36 | Glückskekse erzählen nur Weisheiten

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Ich suchte Bash Freitag bereits zum zweiten Mal auf. Ich hätte beinahe erleichtert aufgeseufzt, als ich ihn endlich entdeckte, aber ich hielt meine Emotionen dann doch noch relativ erfolgreich zurück. »Bash! Warte!«, rief ich ihm hinterher, als er beinahe schon um die Ecke verschwunden war. Er blieb im sonst leeren Flur stehen und sah sich verwirrt um. Ich hätte gelogen, wenn ich behauptet hätte, dass Freude in seinem Blick zu sehen war, als er mich registrierte. »Darlene«, stellte er nüchtern fest und verschränkte die Arme abwartend vor der Brust.

»Hi«, begrüßte ich ihn ein wenig unbeholfen, was er mit einem Augenrollen quittierte. Also Begeisterung war definitiv auch nicht vorhanden.

»Was willst du?«, fragte er.

»Ich brauche deine Hilfe.«

»Nein. Auf keinen Fall. Du hast ihm das Herz gebrochen, Darlene. Ich werde dir absolut nicht helfen.«

Ich seufzte und fuhr mich durch die Haare. Wenn er mir nicht half, zerstörte er den ganzen Plan. »Bitte, Bash. Ich brauche deine Hilfe wirklich, um die Dinge mit ihm zu klären. Und wenn wir es genau nehmen, hat er mir das Herz gebrochen. Bitte, bitte, bitte. Das ist wichtiger als dein Misstrauen mir gegenüber. Ich bin keine Vienna und ich liebe ihn und ich brauche ihn in meinem Leben, weil sonst alles so grau und traurig wirkt, auch wenn sich das übertrieben und klischeehaft anhört.« Bashs Kiefer landete beinahe auf dem Boden, als er das Wort Liebe aus meinem Mund hörte und meine Augen weiteten sich. Wieso war ausgerechnet Bash derjenige, dem ich diese Wahrheit laut gestanden hatte? »Das darfst du ihm aber nichts davon sagen, okay? Ich wollte es dir eigentlich gar nicht sagen, sondern nur ihm. Naja, theoretisch habe ich es auch schon anderen Leuten gesagt-«, brabbelte ich los, bis Bash irgendwann seine Hand hob und meinen Redeschwall unterbrach.

»Okay, ich helfe dir.«

»Wirklich?«, fragte ich voller Hoffnung. Das hatte glücklicherweise schneller funktioniert, als ich angenommen hatte, denn diesmal konnte ich ihn nicht emotional bestechen und dazu bringen, dass er mir half.

»Ja, wirklich. Aber mach ihn nicht noch trauriger als er es ist und bring die Situation bitte wieder in Ordnung, ja?«

Ich nickte voller Euphorie und umarmte ihn dann kurz, bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte. »Danke, Bash! Du tust mir echt einen Riesen-Gefallen. Ich texte dir die Details dann später!«

Schritt eins, check!

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Nervös strich ich meine Kleidung glatt, obwohl das bei der Jacke, die ich dank der kühleren Temperaturen tragen musste, nicht einmal sonderlich sinnvoll war. Jedenfalls half es meiner Nervosität ein wenig. Ich stieg aus und ließ meine Hand in die Jackentasche wandern, wo sich die beiden Freundschaftsarmbänder befanden. Sie fühlten sich so wichtig an, dass ich sie nicht hatte zuhause lassen können.

Ich atmete tief durch und zählte meine Schritte, während ich denselben Weg wählte wie in der Nacht, als River und ich unseren Sternenschwur abgelegt hatten. Dieser Ort hatte noch immer etwas Magisches an sich und ich hoffte, dass es mir bei meinem Geständnis helfen würde. Bash und River waren bereits hier, was mir ersterer sowohl getextet als auch im Vornherein versprochen hatte. Bash würde sich an sein Versprechen halten, nicht wahr? Ich schluckte tief und ging zu vereinbarter Stelle. Dabei verlangsamte ich meine Schritte, weil es helllichter Tag war und es nicht so viele Besucher hatte, als dass niemandem auffallen würde, wenn ich mich uneingeladen zu einer Gruppe gesellte. Die beiden Brüder sahen zum ersten Mal seit langem friedlich aus und nicht, als würden sie sich am liebsten gegenseitig die Kehlen ausreißen, um zu sehen, wer danach noch immer eine Beleidigung hervorröcheln konnte. Was mich sehr freute, wenn man beachtete, was beide durchgemacht hatten.

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