Prolog

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Dougal hatte es schon immer genossen, sich selbst bluten zu sehen.

Er saß vorgebeugt auf einem Baumstumpf, um die tiefe Wunde zu betrachten, die auf seinem Bein brannte.
»Schmerz...«, murmelte er sich selbst zu.

Blut hatte etwas wahrlich mysteriöses an sich. Es floss an seiner Wade herunter und bündelte sich in einem Strom wunderschöne Farbe.
Dieses satte rot. Dieser Glanz. Diese Menschlichkeit. Der Schmerz, der damit verbunden war.

»So pur... Es ist so rein.«

Es spiegelte das Licht wie jede normale Flüssigkeit.
Als sei es nichts Besonderes... Doch es war besonders. So viel wusste Dougal.

»So schön...«, flüsterte er und fuhr über die Wunde. Ein schwarzer Rand verkleinerte sein Sichtfeld. Da war nur noch die Wunde und die Flüssigkeit, die aus ihr floss. Alles andere lag ausgeblendet im schwarzen Nebel, der so dunkel wie die Nacht selbst war.

Eine Stimme hallte gedämpft aus der Ferne: »Dougal. Dougal, bleib bei mir!«
Zwei kalte Hände berührten ihn an der Wange. Ein junges weißes Mädchen kniete sich vor ihn. Ihre Gestalt war nichts weiter, als ein Geist. Als sei sie ein Phantom, das seine letzten Stunden heimsuchen wollte. »Dougal, du musst wach bleiben.«

Doch kaum konnte dieser die Bedeutung ihrer Worte verstehen, verschwand alles vor ihm.
Die Welt wurde schwarz...
Und dieses Mal kam die Schwärze nicht durch die Nebel der Nacht im Krieg, sondern durch den Tod selbst.

Die Raben der GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt