KAPITEL 1

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Sechs Jahre später...
Ashley

»Wir sollten das unbedingt wiederholen«, säuselte Keira und fuhr sich durch ihr rötliches Haar, während ich an nichts anderes denken konnte, als sie und ihren penetranten Parfümgeruch, der mich wahrscheinlich bis in meine Albträume verfolgen würde, endlich loszuwerden. Sie wusste genau, dass es kein zweites Mal geben würde. So etwas tat ich nicht. Immerhin hieß es nicht umsonst One-Night-Stand. Außerdem war sie nur eine Notlösung gewesen, nachdem ich die letzten Monate mehr oder weniger dazu gezwungen gewesen war, eine Durststrecke über mich ergehen zu lassen. Für nichts auf der Welt würde ich ihre schlabbernden Hundeküsse erneut über mich ergehen lassen. Da vertrocknete ich lieber.

»Sicher nicht«, erwiderte ich deshalb wenig elegant, ehe ich sie zur Tür hinausschob und diese hinter ihr zuknallte, bevor Keira auch nur irgendetwas darauf erwidern konnte. Ich hörte noch, wie sie irgendwelche jämmerlichen Beleidigungen rief, die verdammt nach »Schlampe« und anderen netten Begriffen klangen, dann entfernten sich ihre Schritte und ich war endlich wieder allein. Naja, so allein wie man in diesem Schrotthaufen von Wohnung mit allerhand ekligem Getier eben sein konnte. Allerdings war selbst das Ungeziefer mittlerweile schlau genug, um sich von mir und meinen Launen fernzuhalten, genauso wie jegliche Menschen in meinem Umfeld.

Als ich mir sicher war, dass Keira nicht mehr vor meiner Tür lauerte, drehte ich mich um und steuerte die Tür an, hinter der mein Schlafzimmer lag, wobei ich immer wieder irgendwelchen Kartons ausweichen musste, die sich überall in der winzigen Wohnung stapelten. Obwohl ich bereits gute sieben Monate in diesem Loch wohnte, hatte ich es noch nicht einmal geschafft, all meine Kartons auszuräumen und meine Wohnung zu einem richtigen Zuhause zu machen. Vermutlich würde ich auch nie irgendeinen davon anrühren, schon gar nicht, wenn man bedachte, in was für einem wandelnden Schrotthaufen ich gelandet war, dazu noch einer, der in der miesesten Gegenden Silverhavens lag. Aber mit einem Barkeeperinnengehalt konnte man sich nun einmal keine Luxuswohnung leisten, also musste ich mich mit dem Abfinden, was ich hatte, auch wenn ich hier ungefähr so sicher war wie ein Schaf im Wolfsgehege. Die morsche Holztür, die eine Wohnungstür sein sollte, würde sich problemlos eintreten lassen, sollte sich je ein Krimineller dazu entscheiden, mir einen Besuch abstatten zu wollen.

In meinem Zimmer, das genauso ein Chaos war wie der Rest der Wohnung, schnappte ich mir meine Sporttasche und überprüfte den Inhalt, bevor ich in die Küche ging, um dort nach meinem Handy zu suchen, das ich schlussendlich auf dem kleinen, wackligen Esstisch fand. Ich musste es gestern Abend dort abgelegt haben, bevor es zwischen Keira und mir richtig zur Sache gegangen war. Auch wenn ich nicht betrunken gewesen war, weil ich mich grundsätzlich von Alkohol fernhielt, konnte ich mich kaum noch an die gestrigen Ereignisse erinnern. Ein Blick auf das Display verriet mir, dass ich einige Nachrichten. Doch nur eine davon weckte meine Aufmerksamkeit. Ich spürte, wie meine Lippen sich zu einem vorfreudigen Lächeln verzogen, als ich die Nachricht laß.

Jackson: Morgen um 10 im Studio? Du schuldest mir noch eine Revanche.

Er hatte die Nachricht zwar bereits gestern geschrieben, aber da es gerade erst kurz nach neun war, würde ich es noch rechtzeitig ins Studio schaffen, um mich dort mit Jackson zu treffen. Es war genau das, was ich nach dieser Nacht brauchte.

Ich: Darauf kannst du wetten, Rodes. Zieh dich bloß warm an.

Mit einem teuflischen Grinsen ließ ich das Handy in die Tasche meiner schwarzen Jeans gleiten. Auf Jackson war immer Verlass. Wir kannten uns seit der Junior High, auch wenn wir erst seit etwas mehr als zwei Jahren richtig Kontakt zueinander hatten. Früher war ich hoffnungslos in diesen Idioten verliebt gewesen, aber das hatte sich vor sechs Jahren rasch geändert. Heute war er nicht mehr als ein Kumpel, mit dem ich gelegentlich im Fitnessstudio boxte. Er war der Einzige, der mich nicht ständig nach meinem beschissenen Wohlergehen fragte oder für mich da sein wollte. Deswegen war er momentan auch meine liebste Gesellschaft und vermutlich auch die Einzige, die mir nach den Ereignissen der letzten Monate geblieben war.

BREAK THROUGH THE WALLSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt