Kapitel 9

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„Sky." Mehr sagt Noah nicht. Er schaut mich einfach bedrückt an. Aidan schaut die ganze Zeit abwechselnd zu Noah und mir. Ich würde am liebsten im Erdboden versinken. Was hab ich mir auch gedacht?? Ich fang was mit zwei Typen gleichzeitig an?! Oh man. Aber ich mag sie beide, was soll ich denn bloß machen?

Nach einer Weile lächelt Noah. Warum lächelt er?? „Wie ich sehe, geht es dir besser.", sagt er in einem sehr gelassenen Tonfall und geht.

Nein. Ich darf ihn nicht einfach gehen lassen ohne etwas zu erklären. Ich schaue zu Aidan, der mich immer noch ganz verdutzt anguckt. „Warte hier, ich komme sofort wieder.", flüstere ich schon fast und sprinte los um Noah einzuholen.

Als ich ihn fast erreicht habe, rufe ich ihn. Er dreht sich gefühlt in Zeitlupe um und schaut mich mit einem leeren Blick an. „Wenn du schon was mit einem anderen Kerl hast, solltest du nicht als Ausrede deinen toten Freund nehmen, um dich vor einem Date mit mir zu drücken, falls James wirklich existiert hat. Du hättest ehrlich mit mir sein können, aber nein, du musst ja unbedingt lügen. Weshalb? Brauchtest du Aufmerksamkeit?". Er schnaubt.

Autsch.

„Noah." sage ich leise, um ihn aufzuhalten. Doch er geht einfach weiter. Ich bleibe wie angewurzelt stehen und kämpfe mit meinen Tränen. Auf einmal spüre ich eine Hand auf meiner Schulter, doch ich habe keine Kraft mich umzudrehen.

„Alles in Ordnung?", fragt Aidan mit sanfter Stimme.
Aidan. Wie soll ich ihm das mit Noah bloß erklären. Ich weiß zwar nicht wie, aber ich muss diesmal ehrlich sein.

„Nein, nichts ist in Ordnung." Ich schlucke. „Ich bin ein furchtbarer Mensch." Ich drehe mich zu ihm um.

Er schüttelt lächelnd den Kopf. „Sky ich kenn dich erst seit gestern, aber ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass du definitiv kein furchtbarer Mensch bist."

„Wenn ich dir gleich alles erzählt habe, denkst du das nicht mehr."

„Lass das mal meine Sorge sein, was ich über dich denke.", sagt er lächelnd. Ich muss ebenfalls lächeln und setze mich auf die Bank neben uns.

Ich fange an zu erzählen, von allem.
Ich erzähle ihm wie ich diese Woche erst Noah kennengelernt habe. Ich erzähle ihm von James und dass ich seit seinem Tod nichts mehr mit einem Mann hatte, weil ich es einfach nicht übers Herz gebracht habe. Ich erzähle, dass das auch der Grund war, warum ich zuerst Abstand zu Noah halten wollte, es aber nicht geklappt hat als ich von Lolas Tod erfahren habe und Noah und ich fast Sex hatten. Ich erzähle ihm, dass ich ihn (Aidan), als ich ihn in der Bar kennengelernt habe, einfach zu sympathisch gefunden habe und ich mich direkt wohl bei ihm gefühlt habe. Und dass ich ihn deshalb auch unbedingt wiedersehen wollte.
Ich erzähle ihm, dass was Noah gerade zu mir gesagt hat und wie furchtbar ich mich fühle, dass ich Gefühle für zwei Typen gleichzeitig aufbaue, die ich beide erst seit paar Tagen kenne.

Aidan hat die ganze Zeit kein Wort gesagt. Er starrt mich immer noch an. Ich habe wahnsinnige Angst vor seiner Reaktion.

Doch auf einmal nimmt er mich in den Arm. Ok wow, ich hätte mit allem gerechnet aber nicht damit.

„Sky weißt du eigentlich wie stark du bist?", flüstert er in meine Haare. „Du hast so viel durchgemacht. Du hast all das Recht traurig und verwirrt zu sein."
Er küsst meinen Kopf. „Ich bin immer für dich da, wenn irgendwas ist, vergiss das nie, okay?"

„Danke.", sage ich leise, meinen Kopf weiterhin auf seiner Brust liegend.

„Vielleicht sollten wir erst mal Freunde bleiben, du klärst das mit Noah und dann schauen wir einfach wie sich was ergibt, ja?", schlägt er vor. Wie kann ein Mensch nur so perfekt sein, so verständnisvoll?

„Ich will aber nicht, dass du auf mich wartest. Ich weiß nicht wie lange ich brauchen werde.", gebe ich ehrlich zu.

„Sky, nimm dir so viel Zeit wie du brauchst." Er drückt mich noch einmal fest und dann machen wir uns auch schon auf dem Weg zurück. Ich bin ihm echt dankbar dafür, dass er so verständnisvoll ist.

Als wir wieder vor meinem Apartment sind, ist es bereits 18:30. „Hast du vielleicht noch Lust hochzukommen und etwas zu essen.", frage ich Aidan weil ich jetzt noch nicht alleine sein möchte.
„Aber nur, wenn du selbst was kochst.", sagt er schmunzelnd. „Für dich koch ich was du willst.", sage ich mit einem Lachen. Aidans Anwesenheit tut mir einfach unglaublich gut.

Oben im Apartment angekommen, sieht Aidan sich erst mal um. „Dieser Boho Stil passt so unglaublich gut zu dir Sky." Aidan schwärmt förmlich als er sich den Wohnbereich ansieht. „Und die Pflanzen erst! Mein Apartment ist auch voll mit Pflanzen." Ich gucke ihn überrascht an. „Du magst Pflanzen?", kommt es erstaunt aus mir heraus. Er nickt. „Klar warum denn nicht. Das macht einen Raum doch gleich lebhafter."

Er ist mein Seelenverwandter, definitiv. Und das jetzt nicht unbedingt als Partner. Vielleicht auch einfach als Freund. Ich fühle mich so verbunden zu ihm, obwohl ich ihn letzte Nacht erst kennengelernt habe, das ist echt absurd.

„Da bin ich absolut deiner Meinung.", lache ich und behalte meine Gedanken erst einmal für mich.

Aidan und ich verbringen einen tollen Abend zusammen. Wir machten gemeinsam Ofen Kartoffeln und einen Caesar Salat. Wir lachen eine Menge und lernen uns nochmal viel besser kennen.

...

Aidan prustet. „Du hast als Kind also auch immer verhindert, dass andere Kinder irgendwelche Blätter und Zweige abreißen." Ich gucke ihn an. „Du auch??"
„Sie nannten mich Aidan das Baumkind" Wir beide müssen so dolle lachen bis wir keine Luft mehr kriegen.

...

„Wie alt bist du eigentlich?", frage ich irgendwann aus dem nichts. Aidan hebt eine Augenbraue. „Das fragst du mich jetzt? Ehrlich?". Er lacht. „Besser spät als nie.", äußere ich.

„Was denkst du denn?" Er guckt mich herausfordernd an. „Ich weiß es echt nicht.", gebe ich zu. „Du bist aber auf jeden Fall älter als ich." Er macht einen auf Pokerface und meint nur: „Hmm, wer weiß..." „25." schätze ich jetzt einfach mal.

„25? Oh das nenn ich mal ein Kompliment." Er fängt an zu lachen. Ich bekomme Angst. „Sag jetzt nicht du bist über 30.", rufe ich. „Wäre das denn so schlimm?", fragt er nur.

„Komm Aidan spiel nicht mit mir. Wie alt bist du?", fordere ich ihn auf, endlich mit der Wahrheit rauszurücken. „Okay okay, ich bin 26.", gesteht er endlich.
„Da war ich ja doch gar nicht so schlecht mit meiner Schätzung.", triumphiere ich.

„Du bist 23, richtig?", fragt er, klingt aber relativ sicher. „Woher weißt du das??"

Er kratzt sich verlegen am Nacken. „Ich hab deine Freundinnen gefragt, bevor ich ihnen den Zettel mit meiner Nummer zugesteckt habe.", gibt er zu.

Ich muss lachen. „Oh man, du hattest echt Angst, ich sei zu jung." Er muss jetzt auch lachen. „Man kann sich doch heutzutage nie ganz sicher sein." Ich gebe ihm Recht.

Wir quatschen noch ganz lange weiter, bis er auf einmal nicht mehr antwortet. „Aidan.", frage ich leise. Von ihm kommt aber nur ein friedliches Atmen.

Ich muss grinsen. Diesmal ist er eingeschlafen.
Ich wecke ihn nicht, sondern lasse ihn einfach auf dem Sofa liegen. Bevor ich allerdings im Schlafzimmer verschwinde, decke ich ihn noch zu.
„Schlaf gut.", flüstere ich und gebe ihm einen Kuss auf seine Stirn.

Dark SideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt