Kapitel 68

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Die ersten drei Stunden verliefen tatsächlich ruhiger, als die vier angenommen hatten. Drei Taschendieben, ein Überfall in einem kleinen Laden und einen erfolgreich verhinderten Vandalismus später, saßen sie an den Tischen eines kleinen Cafés einer Seitengasse. Da die Kellnerin Aizawa bereits herzlich begrüßte und ihm das Übliche brachte, vermuteten die Jugendlichen, dass er wohl öfter hier vorbei kam. Irgendwie verwunderte Eijiro das auch nicht sonderlich. Es war ein Katzencafé und soweit er bisher mitbekommen hatte, schien ihr Klassenlehrer eine heimliche Schwäche für diese kleinen Fellknäuel zu haben, auch wenn er es wohl niemals zugeben würde.

„Wie lange dauert diese Schicht noch?", fragte Sero und unterdrückte ein Gähnen. Es war mittlerweile schon spät und der Dunkelhaarige war es nicht gewohnt, dass Patrouillen so lange dauerten. Die Agentur, bei der er beim letzten Mal Praktikum gemacht hatte, hatte immer nur kurze Rundgänge gemacht und war danach in das Hauptquartier zurückgekehrt, hatten Papierkram erledigt. Doch hier, mit Eraserhead, waren sie ständig unterwegs. Das hier war ihre erste richtige Pause.

Shota nahm einen Schluck aus seiner Tasse, um sein schelmisches Grinsen zu verdecken, dass sich auf seine Lippen stahl. „Ich habe doch gesagt, dass es lange dauern wird", erinnerte er den jungen Helden, der ein Seufzen unterdrückte. Sie wollten alle Helden werden, allerdings in großen und hübschen Agenturen. Es war verständlich, dass sie mit den harten Arbeitsbedingungen eines Undergroundheros nicht zurecht kamen. Hoffentlich lehrte sie das, ihn endlich mal in Ruhe zu lassen. Insgeheim hatte er gehofft, dass es viel mehr zu tun gäbe. Die Arbeit bisher waren bloß Lappalien. Ab und an wurde es richtig schmutzig und schwierig. Aber vermutlich war es auch besser so, denn schließlich sollten sie sehen, dass Aizawa sehr gut alleine zurechtkam. „Wenn ihr bereits erschöpft seid, dann kehrt zurück zum Schulgelände. Es hat keinen Sinn weiter zu machen, wenn ihr dadurch unkonzentriert werdet!" Und wenn sie somit ein Klotz an seinem Bein wurden, würde es ihnen allen schaden.

Doch Hanta winkte sofort ab. „Nein, nein. Alles gut! Es ist nur echt krass, was man als Undergroundhero für nen harten Arbeitstag hat", stellte der Junge fest, „kein Wunder, dass du ständig müde bist." Und wieso ihr Lehrer auch ständig so böse dreinblickte. So ein Arbeitsalltag konnte einen nur fertig machen.

Mit den Schultern zuckend, nahm Shota noch einen Schluck seines viel zu süßen Kaffees und lenkte seinen Blick auf eine der Katzen, die auf ihn zukam. Der getigerte Kater kletterte sein Hosenbein nach oben und machte es sich wie immer auf seinem Schoss bequem. „Man braucht einfach einen Ausgleich dafür", murmelte er vor sich hin und begann leicht abwesend wirkend über das weiche Fell zu streicheln.

„Aber Yamada sieht auch ständig müde aus, und der ist kein Undergroundheld", merkte Bakugo schließlich an, nachdem er an seinem Donut ein paar Stücke abgerissen und in seinen Mund geschoben hatte.

