Meine Gedanken wanderten immer wieder zu River, obwohl ich mit allen Mitteln versuchte, mich auf das Spiel zu konzentrieren. Frankie fluchte und riss mich am Arm zurück, als ich beinahe wieder in eine Betonsäule rannte.
»Verdammt, Darlene!«, zischte sie außer Atem. Bei ihr war das aber nicht wegen einer gewissen Situation, sondern weil sie so viel durch die Gegend eilte. Seit sie mich vorher gefunden hatte – dort, wo mich River zurückgelassen hatte – bewarf und traf sie mehr Gegner, als ich mitzählen konnte. Mittlerweile konnten nicht mehr viele übrig sein, obwohl ich annahm, dass River und Bash noch dabei waren. Ich konnte die Bradbury-Brüder nicht an der Seitenlinie entdecken, was allerdings nicht weiter erstaunlich war. Seit Deli und Addie ausgeschieden waren, herrschte dort eine Party, die aus Smarties, Süßgetränken, einem riesigen Farbchaos und lauter Musik bestand. Alle tanzten und hüpften wild herum, weshalb es schwer war, einzelne Personen ausfindig zu machen. »Konzentrier dich endlich!«, befahl Frankie, worauf ich die Augen schloss. Ich wusste ja, dass sie recht hatte, aber das machte die Situation noch lange nicht einfacher. Das Bild von Rivers Lippen hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt und ich konnte es nicht mehr loswerden, egal wie sehr ich es auch versuchte. Nicht hilfreich. Sofort öffnete ich die Augen wieder. Ich presste die Lippen zusammen und umklammerte das Mini-Surfboard stärker. Darum konnte ich mich kümmern, sobald dieses Spiel vorbei war. Frankie würde mich umbringen, wenn wir so kurz vor dem Ende ausscheiden würden, nachdem sie praktisch die Hälfte der Gruppen eliminiert hatte.
»Es sind nur noch wir und die Bradbury-Brüder«, verkündete sie nach einigen Momenten, als sie wohl dachte, dass ich wieder eine angemessene Aufmerksamkeitsspanne besaß. Ich sah sie überrascht an.
»Ehrlich?«
Frankie nickte mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck. »Ja. Und wir werden gewinnen. Ich will mir keinen Action-Film reinziehen müssen.«
Ich brummte zustimmend. Ich hatte de facto nichts gegen Action-Streifen, aber ich war einfach nicht in der Stimmung dafür. Frankie hingegen hatte überraschenderweise ein mächtiges Problem mit Action- und Horrorfilmen. Das traute man ihr nicht zu, weil sie eigentlich eine sehr toughe Frau war, aber sie liebte Romanzen und Komödien mehr als jeden anderen Film.
Von der Seitenlinie wurde die Party pausiert und stattdessen feuerten uns Addies Gäste mittlerweile an. Ich lächelte bei dem Anblick und schaffte es endlich, meine Konzentration halbwegs zurückzuerlangen, als Adrenalin in meinen Adern zu pumpen begann. Beinahe seufzte ich erleichtert auf. Endlich. Es war auch Zeit geworden, dass ich mich endlich wieder auf das Spiel fokussierte.
Frankie und ich waren praktisch lautlos geworden und sie gab mir einen ihrer übrig gebliebenen Wasserballons. Wir hatten insgesamt nur noch drei. Überrascht zog ich eine Augenbraue in die Höhe, aber Frankie hatte bereits einen Plan. »Wir teilen uns auf. So haben wir größere Chancen, die beiden zu erwischen. Ich übernehme die linke Seite, du die rechte.«
Ich nickte zustimmend und ließ meine Schultern kreisen. In einer Hand das Mini-Surfbrett und in der anderen den Wasserballon haltend, trennten Frankie und ich uns. Ich schlich so leise wie möglich auf meinem Teil des Spielfeldes herum, was allerdings nicht lange nötig war. Denn entgegen allen Erwartungen waren Bash und River nicht damit beschäftigt, Frankie und mich auszulöschen, sondern sie...stritten sich. Wie konnten wir das nicht gehört haben?
»Hör endlich auf damit!«, blaffte Bash und ich bewegte mich ein wenig nach rechts, sodass ich die beiden Figuren im schwachen Licht besser ausmachen konnte. Sie sahen beide so aus, als würden sie am liebsten auf jemanden einschlagen. Oder wohl eher auf das jeweilige Gegenüber. Ich schluckte schwer und rieb mir über mein Gesicht. War es nötig, diese Streitereien hier auszuführen? Das war doch Addies Geburtstagsparty. Gleichzeitig musste ich auch zugeben, dass man davon eigentlich gar nichts mitbekam, weil sie so weit von den ausgeschiedenen Gruppen entfernt waren, dass man sie von dort aus gar nicht hörte. Es war besser, wenn Bash und River Addie den Abend mit diesem Verhalten nicht verdarben, obwohl es mich besorgte, dass die Situation zwischen ihnen langsam eskalierte. River und Bash waren nicht die engsten Geschwister, die mir jemals begegnet waren, aber sie versuchten meistens wenigstens zueinander zu halten. Vielleicht war es überfordernd gewesen, dass sie durch diese Party in einen Rahmen geworfen worden waren, der sich so von ihren momentanen Normen unterschied, dass sie beide von der Situation überfordert waren.
DU LIEST GERADE
Kiss Me On Paper
HumorDarlenes Leben besteht aus einem Haufen Unsicherheiten - von der Kleider- bis hin zur Studienwahl. Nur eines weiß sie: Dass sie unbedingt mit dem Football-Captain der Callisto High zusammenkommen möchte. Bash Bradbury ist nämlich alles, was sie bege...