„Teufel eins!", fluchte Zoe, als ich später am Abend an der Tür klopfte.
Ich hörte weiteres Gefluche und meine Augenbrauen wanderten Stück für Stück weiter hinauf. Als ich dann auch noch hektisches Getrampel und eine männliche Stimme hörte, die beide in Richtung der Tür kamen, waren meine Brauen dabei im Haaransatz zu verschwinden.
Als die Tür schlussendlich geöffnet wurde und ein unbekanntes Gesicht herauslugte, konnte ich mich geradewegs noch beherrschen nicht laut zu lachen. Der Typ, ein gutaussehender Kerl mit stechenden blauen Augen, blonden, kurzen Haaren, machte ein nicht weniger genervtes Gesicht. Vermutlich einer von Zoes Arbeitskollegen.
Mein Blick wanderte zu seinem halbnackten Oberkörper und der Jeans, die verdächtig lose an seinen Hüften hing. Na ja, zumindest konnte ich meiner besten Freundin nicht vorwerfen keinen guten Geschmack zu haben.
Plötzlich trat Zoe hinter dem Muskelprotzen hervor und machte ein grimmiges Gesicht. „Nathan, zieh dir deine verdammte Hose an, und Naya, hör auf meinen Typen so anzustarren!"
Besagter Typ öffnete sprachlos den Mund und ich tat schwer daran mir ein Grinsen zu verkneifen. „Äh, sorry. Wusste nicht, dass da noch jemand wohnt", brachte er schließlich hervor und begann eiligst sich fertig anzuziehen.
Ich schnaubte, ließ den armen Typen aber ohne weitere Kommentare ziehen. Zumindest hatte er so viel anstand keinen flotten Dreier vorzuschlagen, wie der letzte Kerl, der bei Zoe gelandet war.
„Und, war er wenigstens gut?", fragte ich, während ich den angerichteten Schaden in unserer Wohnung betrachtete. Erschreckenderweise stand, lag und hing aber alles noch an seinem Platz.
„Keine Ahnung. Du hast uns ja unterbrochen, bevor ich ihn auspacken und wir animalisch, geilen Sex-"
„Ja, ja, ist schon gut!", unterbrach ich Zoe. „Mehr will ich gar nicht wissen!"
Zoe grinsten selbstzufrieden, während sich die roten Flecken, wie Pocken auf meiner Wange ausbreiteten.
„Und?", erwiderte sie und ließ sich auf das bequeme Sofa fallen. „War dein Abend besser?"
Wie im Traum bekam ich mit, wie sich mein Mund langsam öffnete und ich freiwillig, die seltsam Begegnung von gestern und heute Abend schilderte. Manchmal fragte ich mich tatsächlich, ob ich nicht eher mit einer Hexe zusammenlebte als mit einem Menschen. Denn nur Zoe brachte mich dazu meine tiefsten Geheimnisse zu offenbaren und ohne Zwang über meine Gefühle oder Ängste zu sprechen.
Vermutlich lag es daran, dass sie in ihrer Kindheit ähnliches erlebt hatte wie ich. Zoe war zwar nicht die Tochter einer kranken Mutter gewesen, dafür aber von zwei Alkoholikern, die Schläge anstatt lieber Worte als bevorzugter Erziehungsmethode angesehen hatten.
Zoe mochte für viele wie ein knallharter Mensch erscheinen, doch für mich war sie wie eine Schwester, die mich selbst in den schlimmsten Zeiten liebte und unterstützte. Wenn auch vielleicht eine etwas nervige Schwester.
„Bitte sag mir, dass du vorhast ihn anzurufen!"
Ich sah Zoe stumm an.
„Ach komm schon!", flehte sie.
„Ich kenn ihn doch kaum!", protestierte ich.
„Man kennt sich auch nicht, wenn man nicht miteinander redet! Wie glaubst du, dass Paare zusammenkommen?"
„Und was ist, wenn es nur wieder so etwas wird, wie mit Tyler?"
„Tyler war ein Vollidiot. Und du warst noch ein größerer Vollidiot, weil du dich hast drängen lassen. Aber ich glaube du hast aus dem Fehler gelernt, also was hält dich bitte davon ab diese Nummer zu wählen", Zoe wedelte mit der zerknüllten Nachricht vor meiner Nase herum, „und diesen unglaublichen süßen Kerl anzurufen?"
„Thomas", ergänzte ich.
„Thomas." Als ich weiter stumm blieb, hob sie ihre Augenbrauen. „Ruf ihn an!"
„Geht auch texten?", fragte ich niedergeschlagen.
„EGAL! Schreib oder ruf ihn an, Hauptsache du tust es!"
Mit zitternden Händen griff ich nach meinem alten Black Berry und begann eine kurze Nachricht zu tippen.
Hey, hast du morgen Lust auf einen kleinen Buchclub? Nadiya
Als Zoe meine Nachricht las, schüttelte sie den Kopf. „Bei dir ist Hopfen und Malz verloren, Kindchen."
Ich knurrte sie an und legte schnell das Handy zur Seite. Für mehrere Sekunden tat ich nichts anders als weiter auf dem schwarzen Display zu Starren, als Zoe mich anstupste.
„Also, und während wir jetzt auf eine wunderbare Nachricht deines Zukünftigen warten, kannst du uns ja schonmal was zu essen kochen, ja?"
Ich murrte, war aber froh über die Ablenkung. Und schließlich, als gegessen, abgewaschen und auch Zähne geputzt war, brummte mein Handy schließlich.
Uhrzeit?
Schnell flogen meine Finger über die Tasten.
18:00?
Momente später brummte mein Handy erneut.
Geht klar. Ich freue mich schon darauf ;)
Zögernd ließ ich meine Finger über die Buchstaben gleiten, bevor ich meine Antwort absendete.
Ich mich auch ;)
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The Way of our Hearts - Ist Liebe Stärker als die Angst?
ChickLitIst Liebe stärker als die Angst? Nach dem Verlust ihrer Mutter hat Nadiya Lacroix nur ein Ziel - ihr Studium am University College London beenden und einen Job als Psychologin bekommen. Und natürlich die Schulden bei ihrem Vater begleichen. Liebe ha...