„Lass Hizashi nie hören, dass du seine Maske durchschaut hast. Er ist der Auffassung, dass sein energiegeladener Auftritt verschleiert, dass er meistens nur einen Energiedrink davon entfernt ist, sich meinen Schlafsack auszuborgen", gab Aizawa amüsiert von sich. Es war ihm ein Rätsel, wie gerade Katsuki es geschafft hatte, hinter das Geheimnis des Voicheros zu kommen. So etwas hätte der Dunkelhaarige eher Midoriya zugetraut, als dem Hitzkopf, der ihm gegenüber saß. „Zashi ist ständig müde, weil er im Grunde genommen drei Jobs unter einem Hut bringen muss. Lehrer, Radiohost und Held. Ab und an hat er auch einen Gig als DJ, aber das kommt immer seltener vor", erzählte Shota ihnen. Eigentlich sprach er ungerne über sein oder das Privatleben seiner Freunde, doch da die Jugendlichen mittlerweile ebenso dazu zählten, gingen ihm die Worte locker über die Zunge.

„Krass männlich", flüsterte Eijiro, „dafür muss man mal die Energie aufbringen. Gesund ist das aber auch keinen Fall. Er macht sich damit kaputt." Allein die Tatsache, dass Aizawa nickte, obwohl er ihn nicht dabei ansah, sprach Bände für den Rotschopf. Ihr Klassenlehrer dachte wohl ähnlich darüber, aber vermutlich brachte es nichts, den Voicehero darauf anzusprechen. Vermutlich war er stur und wollte weiterhin so viel beschäftigt sein. Als Bewältigungsmechanismus, um nicht über gewisse Dinge nachdenken zu müssen, vermutete Kirishima. Nur so konnte man gewisse Gedanken einfacher ausblenden, ebenso wie Gefühle.

„Diese unfreiwillige Pause, die er nun als Held einlegen muss, wird ihm vermutlich ebenso wenig gut tun", merkte Katsuki an, „wenn er bisher ein Workaholic war, dann weiß er nun bestimmt nicht, was er mit der freien Zeit anfangen soll. Hoffentlich lassen sich Pinky und Dunceface nicht auf dumme Gedanken bringen." Die beiden ließen sich ja sehr leicht zu irgendwelchen Dummheiten überreden.

Sofort schnellte Shotas Kopf nach oben, um Bakugo anzugucken. „Ich hoffe doch sehr, dass die drei es zustande bringen, eine gesunde Hirnzelle zusammen zu kratzen, und die Füße still zu halten", kommentierte der Dunkelhaarige, was die anderen beiden Jugendlichen zum Lachen brachte. Solche Worte hätten sie nun nicht erwartet. Doch er hatte durchaus recht. Mina und Denki waren leicht zu beeinflussen und Yamada war schlau genug, um etwas in die Wege zu leiten, wobei die beiden auch noch denken würden, es wäre ihre Idee, die obendrein noch genial war. „Vielleicht sollte ich Yagi bitten, ein Auge auf die drei zu haben", seufzte der Undergroundhero schließlich und schauderte kurz, weil er nie für möglich gehalten hatte, dass er jemals Toshinori um einen Gefallen bitten würde.

„Sollten Erwachsene nicht eigentlich verantwortungsbewusst sein und eigenständig?" Bakugo schnalzte mit der Zunge. Als Shota ihn finster ansehen wollte, bemerkte er allerdings das breite Grinsen, das Katsukis Gesicht zierte. Der Aschblonde meinte es nicht böse, sondern wollte Aizawa nur necken. Als der Dunkelhaarige das begriff, wanderten auch seine Mundwinkel nach oben.

„Komm du mal in unser Alter", warnte Shota den Jungen und lachte leise. Währenddessen zog er sein Handy aus der Tasche, mit dem Vorhaben, eine schnelle Nachricht an Yagi zu tippen, in der Hoffnung, dass der ältere Mann noch nicht im Bett war, oder sonst irgendwie beschäftigt war. Doch als Aizawa das kleine Gerät in seinen Fingern hielt, begann es bereits zu vibrieren. Tsukauchi. Verwundert darüber, wieso der Polizeibeamte ihn anrufen sollte, nahm er den Anruf entgegen. Gerade, als er zu erkennen geben wollte, dass er abgenommen hatte, erklang bereits die Stimme des Detectives.

„Wir brauchen hier dringend ihre Hilfe, Eraser! Ich schicke ihnen den Standort und ein paar Informationen. Beeilen Sie sich bitte!"

Der PaktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt