III - Alleingelassen

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Die Atmosphäre bedrückte mich. Die Blicke der verunstalten und verletzen Bewohner hier prasselten auf mich ein. Da stellte ich mir die Frage: Wie ist es dazu gekommen? Wie konnte Zaun ein so miserabler Ort werden. Nach meinem Wissen ist Zaun doch nur ein Teil Piltovers. Wie kann es sein, dass ein Unterschied zwischen Tag und Nacht vorliegt? Die Bürger hier sehen ganz anders aus als in Piltover. Keiner trägt eine Uniform oder hat gepflegtes Haar. Keiner von ihnen zeigt ein warmherziges Lächeln oder eine nette Geste.

Jeder Schritt durch diese traurige Stadt ließ meine Angst ansteigen. Zaun ist kein Ort für ein Kind.
Unsicher blickte ich nach oben, zu Mama. Ihr Blick war starr und kalt, ihre Haut blass und ihr Atem unregelmäßig. Unruhe quälte sie. Am liebsten hätte ich mich an sie gekuschelt und sie über Zaun ausgefragt. Vielleicht hätte sie mir alles in Ruhe erklärt, wenn ich mich getraut hätte nachzufragen. Im Hinterkopf redete ich mir allerdings immer noch ein, sie würde nur das beste für mich wollen. Sie würde mir niemals schaden. Sie ist doch meine Mama, meine Retterin.
Irgendwann blieb Mama stehen. Bevor sie mir ihre Aufmerksamkeit schenkte, drückte sie meine Hand fest zusammen. Beinahe hätte sie mir wirklich weh getan. Ich verstand nicht, warum Mama so aufgeschmissen war. Ihr Verhalten schien völlig unvorhersehbar zu sein. Ich war besorgt um sie.
Sie atmete tief die dicke und verseuchte Luft ein, entspannte sich dann etwas und richtete ihr Gesicht zu mir. Den Anblick, ihres Gesichtes in diesen Moment werde ich wohl nie wieder vergessen. Ihre Lippen zitterten, ihre Augen waren nass und ihre gesamte Haut verfärbte sich in ein sanftes rot. Beinahe als würde sie gleich emotional zusammenbrechen. Doch sie hielt sich so gut zurück wie sie konnte. Sie wollte mir keine unnötigen Sorgen machen und versteckte somit halbwegs ihre Gefühle.
Ruhig ließ sie meine Hand los und legte sie auf meine Wange. Noch einmal blickte sie mir mit all ihrer Liebe und Hoffnung in die Augen. Lange hielt sie es nicht mehr aus. Eine kleine Träne kullerte über ihr Gesicht und fiel zu Boden. Immer noch verstand ich nicht. Ich war ein ahnungsloses Kind. Durchtrieben von den Glauben, Menschen würden einen nur das beste wollen. Alle würden aufeinander Acht geben und Nächstenliebe verbreiten. Doch in Zaun wurde mir bewusst, dass die Welt grausam und kaltherzig ist.

„Ayra. Warte bitte hier. Ich muss noch Fisch einkaufen gehen. Ja genau. Fisch... den- den gibts nämlich nur hier in Zaun", flüsterte sie mir mit ihrer zitternden Stimme zu. Dann ließ sie mich los und ging fort.

Ich wartete. Und wartete. Ich wartete Stunden, Tage. Doch sie kam nie wieder zurück.

Caught in Zauns Violence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt