23 | Das Ende eines Desaster-Dates

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Ich fühlte mich eingeengt und mir war bewusst, dass ich nur Sekunden davon entfernt war, vollends zusammenzubrechen. Ich stolperte einige Schritte von Bash zurück, der mich verwirrt ansah. Natürlich, wenn er mein Unbehagen nicht bemerkt hatte. Ein Schluchzen brach aus mir hervor und ich schlug eine Hand über meinen Mund, um das Geräusch zu unterdrücken. Ich wollte nach Hause. Ich musste nach Hause. Mein Blick wanderte zu River, aber die Tränen verschleierten meine Sicht und ich konnte nicht genau lesen, was seine Augen mir sagten. Es war mir größtenteils aber egal. Gott, dieser Abend war ein einziges Desaster gewesen.

Bash sagte meinen Namen, fragte was falsch war. Jetzt wollte er es wissen. Tja, der Schaden war aber schon angerichtet. Ich drehte mich um, ging mit gezieltem Abstand an River und seinem Vater vorbei, obwohl nun auch River nach mir rief. Es war mir egal. Ich wollte es nicht hören. Meine Gedanken dröhnten und dass auch River und Bash so laut waren, machte das Durcheinander in mir nur noch schlimmer. Ich brauchte Ruhe. Ich brauchte eine warme Kuscheldecke und heißen Kakao und meine Mom. Ich brauchte eine Schulter, an der ich mich ausweinen konnte.

Ich presste meine Hände über die Ohren, während mir kalter Wind ins Gesicht klatschte und das Salz auf meinen Wangen trocknete, bevor die unkontrollierbaren Tränen meinen Hals entlang rinnen konnten. Die Sohlen meiner Schuhe klatschten über den Asphalt und jeder Laut fühlte sich an wie ein Schlag, den meine Seele einstecken musste. Es war zu viel und ich war so müde. Ich hätte niemals gehen sollen. Es war von Anfang an eine dumme Idee gewesen. Der Abend hatte nicht schlecht – oder zumindest nicht katastrophal – angefangen, aber ich hätte mich nicht von Hoffnungen verleiten lassen sollen. Wieso hatte ich diesen blöden Kuss nicht kommen sehen?

Ganz einfach. Weil Typen wie Bash normalerweise nicht Mädchen wie mich küssten. Wenigstens wusste ich jetzt, dass das ein Fakt war, über den ich froh sein konnte. Ich brauchte diese Erfahrung nicht ein zweites Mal zu machen, einmal reichte schon. Ich fühlte mich ohnehin schon genug miserabel.

Ich verlor jegliches Zeitgefühl, bis ich zuhause ankam. Das lag vermutlich an meinen schmerzenden Füßen. Oder den Kopfschmerzen, die ich immer vom Weinen kriegten. Jedenfalls war ich froh, als ich nach einer gefühlten Ewigkeit plötzlich wieder vor meiner eigenen Haustür stand. Sobald ich geklingelt hatte, schälte ich meine Füße aus den Schuhen. Es dauerte nicht lange, bis Dad mir die Tür aufmachte. Ich musste schlimm aussehen, denn er seufzte schwer, sah mich mit einem traurigen Gesichtsausdruck an und schob die Tür dann ganz auf.

»Komm her«, murmelte er und zog mich an sich. Mehr brauchte es gar nicht, bis ich erneut zu weinen begann. Er strich mir sanft über die Haare und sagte beruhigende Dinge zu mir, während er gleichzeitig meine Schuhe aufsammelte und mich reindirigierte. Mom nahm mich als nächste in die Arme, sodass Dad mir eine heiße Schokolade machen konnte. Wir waren eben eine eingespielte Familie, was meine Nervenzusammenbrüche betraf.

»Was ist denn geschehen, Mäuschen?«, wollte Mom wissen. Sie war ungefähr gleich beunruhigt wie Dad und ich nahm einige zittrige Atemzüge, bevor ich ihnen von meinem Abend, Bash und River erzählte. Die Situation war kompliziert und ich brauchte teilweise mehrere Anläufe, damit sie mich verstanden, aber sie nahmen sich die Zeit und das schätzte ich am meisten an ihnen. Meine Eltern ließen mich niemals im Stich. Dad schlürfte extra laut an seiner heißen Schokolade, weil er wusste, dass es mich zum Lachen brachte und es war genau die Ablenkung, die ich brauchte.

»Wollen wir uns einen Trickfilm ansehen?«, fragte Mom plötzlich, was mir ebenfalls ein Lachen entlockte.

»Ihr arbeitet morgen und ich habe Schule. Es ist schon spät«, sagte ich, doch sie schnaubte nur.

»Ja, ja, das weiß ich doch. Ich habe trotzdem Lust auf Barbie. Außerdem denkst du doch nur zu viel nach, wenn du jetzt schlafen gehst, Mäuschen. Und du musst gar nicht zur Schule gehen, wenn es dir zu viel ist. Du hast Fieber oder so.«

Kiss Me On PaperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt