17 | Schmerzende Herzen

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Ich begutachtete das Armband, das ich inzwischen schon seit einem Monat um mein Handgelenk trug. Seit zwei Wochen mussten wir zwei Tage die Woche eine Schuluniform tragen. Das war lästig, aber Bash hatte sich wenigstens dafür durchgesetzt, dass Schülerinnen keinen Rock, sondern ebenfalls Hosen tragen durften. Das hatte mich überrascht, aber es war sein offizielles Friedensangebot an mich gewesen. Ich fand zwar, dass eine Entschuldigung vielleicht nicht unbedingt der richtige Grund war, um sich für so etwas durchzusetzen, aber er hatte es getan und das war alles, was zählte. Beweggründe konnten sich noch immer ändern.

Mittlerweile war es nicht mehr so heiß und die ersten sahen das schon als Möglichkeit, sich in überdimensionalen Pullis und Jogginghosen zur Schule zu begeben. Ich fand das amüsant, denn River und ich waren praktisch die einzigen, die noch immer in T-Shirts zur Schule kamen. Zu ihm hatte sich mein Verhältnis irgendwie verändert, denn ich unternahm viel mehr mit ihm. Ich mochte seine Gesellschaft, vor allem, weil er mich immer zum Lachen brachte. Das Schönste war, dass er selbst viel mehr lachte. Er kam zwar noch immer nicht mit zu unseren Beachvolleyball-Sonntagen, aber ich hatte gemerkt, dass da mehr dahintersteckte, also ließ ich ihn mit dem Thema einfach in Ruhe. Genau wie wir generell nur selten über seine Familie sprachen. Sie war ein Tabuthema.

»Am Samstag musst du deine Zeit für mich einplanen«, informierte mich Deli, als ich über Mittag wieder an unserem Tisch saß. River hatte es sich neben mir gemütlich gemacht und las irgendeine Lektüre, weil er schon fertiggegessen hatte. Er saß nicht immer bei uns am Tisch, meistens waren wir beide nämlich draußen. Teilweise leisteten meine Freunde uns Gesellschaft, aber ihnen war es mittlerweile einfach zu kalt draußen. Ich aß mindestens zwei Mittage die Woche mit ihnen, einfach weil ich unsere Freundschaft nicht vernachlässigen konnte. Irgendwie hatte ich es geschafft, dass River sich auch wieder zu uns gesellte uns seitdem herrschte nicht mehr so eine feindselige Stimmung zwischen ihm und meinen Freunden. Er hielt sich zwar noch immer ein wenig zurück, aber das lag daran, dass er sie nicht wieder so provozieren wollte. Frankie nannte er zwar noch immer Frankenstein, aber nach der Geschichte mit Emmet war sie auch nicht mehr so streng mit ihm, weil sie dankbar war, dass nicht sie zu seinen Eltern hatte gehen müssen. Denn sie wäre womöglich noch schlechter aufgenommen worden als River und das hatte etwas zu bedeuten.

»Wieso denn?«, wollte ich wissen. Sogar River sah von seinem Buch auf. Samstage waren unsere Tage. Es war zum Ritual geworden, dass wir dann immer etwas zusammen machten, auch wenn wir meistens nur irgendwo auf einer Wiese saßen, picknickten und lernten.

»Weil ich eine Pyjama-Party mache. River, du bist auch eingeladen. Addie hat Geburtstag und da muss ich beinahe schon etwas für sie planen.«

Weil Deli und Addie irgendwie zusammengekommen waren, sobald klar wurde, dass Addie auf Mädchen – ja sogar ganz spezifisch auf Delilah – stand. Denn wieso sollte man mit einer Beziehung warten, wenn man wusste, dass man verliebt war?

»Und das organisiert sie nicht selbst?«, wollte River stirnrunzelnd wissen. Was ein riesiger Fortschritt war, weil es bedeutete, dass er sich von sich aus in eine Konversation verwickelte.

»Nein, natürlich nicht! Ich habe ihr gesagt, dass ich das für sie machen möchte. Wie kommst du darauf?«, entgegnete Deli. Ihr Ton hatte etwas Defensives angenommen und ich betete inständig, dass sie nicht mit River zu streiten begann. Ich wollte nicht schon wieder einen Rückschritt verzeichnen.

»Weil Adley Partys liebt. Und noch mehr liebt sie es, die selbst zu veranstalten.«

»Was? Ehrlich? Woher weißt du das?«

River zuckte mit den Schultern. »Ich war auf unzähligen Partys von ihr. Das Mädel war echt eine Partymaus, als wir noch auf die andere Schule gegangen sind.«

Kiss Me On PaperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt