XXVI - Körperkontakt

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Er schwieg und sah mich mit großen Augen an. Als hätte ich gerade ein Geheimnis enthüllt, als würde etwas sehr wichtiges entrissen worden sein. Sein braunes Haar viel in sein mageres, blasses Gesicht. Ich wusste nicht, was gerade in ihm vorging. Ob er deprimiert war oder wütend. Vielleicht war er auch erleichtert. Oder nur verwirrt. Doch ich war mir sicher, dass ich recht hatte. Die Augen eines Menschen verraten so viele, versteckte Dinge die nicht mit Worten beschrieben werden können. Man sollte sich viel öfters in die Augen sehen. „Viktor komm mal her", sagte ich und streckte meine zitternden Arme aus. Ich war so schwach, dass ich mich selbst kaum mehr erkannte. Eigentlich saß ich regelmäßig im Pub und setzte hohe Einsätze beim Armdrücken gegen die Männer Zauns. Ich war immer stolz auf meine Stärke. Doch ich erkannte, dass es viel mächtigere Dinge gibt, als reine Körperkraft. Und damit meine ich nicht nur Magie oder Hextech. Gift, Drogen, Medikamente. Sie scheinen so unbedeutend zu sein und können dabei alles zerstören.

Viktor ging vorsichtig auf mich zu. Kein Wunder, dass er bedenken hatte. Mein Verhalten ihm gegenüber war wirklich nicht in Ordnung, auch, wenn ich das nur ungern zugebe. Immerhin habe ich mich entschuldigt. Viktor setzte sich auf die Kante des Bettes. „Näher", meinte ich. Er hatte eigentlich nichts zu befürchten. Mein Körper war geschwächt. Ich hätte ihm nichts antun können. Das war auch nicht meine Absicht.
Unsicher rückte er näher. „Noch näher", forderte ich und gab ihm eine Handbewegung, die in meine Richtung zeigte. Wahrscheinlich stellte er sich die absurdesten Dinge vor, die ich mit ihm anstellen würde. Denn er wurde immer langsamer umso näher er mir kam. Irgendwann war meine Geduld am Ende. Ich bin nicht wie er. Weder so ruhig wie er, noch in der Lage, eine Ewigkeit für Fortschritte zu warten. Es muss jetzt sein. Ungeduldig griff ich erneut nach seiner Krawatte. Obwohl alles so schnell geschah, erkannte ich, dass er plötzliche Angst bekommen hatte. Wahrscheinlich bereute er in diesen Moment auf mich gehört zu haben und entschloss nun endgültig Abstand von mir zu halten. Doch was dann passierte, damit hat er nicht gerechnet.
Ich drückte meine Lippen auf seine, presste meinen Körper gegen seinen zierlichen Oberkörper und nahm ihn völlig für mich ein. Wie ein verliebter Teenager wuschelte ich währenddessen mit meiner Hand durch sein braunes Haar. Erst als mir die Luft zu knapp wurde, ließ ich ab von ihm.
Schnaufend sahen wir uns an. Ein Moment der Stille. Er wurde völlig überrumpelt, war überfordert mit der Situation. Ich vermute, es war sein erster Kuss. Er ist nicht der Mann, der sich ständig mit Frauen herumtreiben würde und versuchen würde, eine für sich zu gewinnen. Dafür ist er viel zu schüchtern. Ja. Er ist das völlig Gegenteil von mir...

Caught in Zauns Violence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt