KAPITEL 22

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Ashley

Einige Tage später, nachdem meine Verletzungen kaum noch zu sehen waren, stürmte ich wutentbrannt in das Haus meiner Mutter, während irgendein wildfremder Typ, den sie wahrscheinlich in einer zwielichtigen Bar aufgegabelt hatte, sein bestes Stück in sie steckte. Oder jedenfalls versuchte er es. Denn wie nicht anders erwartet, war der Kerl so stockbesoffen, dass er wahrscheinlich nicht mal mehr einen Affen von einer Kuh hätte unterscheiden können. Ich jedoch nutzte seine nicht mehr vorhandene Zurechnungsfähigkeit zu meinem Vorteil und beförderte ihn im hohen Bogen aus dem Haus, ehe ich zurück ins Wohnzimmer ging und mich meiner Mutter widmete, die mit verschränkten Armen wie ein trotziges Kind auf der versifften Couch hockte. Auch wenn ihre Erscheinung nur halb so erbärmlich wirkte wie bei meinem letzten Besuch, sah sie noch immer grauenvoll aus. Der Alkohol- und Drogenkonsum hatte sie altern lassen.

»Was zur Hölle ist so wichtig, dass du mich um einen verdammten Orgasmus gebracht hast, Töchterchen?«, zischte Amelia Thompson schließlich. Erstaunlicherweise klangen ihre Worte ziemlich klar, kein Lallen. Dafür nahm sie aber mal wieder kein Blatt vor den Mund. Wie reizend, wenn man direkt merkte, wie wenig erwünscht man war.

Ich schnaubte. »Ganz einfach, Mutter: ich will Antworten. Vielleicht versuchst ein einziges Mal, dein Gehirn anzustrengen und dir Mühe zu geben. Dann bin ich auch ganz schnell wieder weg«, erwiderte ich bissig und rümpfte angewidert die Nase, als der ekelhafte Mief des Wohnzimmers in meine Nase stieg. Eine Mischung aus abgestandenem Alkohol, Schweiß, Gras und ungewaschenen Körpern.

Sie strich sich durch ihre strähnigen, fettigen Haare, während sie mich wütend anfunkelte. »Sprich nicht so mit mir!« Sie fuchtelte gefährlich mit einer leeren Wodka-Flasche herum, die sie plötzlich in der Hand hielt.

»Solange du dich wie ein verdammte Junkie benimmst, entscheide ich, wie ich mit dir rede.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

»Du respektlose Bi – «

»Danke, Amelia. Das hatten wir letztes Mal schon. Jetzt schluck deinen verdammten, verletzten Stolz runter und versuch wenigstens einmal, mich wie deine Tochter zu behandeln«, unterbrach ich sie genervt.

»Was willst du von mir?«

Nichts, rein gar nichts, Mutter. »Antworten, und wage es ja nicht, mich anzulügen!«

»Das, liebe Tochter, kannst du nicht kontrollieren, aber stell nur deine Fragen. Dann werde ich sehen, ob ich sie beantworten kann oder nicht.«

Warum war sie heute so verdammt klar im Kopf? Ich biss die Zähne zusammen, um ein Knurren zu unterdrücken. »Hattest du in letzter Zeit Kontakt mit Jenkins?«

Die Augenbrauen meiner Mutter wanderten in die Höhe. »Was willst du denn von dem?«

»Das geht dich einen Scheißdreck an. Beantworte einfach meine verdammte Frage.«

Sie rollte mit den Augen. »Natürlich hatte ich Kontakt mit Jenkins. Er kommt ab und zu her, aber in letzter Zeit war er so...« Sie tippte sich nachdenklich ans Kinn.

»Gereizt?«, schlug ich unter zusammengepressten Zähnen hervor.

»Wäre möglich, aber wer weiß das schon. Dieser Mann hat viele Seiten, genauso wie dein – « Vater. Sie sprach es nicht aus, aber das Wort hing wie ein Eiszapfen im Raum.

»Du wirst dich ab jetzt von ihm fernhalten!«, bestimmte ich schließlich wütend. Ich konnte nicht riskieren, dass sie sich noch mehr Schulden bei ihm aufhalste, die ich dann am Ende auch begleichen durfte. Ein Besuch im Krankenhaus reichte mir.

Sie stieß ein amüsiertes Lachen aus, das mich entfernt an ihr glockenhelles Lachen von früher erinnerte. Dann stellte sie die Wodka-Flasche zur Seite und stand auf, die Hände in die Hüften gestützt, ihr spöttischer Blick auf mir. »Was zur Hölle lässt dich glauben, dass ich mir von meiner 20-jährigen Tochter Vorschriften machen lasse?«

BREAK THROUGH THE WALLSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt