KAPITEL 11

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Ashley

Was zur Hölle hast du dir eigentlich dabei gedacht, Wood anzusprechen? Genau das fragte ich mich auch dann noch, als ich eine Woche später durch Silverhaven lief, nachdem ich meiner Mom, die wie erwartet wieder vollkommen zugedröhnt gewesen war, wegen Jenkins die Hölle heiß gemacht hatte. Aber da ich mir neuerdings vorgenommen hatte, nicht allzu viele unnütze Gedanken und Wut an meine Mutter zu verschwenden, hatten sich wieder einmal Chase und die Tatsache, dass er eine absolute Niete im Boxen war, in meinen Kopf geschlichen. Seit einer Woche musste ich ununterbrochen daran denken müssen und hasste mich insgeheim ein bisschen dafür, weil ich mir einfach nicht erklären konnte, warum ich ihn angesprochen hatte. Ich hätte genauso gut umdrehen und verschwinden können, damit weder er noch Newton mich sahen, aber stattdessen war ich so dumm gewesen und zu ihm gegangen. Noch schlimmer war jedoch, dass ich dieses kleine Gespräch genossen hatte. Mal abgesehen davon, dass Chase misstrauisch gewesen war wegen meines Auftauchens. Leider hatte ich genau damit einen verdammt großen Fehler begangen, für den ich mich am liebsten selber geboxt hätte. Völlig egal, dass ich Chase erzählt hatte, ich würde auf Jackson warten. Er hatte nicht sehr überzeugt ausgesehen. Ich war so unfassbar dumm, dumm, dumm. Dabei mochte ich Chase nicht einmal. Er nervte mich, abgrundtief. Lüge, Lüge, Lüge, schrie eine hinterhältige Stimme in meinem Kopf, die mich mit Wut füllte. Verdammt nein.

Ich stieß ein Knurren aus, für das ich von einem Passanten mit einem übergroßen Hut einen seltsamen Blick erntete, der ganz eindeutig sagte, dass er mich für verrückt hielt. Nicht, dass mich das interessierte. Ich ging einfach weiter und zog mir meine Kapuze tiefer ins Gesicht, auch wenn ich mittlerweile das Gefühl hatte zu verbrennen. Natürlich war es wieder einmal scheiße heiß, was Anfang August nicht unüblich war, mich aber unfassbar nervte. Ich hasste den Sommer und lebte eindeutig im falschen Bundesstaat. Alaska wäre perfekt für mich gewesen, aber vermutlich würde ich niemals aus Kalifornien wegkommen, schon gar nicht jetzt. Mürrisch stapfte ich weiter, als plötzlich ein glockenhelles Lachen meine Aufmerksamkeit weckte. Verdammt, ich kannte dieses Lachen. Ich hob den Kopf und ließ meinen Blick wandern. Als ich die kleine, zierliche Gestalt meiner besten Freundin einige Meter von mir entfernt entdeckte, beschleunigte sich mein Puls erheblich. Ich blieb mitten auf dem Gehweg stehen und starrte in Livs Richtung, auch wenn ich wusste, dass ich eigentlich gehen sollte, solange sie mich nicht entdeckt hatte. Aber ich konnte es einfach nicht. Ich vermisste sie. Ich vermisste Liv, meine beste Freundin. Sie jetzt hier zu sehen traf mich mit voller Wucht. Während Leute auf dem Gehweg an mir vorbeieilten und mich mit bösen Blicken bedachten, stand ich bewegungslos da und beobachtete Liv, die mit Luc vor der Tür eines Cafés stand und über etwas lachte, das Luc gesagt hatte. Dabei strahlten ihre himmelblauen Augen so sehr, dass sich mein Herz schmerzhaft zusammenzog. Sie trug eines ihrer bunten Kleider, das die Narbe an ihrem Knie verdeckte, weil sie es hasste, wenn jemand sie darauf ansprach oder es auch nur sah. Ihre Haare fielen ihr offen über die Schultern, während sie nur Augen für Luc zu haben schien.

Lucas Winston und ich waren nie besonders große Freunde gewesen, schon gar nicht, nachdem er Liv vor Jahren das Herz gebrochen hatte, als er ohne ein Wort nach dem Tod seines Vaters verschwunden und erst drei Jahre später zurückgekehrt war. Ich erinnerte mich gut an den Abend seiner Rückkehr, an dem ich nicht besonders freundlich zu ihm gewesen war. Aber nun zu sehen, wie glücklich er meine beste Freundin machte, erfüllte mich ebenfalls mit Freude. So wusste ich wenigstens, dass Liv in guten Händen war, solange ich nicht für sie da sein konnte. Dennoch tat es verdammt weh, hier zu stehen und zu wissen, dass ich nicht bei ihr sein konnte. Ich war kein Mensch für große Liebesbekundungen oder Umarmungen, aber gerade jetzt hätte ich alles dafür gegeben, um eine von Livs Umarmungen zu bekommen. Früher hatte ich es gehasst, aber nun vermisste ich sie sehr. Ohne Liv an meiner Seite war mein Leben nicht dasselbe, auch wenn ich es nicht gerne zugab. Aber es war besser so, wenn Liv mich hasste und davon ausging, dass ich nichts mit ihr zu tun haben wollte. So war sie wenigstens sicher vor Jenkins und seinen Leuten. Mein Herz tat so unglaublich weh, wenn ich daran dachte, nicht bei ihr sein zu können, aber ich wollte sie unter gar keinen Umständen mit in diese ganze Scheiße hineinziehen.

BREAK THROUGH THE WALLSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt