Kapitel 10

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„Zu langsam", erklang Sims Stimme und Cayden küsste den Boden.

Verdammt. Wenn er gedacht hatte, er sei ein schlechter Kämpfer, hatte er sich geirrt. Hoffnungsloser Fall traf es bei weitem besser. Cayden hatte weder Körperspannung noch Körperbeherrschung. Sim stand neben ihm und schaute zu ihm herunter. „Willst du da unten liegen bleiben?"

„Ich bin ernsthaft am überlegen, ob das nicht die sinnvollere Alternative ist", erwiderte Cayden geknickt, dann setzte er sich auf. Er schaute zu dem Vampir, der ihm mit fragendem Blick anschaute. Als er ihn gefragt hatte, ob er ihn trainieren würde, hatte Sim positiv zugestimmt.

Es ist seltsam. Sim hatte schon viele Leute kämpfen sehen, doch Cayden war etwas, das er noch nie gesehen hatte. Es ist, als wolle er es nicht. Als wolle er niemand verletzen. Der Lobo war nicht dumm oder ungeschickt, das war es nicht. Cayden schien zu wissen, was der Gegner vorhatte, doch sein Körper weigerte sich, dem anderen wehzutun, also reagierte er nicht oder zu spät.

„Cayden, was willst du mit dem Training erreichen?", fragte er ihn ehrlich.

Der junge Wolf schaute ihn an, dann zu Boden. „Ich bin Lucas' Schwäche. Ich will mich verteidigen können, um ihn zu entlasten."

Der Junge macht sich keine Illusionen, dass er zu einem guten Kämpfer wird. Dabei besitzt er bereits etwas, was vielen bis zum Ende ihres Leben fehlen wird - eine scharfe Auffassungsgabe. Cayden war sehr intelligent, das hatten beide bereits festgestellt. Wenn es die Angst ist, anderen wehzutun, die ihn zurückhält, habe ich eine Idee. Sim half Lucas' Gefährten auf, der den Staub von seiner Hose klopfte. „Cayden, wenn es eine Möglichkeit gäbe, dich zu verteidigen, ohne den anderen zu verletzen, würdest du diese lernen wollen?"

Das Gesicht des Lobo leuchtete auf und seine Körperhaltung änderte sich, sie war nicht mehr ablehnend oder verschlossen wie zuvor. Dachte ich es mir. „Gut, es gibt eine Möglichkeit, doch diese bedarf viel Übung, Konzentration und Durchhaltevermögen. Sie wird dich frustrieren, dann wirst du die Zähne zusammenbeißen müssen", sagte Sim und der junge Mann stimmte begeistert zu. „Gut, dann folge mir."

Beide liefen gemeinsam durch Lucas' Gebiet, bis sie auf einen kleinen Fluss trafen. Cayden sog genießerisch die Eindrücke auf, denn er liebte die freie Natur. Hier war er noch nie gewesen.

Sim stellte sich an den Rand und sammelte Zweige, die er zerteilte, sodass sie gerade mal fünf Zentimeter lang waren. „Stell dich mit den Füßen mittig ins Wasser", wies er den Wolf an. Dieser nickte und lief in das kühle Wasser. Sie waren an einer Stelle, an der lauter kleine Stromschnellen um Cayden flossen. Der Vampir dirigierte ihn, bis er zufrieden war.

„Gut. Ich werde den Zweig ins Wasser werfen und du wirst ihn mit deiner rechten Hand abfangen, indem du nach ihm greifst", sagte der Vampir.

Verstehe. Cayden machte sich bereit, dann warf der Vampir den ersten Zweig. Bevor er sich versah, war dieser an ihm vorbeigeschnellt. Er hatte keine Zeit gehabt zu reagieren. „Noch einmal. Verfolge den Zweig genau mit den Augen."

Ein weiterer Zweig landete im Wasser. Dieses Mal konnte Cayden ihn zwar sehen, doch als er nach ihm griff, wurde dieser von einer Stromschnelle nach links gerissen und schoss an seiner Hand vorbei. Verdammt. Immer wieder warf Sim einen Zweig und Cayden versuchte diesen zu greifen, doch er scheiterte. Als er ihn zum ersten Mal mit den Fingern berührte, spürte er ein kurzes Hochgefühl. Ich kann es schaffen.

Drei Stunden später lag Cayden am Ufer des Fluss. Er hatte es nicht einmal geschafft, einen abzufangen. Sim setzte sich neben ihn und sagte: „Ich habe dich gewarnt."

„Schon gut. Du glaubst doch nicht, dass ich aufgebe, nur weil es nicht gleich klappt? Wenn ich das getan hätte, wäre ich nicht der Wolf der Schrift gewesen."

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