Ashley
Noch am Sonntagabend schickte ich meiner Schwester die Adresse von Livs und Lucs Wohnung mit der Nachricht, dass sie dort während ihres Aufenthalts in Silverhaven bleiben konnte. Bree war angesichts dieser Nachricht ziemlich verwirrt, aber ich versprach, ihr alles zu erklären, wenn sie mich am Dienstag dort treffen würde. Ich war froh, dass Liv angeboten hatte, Bree bei sich und Luc wohnen zu lassen, nachdem ich ihr von Brees Besuch und der Tatsache, dass Bree weder von meinem Umzug, dem Kontaktabbruch noch meinem abgebrochenem Studium wusste. Sie hatte mir gesagt, dass sie und Luc sowieso kaum Zuhause sein würden wegen der Uni und ihren Jobs, Daher wäre es für sie kein Problem, meine Schwester für ein paar Tage im Gästezimmer schlafen zu lassen. Zumal Bree keine Fremde für die beiden war und sie sich mindestens schon genauso lange kannten wie ich. Außerdem konnte ich so verhindern, dass Bree sich doch im Haus unserer Mutter einquartierte, sollte sie kein Hotel finden. Mir war zwar nicht wohl dabei, dass Liv mir schon wieder einen Gefallen tat, obwohl ich sie die letzten Monate so verletzt hatte, aber es war die einzige Option, die ich hatte. So wusste ich Bree in Sicherheit und konnte mich in Ruhe um Jenkins kümmern, bevor ich meiner Schwester endlich die Wahrheit erzählen würde. Denn genau das hatte ich vor. Ich wollte, dass sie endlich wusste, was Sache war und wieso ich mich so verhielt, wie ich es tat. Wenn das Problem mit Jenkins erst mal aus der Welt geschafft war, konnte ich mich in Ruhe Bree widmen.
Wie vereinbart wartete ich also am nächsten Tag vor Livs und Lucs Wohngebäude auf meine Schwester. Ich war selber noch nie dort gewesen, weil sie erst nach meinem Verschwinden zusammengezogen waren, aber das Haus schrie gerade so nach Gemütlichkeit, Ordnung und Glück, ganz anders als das Gebäude, in dem meine Wohnung lag. Ich vergrub die Hände in den Taschen meiner Sweatshirtjacke und tastete zur Sicherheit noch einmal nach dem Wohnungsschlüssel, den Liv mir gestern vorbeigebracht hatte. Natürlich war er noch da. Als das Geräusch eines vorfahrenden Autos ertönte, hob ich den Blick und musste fast lächeln, als ich den silbernen SUV des Freundes meiner Schwester erkannte. Ich hatte Miles' Wagen zwar nur wenige Male auf Fotos gesehen, aber natürlich war er mir in Erinnerung geblieben. Genau wie meine Schwester, die in diesem Moment aus dem Auto stieg und sich umsah. Bei ihrem Anblick schlug mein Herz schneller. Sie hatte sich kein bisschen verändert, seitdem ich sie das letzte Mal gesehen hatte, und das war mittlerweile fast sieben Jahre her. An meinem Geburtstag im Februar würde sich der Tag jähren. Ich zögerte nicht eine Sekunde und lief auf meine Schwester zu, als ihr Blick auf mich traf. Sofort verzogen sich ihre geschminkten Lippen zu einem breiten Lächeln. Unser letztes Telefonat mochte nicht besonders gut verlaufen sein, aber Bree konnte nie lange auf jemanden wütend sein. Weshalb sie nun nicht zögerte, mich fest in den Arm zu nehmen, und zu meiner Überraschung ließ ich es sogar zu, obwohl ich nicht der Typ für Umarmungen war.
»Verdammt, Ash. Es tut unfassbar gut, dich zu sehen. Ich habe dich vermisst«, flüsterte sie in meine Haare, während wir uns umarmten. Als meine Schwester damals gegangen war, war sie größer als ich gewesen. Heute jedoch befanden wir uns auf Augenhöhe, wie ich bei unser Umarmung feststellen musste. Ich war einige Zentimeter gewachsen, seitdem ich 14 Jahre alt gewesen war.
Wir lösten uns voneinander und ich schenkte ihr ein seltenes Lächeln, während mir ganz warm ums Herz wurde. »Ich dich auch, Bree«, erwiderten ich und musterte sie von unten bis oben. Meine Schwester strahlte geradezu. Noch immer trug sie ihre dunkelgrün gefärbten Haare auf Kinnlänge, während mir das Nasenpiercing und die vielen Tattoos, die an der Hand begannen und an der Schulter endeten, auf ihrem linken Arm entgegenblitzten. Ich hatte sie nie gefragt, was sie bedeuteten, aber die Frage überkam mich jedes Mal, wenn ich Brees Arm sah. Außerdem trug sie ein auffälliges Make-up bestehend aus Eyeliner, Lippenstift, Wimperntusche und grünem Liedschatten, der perfekt zu ihren Haaren passte. An anderen Menschen wäre es vielleicht zu viel des Guten gewesen, aber an Bree sah es wunderschön aus. Sie hatte es schon immer geliebt, auffällige Looks auszuprobieren. Im Gegensatz zu damals war ihre Kleidung jedoch um Einiges schlichter geworden. Verschwunden waren die kurzen Röcke, Netzstrumpfhosen, schwarzen Boots und zerrissenen Shirts. Stattdessen trug sie ein schlichtes, schwarzes Top mit Trägern und hellblaue Boyfriend Jeans sowie zum Oberteil passende Vans. Auch wenn ich mich fragte, wieso sie ihren Kleidungsstil so verändert hatte – ob es an Miles, ihrer Arbeit oder einfach der Tatsache, dass sie erwachsen geworden war, lag – , mochte ich die Sachen sehr an ihr. »Du siehst gut aus, Schwesterherz.«
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BREAK THROUGH THE WALLS
Romance»Ich schwor mir, mein Herz zu schützen, auch wenn das hieß, mich niemals zu verlieben und für immer auf mich alleine gestellt zu sein.« Sechs Jahre ist es her, dass Ashleys Leben sich für immer veränderte, als ihr Vater ohne ein Wort die Familie ver...