KAPITEL 39

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Chase

Erst die zufallende Tür und die anschließende Stille im Raum machten mir bewusst, was ich in den letzten Minuten alles verloren hatte. Und mit der Erkenntnis kamen der Schmerz, die Wut und die Hilflosigkeit. Nichts würde mehr so sein, wie es in den vergangenen Monaten gewesen war, und dafür hatte einzig und allein dieser Tag gereicht. Noch Stunden zuvor hatten wir lächelnd in meinem Bett gelegen, uns geküsst, einander gezeigt, wie wichtig der jeweils andere für uns war, und nun war nichts mehr von alldem übrig. Ashley hatte mir in wenigen Minuten mein Herz herausgerissen und war zur Krönung noch darauf herumgetrampelt, als hätten ihr die letzten Monate nichts bedeutet, und vielleicht war das auch genauso. Ich liebe dich nicht, Chase. Weder in den vergangenen Monaten noch jetzt. Ich hatte meinen Spaß und habe es genossen, nicht alleine zu sein, aber von Liebe ist das weit entfernt. Die Worte liefen in Dauerschleife in meinem Kopf ab und schnitten mir mit jedem Mal mehr ins Herz. Sie hatte es deutlich gemacht. Sie liebte mich nicht, hatte nur Spaß haben und nicht alleine sein wollen. Der Ton ihrer Stimme war bei diesen Worten so kalt und emotionslos gewesen, dass ich innerlich gezittert hatte. Ich wollte nicht glauben, dass ich mir die letzten Monate, unsere Verbindung zueinander nur eingebildet hatte. Es konnte einfach nicht sein, weil es sich so unfassbar echt angefühlt hatte, aber diese Worte waren Beweis genug, dass es nur für mich echt gewesen war, nicht jedoch für Ashley.

»Verdammte Scheiße«, stieß ich hervor, als mir das klar wurde, und trat voller Wut gegen den Mülleimer neben meinem Bett. Die Bewegung ließ jedoch einen scharfen Schmerz durch meinen Schädel und meinen Rippenbereich schießen, sodass mir schwindelig und für einen kurzen Moment schwarz vor Augen wurde. Stöhnend stützte ich mich mit meinen Händen auf dem Bett ab, in das ich mich nicht wieder legen wollte. Ich hasste es, so schwach und verletzlich zu sein. Ich war an dieses verdammte Krankenhauszimmer gebunden und konnte Ashley nicht einmal hinterherlaufen, weil ich dank der Schmerzen keine zehn Schritte weit kam. Vermutlich sollte ich nicht einmal stehen, sondern im Bett liegen. Würde Dr. Freemann jetzt hereinkommen, wäre ich vermutlich einen Kopf kürzer. Aber das war mir verdammt noch mal egal, auch wenn ich das Gefühl hatte, jeden Moment umzukippen oder meinen Mageninhalt auf die sterile, weiße Bettwäsche zu entleeren. Das alles war längst nicht so schlimm, wie der Schmerz in meinem Herzen. Ein Herz, das immer noch für Ashley schlug, obwohl sie mir mehr als deutlich gemacht hatte, dass es vorbei war. Und als ob das nicht schon reichte, war da noch die Tatsache, dass sie dachte, sie wäre an meinem Unfall schuld. Zugegeben, die Dinge, die sie mir über den Mann erzählt hatte, hatten mir Angst gemacht und in mir den Wunsch geweckt, Ashley nicht mehr von der Seite zu weichen. Aber dass er auch für meinen Unfall gesorgt hatte? Ich konnte es einfach nicht glauben. Wer zur Hölle war er denn, dass er so eine Macht hatte? Dieser Mann musste schon ein Gangster der ersten Klasse sein, um solche Dinge zu veranlassen.

Ein weiteres Stöhnen entwand sich meiner Kehle. Fuck. Mein Schädel war kurz vorm Platzen, sodass ich es nun nicht länger aushielt. Unter zusammengebissenen Zähnen ließ ich mich auf das Bett sinken und legte meinen Kopf auf das weiche Kopfkissen. Ich schloss die Augen und rieb mir über die Stirn, während ich mir stärkere Schmerzmittel herbeiwünschte. Wenn ich diesen verdammten Rolls-Royce-Fahrer je in die Finger kriegen würde, konnte er was erleben. Und was, wenn er wirklich ein gefährlicher Mann ist, der es geplant hat, dich so auszuknocken? Willst du ihn dann auch fertig machen? Der Gedanke kam so unvermittelt und plötzlich, dass ich überrascht die Augen aufriss. Es konnte doch nicht sein, dass da wirklich ein Teil meines Gehirns war, der diesen Scheiß glaubte. Und doch...Warum würde Ashley mich in Bezug darauf anlügen? Ich wusste, dass da etwas gewesen war, was sie mir vorenthalten hatte, aber sie würde mir niemals etwas erzählen, das schlimmer als die Wahrheit war. Außerdem hatte ich ihren Gesichtsausdruck in diesem Moment gesehen. Da war Wut gewesen, so viel Wut, aber neben dieser Wut hatte ich auch Angst gesehen. Blanke, ungezügelte Angst, was so gar nicht zu Ashley passte. Mir war bewusst, dass sie es hatte verstecken wollen, aber ich kannte sie mittlerweile zu gut, um nicht die kleinsten Hinweise zu deuten. Und wenn an dieser Angst nur ein Funken Wahrheit dran gewesen war...Fuck! Ich wollte es mir gar nicht ausmalen. Aber was sollte ich tun? Vor morgen konnte ich hier nicht weg und außerdem hatte ich keinerlei Ahnung, wer der Mann war. Und es war auch nicht so, dass es in Silverhaven nur einen Kriminellen gab. Kriminalität war hier vielleicht nicht so hoch wie in New York oder Los Angeles, aber auch wir hatten Gangs, Dealer und andere Sachen, die nicht gerade unter der legalen Schiene liefen.

BREAK THROUGH THE WALLSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt