𝟑𝟒 | 𝚢𝚘𝚞 𝚊𝚛𝚎 𝚑𝚘𝚖𝚎 𝚝𝚘 𝚖𝚎

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✧ 𝐰𝐨𝐫𝐝𝐜𝐨𝐮𝐧𝐭: 𝟒.𝟐𝟔𝟖 ✧
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Wunder geschehen also doch, denkt sich Carina, als sie keuchend die Hände in die Hüften stemmt und auf ihr leeres Bücherregal schaut. Endlich sind all ihre Schätze, die Geschichten und Welten, in die sie sich seit ihrer Jugend so oft geflüchtet hat, verpackt. Jetzt noch die Klamotten der Kinder, dann hat sie ihr Ziel für den heutigen Tag erreicht.

Seufzend geht sie aus ihrem beinahe leeren Büro und wirft einen letzten Blick auf die vielen Kartons, die so viele Leben und Tode beinhalten, so viel Liebe, Leid, Überraschung und Hoffnung. Sie geht durch den Flur in das Zimmer, in dem ihre Kinder aufgewachsen sind und plötzlich wird sie ganz wehmütig. Sie werden so unglaublich schnell groß. Viel zu schnell für den Geschmack der jungen Mutter.

Carina faltet den ersten Karton und stellt ihn neben den großen Schrank, den die Zwillinge sich teilen, dann nimmt sie sich den ersten Stapel und wird von Erinnerungen überrollt. Es ist nicht nur dieses eine Zimmer, sondern das ganze Haus. So viele unglaubliche Dinge sind hier geschehen. Sie erinnert sich an Kaylas und Masons erste Schritte, wie sie nacheinander auf sie zu getorkelt kamen und aussahen wie betrunkene Seemänner.

Sie denkt an die erste Nacht nach dem Umzug nach LA, wo Joan bei ihr war und die ersten paar Tage blieb. Carina denkt daran, wie sie zuerst total motiviert war und mehr aufgeregt, als alles andere. Doch dann am Abend lag sie hellwach in ihrem Bett. Ihr Herz hat gerast und die Gedanken schwirrten kreuz und quer durch ihren Kopf, trieben sie beinahe in den Wahnsinn.

Sie hatte furchtbare Panik einen Fehler gemacht zu haben. Hätte sie nicht besser bei ihrer Familie in Mount Carroll bleiben sollen? Was hatte sie sich nur dabei gedacht ganz alleine in einen anderen Staat zu ziehen? Ganz alleine mit zwei Neugeborenen!

Sie stand auf, konnte keine Sekunde länger liegen bleiben. Und als hätte Joan gewusst, dass es ihrer großen Schwester nicht gut geht, stand sie bereits vor Carinas Schlafzimmertür. »Disneyfilme und Eis?«, fragte sie nur und Carina musste nicht einmal nicken oder etwas sagen.

So lag sie mit Joan die ganze erste Nacht in Los Angeles in ihrem Wohnzimmer und schaute mit ihrer Schwester einen Disneyfilm nach dem anderen, um keine Panikattacke zu bekommen. Selbst heute weiß Carina nicht, wieso ihnen von den vielen Eisbechern und Schokoladentafeln nicht schlecht wurde, aber sie aßen und aßen und aßen die ganze Nacht lang, als wollten sie die Angst und Sorgen unter kiloweise Naschkram begraben.

Sie seufzt auf und sieht in den leeren Schrank. So viele Erinnerungen und Meilensteine, die sie mit dem Haus zurücklassen wird... Carina hört gar nicht, dass Chris in der Tür des halbleeren Kinderzimmers steht und bemerkt ihn erst, als er sich hinter sie stellt und sie an seine Brust zieht.

»Ist alles in Ordnung, Rina?«, fragt er raunend und küsst sie auf ihren Scheitel. Carina dreht sich in seiner Umarmung um und sieht zu ihm auf. Dann nickt sie zögerlich. »Es ist einfach nur hart, das alles hier zurückzulassen. Hier ist so viel passiert, das nie wieder passieren wird... die ersten Worte der Kinder, mein erstes Buch, das ich geschrieben und veröffentlicht habe...«

Sie seufzt wehmütig, aber dann muss sie lächeln und verschränkt ihre Hände in Chris' Nacken. »Aber ich will mit dir zusammenleben, mit dir als den Vater meiner Kinder und den Mann, den ich so sehr liebe...« Carina stellt sich auf die Zehenspitzen und presst ihre Lippen kurz auf seine. »Ich kann mir nichts schöneres vorstellen, als morgens neben dir aufzuwachen und jeden Tag zu sehen, wie wundervoll du mit unseren Kindern umgehst.«

Chris festigt seinen Griff um ihre Taille und lehnt seine Stirn an ihre. Diese Worte bedeuten ihm so unendlich viel, dass sein Herz sich im Rhythmus von Carinas Atemzügen zusammenzieht und er sie am liebsten küssen würde, bis um sie herum die Welt längst untergegangen ist. »Ich will jeden Tag hören, wie du mit ihnen sprichst und ihnen aufmerksam zuhörst, obwohl sie manchmal einfach nur Blödsinn vor sich her brabbeln. Ich will sehen, wie sie auf der Brust einschlafen und du sie sicher hältst, obwohl du mit ihnen eingeschlafen bist.«

𝐁𝐄𝐋𝐎𝐕𝐄𝐃 𝐑𝐈𝐒𝐊 - 𝐜𝐡𝐫𝐢𝐬 𝐞𝐯𝐚𝐧𝐬Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt