XXIV - Instabilität

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Umso mehr ich über mein Zuhause nachdachte, umso mehr Tränen kullerten über meine Wange. Ich fing an heftig zu weinen und vergrub meinen Kopf zwischen meinen Beinen. Der Schmerz des Kummers durchbohrte meinen Körper. „Hast du Angst? Willst du über etwas reden?", fragte Viktor. Vorsichtig, legte er seine zittrige, blasse Hand auf meine Schulter. Seine Berührung trieb mich in den Wahnsinn. Ich brauche kein Mitleid. Nicht von einen Wissenschaftler aus Piltover. Er weiß doch überhaupt nicht wie ich mich fühle. Wahrscheinlich ist er in einem halben Schloss, wohlbehalten und geliebt von seiner Familie aufgewachsen. Immer durfte er auf den Schoß von Mama sitzen und presste Kekse in seinen Mund. Dabei erzählte sie, wie toll und schlau sein Sohn doch wäre. Dass er einen Wettbewerb für Wissenschaft gewonnen hätte und der beste in seiner Klasse sei. Ja so schätze ich ihn ein. Ein verwöhntes Kind. „Du bist doch nichts weiter als ein verdammter Assistent der keinen eigenen Willen hat. Ja genau. Du bist genau so verdorben wie alle anderen. Wie ein Hündchen tanzt du Jayces Nase nach. Ich könnte kotzen. Hau einfach ab. Ich hab echt keine Lust mehr auf euch", schimpfe ich außer mir und schlug seine Hand von mir weg. Ich konnte meine Emotionen nicht mehr unterdrücken. Ich fühlte mich so verraten und verloren. Und aus Frust hätte ich beinahe einen Oberstadtler vertraut. Viktor ist vielleicht oberflächlich etwas freundlicher. Aber das ist auch alles. Soll er doch wieder zurückgehen in seine sorgenfreie Welt.
Er seufzte und stand auf. „Na dann. Lass ich dich alleine. Aber eines solltest du vielleicht wissen. Im Gegensatz zu dir, bin ich in Zaun geboren. Ich bin nicht in einem wohl-behüteten Kinderheim aufgewachsen", sagte er. Ich erschrak. Woher weiß er das? Es fühlte sich an, als wäre mein Blut für einen kurzen Moment eingefroren, als hätte er mir mitten ins Herz gestochen. Panisch wendete ich meinen Blick auf den mageren Mann in Anzug. „Wo-Woher?!", fragte ich aufgebracht. Dann sprang ich auf und packte ihm an seiner fein gebügelten Krawatte. „Woher weißt du das?!", schrie ich und spürte meine Tränen, die wie ein Wasserfall über mich flossen. „Jayce hat alle Informationen über dich abrufen lassen. Damit hättest du rechnen müssen", meinte er. Obwohl seine Stimme immer noch so gelassen war, erkannte ich gewisse Angst in seinem Blick. In einer Auseinandersetzung mit mir hätte er keine Chance. Er würde definitiv verlieren. Denn bis auf seinen Verstand hat er nichts gegen mich.

Die Tür öffnete sich. „Viktor! Ich sagte doch du sollst ihr nicht zu Nahe kommen! Bist du irre?!", schrie Jayce und rannte auf uns zu. Das hat mir ja noch gefehlt. Mein Körper brodelte. Und zusätzlich viel die Belastung seiner Anwesenheit auf mich. Er ging auf mich zu und warf mir fassungslose Blicke zu. Als ob er so überrascht gewesen wäre. Beim Anblick seiner Visage vergaß ich mich. Wütend packte ich Viktor an seiner Kleidung. Ich war in der Lage alles zu tun. Die Konsequenzen für mein Handeln waren mir egal. Völlig außer mir hob ich Viktor nach oben. Dann benutzte ich meine ganze Kraft und missbrauchte seinen Körper, indem ich ihn auf den jungen Wissenschaftler Jayce warf. Bei dieser Aktion hätte alles passieren können. Ich hätte ihn sämtliche Knochen brechen können, ihn vielleicht sogar töten können. „Verpisst euch jetzt. Diese verdammte Wissenschaft. Am liebsten würde ich alles kurz und klein schlagen. Ich hasse euch. Ich hasse diese Stadt. Ich würde dir am liebsten den Kragen umdrehen Jayce"
Meine Wut wurde mir leider nur zum Nachteil. Ich war viel zu aufgeregt, viel zu gestresst. Denn alles was darauf folgte, war eine Spitze mit beruhigender Flüssigkeit, die mich zum Schäfchen zählen zwang.

Caught in Zauns Violence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt