtstag", sprach er sanft und übergab mir eine schwere, mittelgroße Papiertüte. „Du meintest doch neulich zu mir, dass du's gerne noch einmal lesen würdest und naja... Wir haben deinen Geburtstag dafür genutzt, dir den Wunsch zu erfüllen!"

So wie du bist (OikawaxReader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt