XXXI - Leid

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Dann plötzlich nahm er mich in seine Arme. Ich war überfordert. Sein Geruch nahm mich völlig ein. Sein wohlhabender, sanfter Duft, der etwas süßes an sich hatte. Sein Herz pochte. Er war mir so nah, dass ich es hören konnte.
„Das war unglaublich!", sagte auch Jayce zu mir. Ich bemerkte zu Beginn nicht einmal, dass er alles gesehen hatte.
Seit diesem Moment an, ließen mich die beiden kaum mehr aus den Augen. Sie waren ehrgeiziger den je, arbeiteten härter als zuvor. Sie machten schnelle Fortschritte und arbeiteten sich die Fingern wund. Beinahe Tag und Nacht, pausenlos waren sie bei mir. Denn schließlich hatten sie nun endlich den Beweis: In mir steckt etwas unentdecktes, etwas mystisches. Etwas gefährlich aber doch so faszinierendes, dass man es nicht ignorieren konnte. Sie versuchten mich so gut wie es ging in ihre Arbeit einzubeziehen und mich teilhaben zu lassen. Das meiste verstand ich allerdings nicht. Wissenschaft war noch nie meine große Leidenschaft. Apparate, chemische Reaktionen,und so weiter. Man könnte behaupten im Vergleich zu Jayce und Viktor bin ich ziemlich ungebildet. Ich besuchte die Schule gerade mal bis zur fünften Klasse. Danach wurde ich nach Zaun versetzt. Dort gibt es wichtige Dinge, als den Inhalt eines Kuchens ausrechnen zu können. Vielleicht mag ich nicht die schlauste sein, allerdings die körperlich und psychisch stabilste. Dazu kann ich mich gut wehren. Doch auch wenn sich mein Alltag schlagartig veränderte, fühlte ich mich nicht vollkommen. Etwas fehlte mir. In mir war immer noch der Wunsch, nachhause zu gehen. Ich wollte so gerne die Arme von Silco um meinen kleinen Körper spüren. Ich wollte seinen Duft wahrnehmen und ihn nie wieder loslassen. Zur gleichen Zeit hatte ich aber auch Angst. Ich hatte Angst, ob er mich überhaupt noch akzeptieren wird. Was, wenn er mich schon lange aufgegeben hat? Wenn er sich für mich schämt? Seit Jinxs Anschlag habe ich nichts mehr von ihm gehört. Vielleicht braucht er mich nicht mehr.

In der vergangenen Zeit kam ich Viktor immer näher. Eigentlich konnte ich ihn zu Beginn schon leiden. Allerdings hatten wir ein paar unglückliche Zwischenfälle, die unsere Beziehung zueinander negativ beeinflusst hat.

Es war Abend. Jayce hatte eine Sitzung. Deshalb war ich mit Viktor alleine. Er war müde von der Arbeit, wollte sich aber keine Pause gönnen. In den letzten Tagen konnte ich beobachten, dass sein Körper immer schwächer und schwächer wurde. Seine Haut wurde blasser, seine Augenringe dunkler. Immer wieder musste er heftig husten und brauchte eine Weile bis er sich wieder aufrappeln konnte. Manchmal dachte ich, er wäre ein lebende Leiche. Es war ja seit Tag eins kein Geheimnis, dass Viktor körperlich nicht in Topform ist. Doch diese drastische und schnelle Veränderung war etwas beunruhigend.
Ich fragte mich schon einige Male, warum er so leiden muss. Heute hatte ich endlich den Mut und sprach es aus.
„Viktor? Erzähl mir endlich woran du so sehr leiden musst."

Caught in Zauns Violence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt