Kapitel 32

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Cayden öffnete leicht die Augen, doch sie fielen wieder zu. Er spürte, wie ihn Hände berührten. Ein feuchter Lappen fuhr über seine Wangen, wusch ihm das Blut ab. Andere fuhren durch seine Haare, um den Dreck und das Blut herauszuwaschen. Gegen all das konnte er sich nicht wehren, er hatte keine Kraft. Wasser wurde ihm eingeflößt, was seiner rauen Kehle guttat. Bald darauf dämmerte er wieder weg.

„Er ist wirklich schön", sagte die Vampirin, die die Haare des bewusstlosen Lobo trocknete. Sie nahm ein Messer und schnitt es auf dieselbe Höhe. Ihr Begleiter nickte. Dieser entfernte die Blutspuren aus Ohren und Nase. Das Gesicht des Lobo war fein, fast filigran. Er wirkte zart und zerbrechlich.

Als sie die Kleidung entfernten, schnappte sie erschrocken nach Luft. „Bei den Göttern." Die silbernen Linien zogen sich über die Haut des Lobo, formten Lilien, die ihn eindeutig als Gefährten auszeichneten. Der Gefährte von Lucas – dem Oberhaupt der Mitte – lag vor ihnen. „Yohan, was sollen wir tun?"

„Nichts. Das ändert nichts. Wir werden ihn säubern und einkleiden, mehr nicht." In seiner Stimme schwang Unsicherheit mit, doch die konnten sie sich nicht leisten. Er entfernte den Rest der Kleidung. Erstaunt wickelte er die zahlreichen Lagen an Lumpen ab, bis endlich der Bauch freigelegt war. Seine Partnerin bedeckte dessen Intimsphäre und begann ihn zu waschen. Währenddessen bereitete Yohan die Öle vor.

Als Karin über den Bauch fuhr, hielt sie inne. Dieser süßliche Geruch. Er war ihr erst gerade aufgefallen. Dann kamen ihr die Lumpen in den Sinn. Langsam senkte sie ihren Kopf und legte ihr Ohr auf den Bauch des Lobo. Oh ihr Götter, nein. Sie schoss nach oben. „Yohan. Der Lobo-"

„Karin, bitte! Es ist nicht unsere Angelegenheit. Wir bereiten ihn vor, mehr nicht", unterbrach dieser sie.

Zitternd nickte sie, dann begannen sie ihn mit den Ölen einzureiben. Als diese eingezogen waren, hüllten sie ihn in ein weißes Gewand. Yohan wählte eines, welches bis zum Hals reichte und das Gefährtenmal bedeckte. Ein langer Halsring schloss direkt an und so war es vollständig bedeckt. Karin ging erneut zu dessen Bauch. Ich kann nicht. Sie wusste, sie würde es bereuen.

Als der Lobo fertig war, riefen sie die Wachen. Er wurde hochgehoben und fortgetragen. In diesem Moment trafen bernsteinfarbene Augen auf die ihren. Es tut mir so leid. Doch die Tür schloss sich.

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Die Sonne senkte sich hinter dem Horizont, als zwölf Gestalten in roten Gewändern in die große steinerne Halle traten. Sie war zylinderförmig und überall an den Wänden waren Fenster, sodass das Licht hereinschien. Fackeln hingen an den Wänden und erleuchteten die Halle. Zahlreiche Muster zogen sich über den Boden und endet im Zentrum des Kreises – einem quadratischen Altar. In diesen war ein aufwändiges Relief gemeißelt. Mehrere Vampire, die sich vor einem Mann niederknieten und ihn anbeteten. An der Decke befand sich eine Öffnung und sobald der Mond hoch am Himmel stand, würde er durch diese scheinen.

Jeder stellte sich auf einen Kreis in dem das Familienwappen eingelassen war. Zwölf Blutlinien seit Anbeginn. Sie alle waren von ihrem Anführer bestimmt worden, sie waren die Auserwählten, die das neue Zeitalter einleiten würden. Endlich war es so weit. Generation für Generation hatten sie ihm treu gedient und nun würden sie den Lohn erhalten.

Eine Glocke erklang und sie senkten den Kopf. Ihr Seher und dessen Begleiter trugen das Opfer herein. So lange hatten sie nach diesem gesucht und nun war er in ihren Händen. Sobald sie von der erfolgreichen Suche gehört hatten, waren sie angereist. Manche mehrere Tage, doch es hatte sich gelohnt.

Ein junger Mann mit hellbraunen Haaren in einem weißen Gewand wurde hereingetragen und auf den Altar gelegt. Dann zog sich der Diener zurück und nur der Seher blieb. Dieser begann zu sprechen. „Brüder, Schwestern. Der Tag ist gekommen. So lange haben wir geharrt, doch die Erlösung ist nahe. Lasst uns unseren Anführer rufen."

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