Kapitel 19 - In den Flammen

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Auf Ilum lag das Relikt der Jedi versteckt. So lange, bis es sich Ahsoka Tano offenbart hatte.
Sie und der Kristall bezeichneten einst die helle Seite dieser Macht.
Und Ilum als Planet war bis zu seiner Zerstörung eines der Heiligtümer der Jedi.
Shadow studierte die Daten in seinen Erinnerungen immer wieder von neuem.
Ilum passte zu den Jedi. Da es ein stetes Gleichgewicht gab, mussten auch die so genannten Sith über eines dieser Relikte verfügen.

Passend dazu las er die Berichte über die große Schlacht von Exegol vor etwas mehr als zehn Standardjahren.
Imperator Palpatine versteckte sich jahrelang dort, um im Geheimen seine übermächtige Flotte aufzubauen.
Es war ein plumper Plan des damaligen Herrschers, das offenbarte sich Shadow immer mehr, aber für diese enormen Anstrengungen konnte es nicht nur rein materielle Gründe geben.
Er musste sich einer Kraft bedient haben, welche innerhalb einer so kurzen Zeitspanne eine solche Flotte möglich machte.
Shadow schätzte den Imperator aufgrund der Erzählungen zwar als überaus machtvoll ein, doch auch dieser Einfluss hatte seine Grenzen.

Das Problem, welches er an Palpatine ausmachte, war dessen Unverständnis über das Relikt, sollte er wirklich in dem Besitz dessen gewesen sein.
Shadow wusste es besser. Die Puzzleteile der kaminoanischen Aufzeichnungen und die der Archive der Machthüter setzten sich zu einem großen Gesamtbild zusammen.
Nun musste er nur noch seinen Anfang finden.
Der Navigationscomputer seines Schiffes piepte, als er den Planeten anflog, welchen er anvisiert hatte. Dort vor ihm lag er nun.
Die eine Hälfte in völlige Dunkelheit getaucht, die andere Hälfte in gleißendes Sonnenlicht.
Dies kam zustande, da die Eigendrehung des Planeten an dessen Stern gekoppelt und so immer die gleiche Seite dem Zentralgestirn zugewandt war.

Während auf der warmen Seite also wüstenähnliche Bedingungen herrschten, war die kalte Seite durchzogen von Stürmen, Regen, Eis und Ozeanen.
An dieser Wettergrenze in der Mitte lag der uralte Sith-Tempel, in welchem Palpatine einst von Ahsoka Tano, Anakin Skywalker und der Neuen Republik geschlagen wurde.
Genau hier wollte Shadow mit seiner Suche beginnen.
Er spürte, wie ihn eine bisher unbekannte Macht durchströmte und nach ihm rief. Er lag also richtig mit seiner Vermutung und fand auf Anhieb den richtigen Ort.
Je näher er den Trümmern kam, welche in einen Nebel aus vereistem Wasser eingehüllt waren, desto lauter wurde das Geräusch in seinem Kopf.

Nur wusste er nicht, wonach er suchte.
Tano hatte einen Kristall geborgen, doch wie sah das Relikt der Sith aus?
Shadow landete auf einer der größeren Platten und befestigte das Schiff sofort.
Kalter, nasser Wind wehte ihm ins Gesicht, als er das Cockpit seines kleinen Transporters verließ.
Ein diffuses Licht legte sich über den Ort und nahm ihm die Weitsicht.
So tastete er sich mit seinen Füßen weiter voran, immer auf der Hut, nicht auf einem losen Trümmerteil stehenzubleiben.

Das Geräusch in seinem Kopf wurde zu einem Pochen, es wurde immer präsenter, je mehr er dem Weg durch die Macht folgte.
Bis eine Stimme ihn stoppte.
“Bist du hier, um mich aufzuhalten?”
Sie klang bittersüß und böse, und hätte Shadow Angst empfunden, hätte diese ihn wohl auch eingeschüchtert.
Doch der Klon war überzeugt von sich und seinem Weg.
Darüber hinaus kannte er die Stimme sehr genau.

“Ihr seid bereits vernichtet”, sagte er unbeeindruckt.
“Was macht dich da so sicher?”, fragte die Stimme bedrohlich flüsternd.
Aus dem Nebel materialisierte sich eine Gestalt. Sie war von oben bis unten farblos, nur aus dem Gesicht leuchteten Shadow zwei gelbe Augen an.
“Ich bin alle Sith!”, rief die Person aggressiv.
Aber noch immer stand Shadow nahezu teilnahmslos vor ihm.
“Imperator, Eure Zeit ist seit langem vorbei”, antwortete er ruhig. “Es wird Zeit, den Jüngeren Platz zu machen.”

“Erbärmlich!”, gröhlte Sidious. “Ein Klon wird nie meine Macht besitzen.”
Nun sah Shadow dem Mann in die Augen.
“Ihr irrt Euch. Ich besitze Eure Macht schon längst”, erwiderte Shadow und drückte Sidious’ Gestalt im Nebel von sich.
Sidious hatte trotz seiner Macht keine Chance, dem Mann näherzukommen. Eine lange Zeit versuchte er es, doch nicht einmal am Ende zeigte sich Ermüdung bei Shadow.
“Vielleicht soll es doch so sein”, folgerte Sidious schließlich. “Wir werden sehen, ob du der Macht gewachsen bist.”

Aus der Gestalt wurde wieder eine Wolke, welche mit einem Kreischen durch den bewegungslosen Shadow floss und schließlich über einer Platte schwebte.
Shadow verstand, dass sie etwas markierte, also ging er langsam zu der Stelle.
“Erhebe dich”, grummelte Sidious’ Stimme noch einmal bedrohlich, ehe Shadow all seine Macht bündelte und mit all seiner angestauten Wut den Boden und die Trümmer zum Beben brachte.
Er warf Teil um Teil zur Seite und grub sich mithilfe der Macht immer tiefer in den Boden. Meter um Meter versank er in den Trümmern.

Erst, als er hundert Meter tief gegraben hatte, fühlte er, wie die Macht ihn zu dem Ziel führte.
Ein blauer Schimmer erhellte allmählich den Bereich, in welchem Shadow grub und nach Antworten suchte.
Dann fand er sie. Die erste Lösung auf seinem Weg.
Dort unten, zwischen all dem Schutt sah er den Ursprung des Geräusches in seinem Kopf.
Eine blaue Flamme loderte aus einem antiken Gefäß, ähnlich einer Schale.

Trotz der Zerstörung des Tempels überdauerte sie und auch das Gefäß war völlig unbeschädigt.
Langsam streckte Shadow seine Hand aus.
Als er das Relikt berührte, wurde er von einer massiven Welle der Macht durchflutet.
“Lass’ dich von ihr einnehmen. Umarme sie, nutze sie gegen deine Feinde. Vernichte sie”, krächzte der Imperator erfreut.
Shadow genoss das Gefühl.

Anfangs brannte es, als ob er bei lebendigem Leibe in eine Lavagrube geworfen wurde.
Doch je mehr er von dieser Macht kostete, desto angenehmer empfand er den Schmerz.
Zum ersten Mal fühlte er sich verstanden und bestärkt in dem, was er tat.
Kamino mit seinem Premierminister hatte keine Chance, seine Fähigkeiten zu zügeln.
Auch die sogenannten Machthüter waren nicht würdig, doch dort brauchte er Hilfe.
Und die hatte er nun in dem Relikt gefunden.

“Du kontrollierst das Sith-Feuer. Ich bin beeindruckt”, meinte Sidious’ Machtgeist.
“Es fühlt sich ausfüllend an, wie übermächtig”, berichtete Shadow, während er die blaue Flamme über seiner Hand schweben ließ.
Er hatte keine Probleme, die Hand mit der Flamme zu schließen und sie in die andere Hand wandern zu lassen, um sie dort wieder zu entfachen.
“Du hast nun alles, was die Sith dir geben können”, sagte Sidious. “Jetzt vernichte sie.”

-

Ahsoka besprach die Situation nach Padmés und Bails Abreise mit ihren Freunden.
“Hat jemand noch Fragen?”, fragte sie in die Runde, nachdem sie ihren Bericht beendet hatte.
Jeder sah sich um und erblickte ratlose Gesichter.
“Ein Klon mit Zugang zur Macht?”, fragte Katooni. “Das wird ja immer besser, was Kamino da anstellt.”
“Glücklicherweise kann es nicht mehr besser werden, seit die Labore komplett vernichtet wurden”, warf Ahsoka ein.
“Aber ein schlauer Kopf reicht, damit das alles wieder von vorne beginnt oder gar weitergeht”, gab Sa’ul zu bedenken.

Ahsoka überlegte scharf, wie sie die Situation lösen konnten.
Was war Shadows nächster Schritt?
Sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe und grübelte vor sich hin.
“Ahsoka?”, fragte Rex, was die Togruta sofort aufhorchen ließ.
“Entschuldigung, ich war in Gedanken. Was habt ihr gerade gesagt?”, entschuldigte sie sich bei der Gruppe.
“Ob wir das Gelände vorsichtshalber sichern sollten”, wiederholte Rex seine Frage. “Wir könnten bei Kanzlerin Amidala um eine Division Soldaten bitten.”

“Ich befürchte, dass das eine gute Idee ist. Auch wenn mir der Gedanke dabei nicht gefällt”, sinnierte Ahsoka vor sich hin.
Sie konnte sich nicht mit dem Gedanken abfinden, nach all den Jahren wieder abhängig von etwas zu sein.
Und es missfiel ihr, dass Kamino es geschafft hatte, mit einem aus der Kontrolle geratenen Experiment dafür gesorgt zu haben, dass es wieder eine unbekannte Gleichung in dieser Galaxie gab.
“Was zum …?”, fragte Katooni auf einmal, ihren Blick mit überraschten Augen auf Ahsokas Hüfte gerichtet.
Sofort folgte ihr jedes Paar Augen.
“Was?”, wollte Ahsoka wissen und sah schließlich ebenfalls nach unten.

Ihr Schwert oder besser gesagt der goldene Kyberkristall in seinem Inneren begann zu leuchten.
Es wurde immer heller, bis man sich beinahe die Augen verdecken musste.
Doch plötzlich erlosch das Leuchten wieder, ohne dass es einen Hinweis auf seinen Ursprung hinterlassen hatte.
“Was um alles in der Macht hatte das zu bedeuten?”, stellte Katooni nun ihre ganze Frage.
Ahsoka sah genauso ratlos wie alle anderen in die Runde.
“Ehrlich, ich habe keinen Schimmer”, meinte sie. “Nur irgendwie beschleicht mich seltsamerweise das Gefühl, dass unser entlaufener Klon nicht unschuldig daran ist.”

Secrets of the Force - Tano Chronicles Part 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt