Kapitel 7

3.7K 274 75
                                    

Lucas spürte, dass sein Wolf abdriftete, und bald schon wurde dessen Atmung gleichmäßig. Es wurde Zeit, dass er sich von ihm löste, doch er konnte es nicht. Es kommt schneller als erwartet. Die Markierung beschleunigte den Vorgang, doch er wusste, dass es so nicht weiter gehen konnte. Die Zeit lief Lucas davon. Er musste Cayden die Wahrheit sagen, denn sonst würden ihre Instinkte die Führung übernehmen, auch wenn sie beide nicht willig waren.

Seine Hand legte sich an dessen Hinterkopf und er hielt inne. Warme Gefühle durchströmten ihn. Er spürte eine Verbindung und sah Bilder in seinem Kopf, die ihm den Atem raubten. Er hat mich eingelassen. Cayden hatte sich mit ihm verbunden, ließ ihn für einen kurzen Moment an Erinnerungen von seiner Kindheit teilhaben, bevor die Verbindung abbrach.

Seufzend drehte er sie, wusch seinen Lobo und deckte ihn zu. Er musste mit Sim sprechen. Morgen würde er eine kurzen Reise machen müssen und einen Delegierten treffen. Danach würde er Cayden reinen Wein einschenken. Ich hoffe, er ist bereit.

Sim wartete bereits vor der Tür, denn er hatte das Ganze verfolgt. In seiner Hand lag der Halsring, den Lucas hatte liegen lassen. Als er seinen Freund ohne Oberteil und mit den Kratzern am Körper sah, befürchtete er zunächst Schlimmes, doch der Blick in Lucas' Augen stimmte ihn nachdenklich. Lucas' Haut strahlte und jegliche Zeichen der Erschöpfung waren fort. Er hat sich genährt.

„Sim, ich werde Cayden nach meiner Rückkehr die Wahrheit sagen. Ich bitte dich, während meiner Abwesenheit auf ihn aufzupassen."

Dem Vampir war die Unruhe des jungen Wolfs schon vor ein paar Tagen aufgefallen. Wer hätte gedacht, dass der Sog so stark ist? Immer wieder hatte er beide Parteien ertappt, wie sie sehnsüchtig in die Ferne starrten. Beide waren rastlos gewesen und nur gemeinsam konnten sie zur Ruhe kommen.

༻✧༺


Mit roten Wangen lief Cayden durch die Gänge. Die Bilder von seinem Intermezzo mit dem Vampir ließen ihn nicht los. Er joggte durch den Garten, in der Hoffnung ruhig zu werden, doch es half nichts. Nach eingehender Recherche war er zum Entschluss gekommen, dass das, was ihn zu diesem Vampir zog – was auch immer es war – aufhören musste.

Lucas hatte ihm die Schmerzen genommen, die Hitze vertrieben und dabei nichts getan, was er nicht gewollt hätte und doch... du elendiger Wolf. Zeigst dich nicht, bleibst verschlossen, aber dann meinst du das Steuer übernehmen zu wollen. Er begann diesen zu hassen, denn er wusste, dass all das auf dessen Mist gewachsen war. Für einen Moment hatte er die Hoffnung gehabt, dass er endlich seine erste Wandlung durchschritt, doch dem war nicht so gewesen.

Ich bin nach wie vor defekt. Lucas war nicht da und er hatte tausend Fragen, die er mit Sicherheit nicht Sim stellen würde. Die Zeit des Weglaufens ist um. Er musste sich dem Vampir stellen, dessen Offering er war.

„Es sind meist die Dinge, die man nicht sagt, die zu Missverständnissen führen. Jede Geschichte hat zwei Seiten und nur Worte können das Ganze lösen."

Cayden hatte zunächst Zeit gebraucht, sich hier einzuleben. Die Angestellten behandelten ihn freundlich und mit Respekt, er hatte sich auch mit einigen angefreundet. Mit Sim hatte er viele Gespräche geführt und er hatte ihn weiter in deren Welt geführt. Auch zahlreiche Bücher hatten die Lücken in dem Gesamtbild gefüllt und doch gab es eine Lücke, die sich nicht schließen ließ. Wieso bin ich hier?

Bis zu dem Vorfall hatte sich Lucas nur einmal von ihm genährt und das war bei ihrer ersten Begegnung gewesen. Er hatte gesehen, dass er erschöpft gewirkt hatte, doch es war, als wäre ihm der Vampir ausgewichen, was ihm zu denken gegeben hatte.

The Offering ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt