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Pov. Seungmin

//TW: Drogen und Gewalt

Ich habe mich früher von der Schule abgemeldet. Zwar werden dies meine Eltern später mitbekommen, allerdings werde ich ihnen begründet erklären, wieso ich die ,Schule schwänze', obwohl ich kerngesund bin. Es ist ein Notfall. Mein bester Freund ist durch den Alkoholkonsum vielleicht in Gefahr. Ich muss ihn davon abhalten, noch mehr zu sich zu nehmen.

Ich sitze schon im Bus, da ich das Glück hatte, dass dieser schon gekommen ist, da ich sonst hätte zu Fuß dorthin rennen sollen. Jeongin wohnt nicht sonderlich weit, deswegen hätte meine Ankunft wahrscheinlich nur fünf Minuten Unterschied gemacht. Nichts desto trotz zählt jede Sekunde und ich darf die Situation nicht unterschätzen. Ich bin davon ausgegangen, dass Jeongin noch nie Alkohol getrunken hat. Dieser Fakt ist mir komplett neu gewesen.

Ich bin an der Bushaltestelle angekommen und ich steige zügig aus. Von der Bushaltestelle aus erkenne ich schon das Haus, in dem Jeongin wohnt. Dementsprechend beeile ich mich dorthin, bis ich nun vor der Tür stehe. Ich klingele und klopfe gleichzeitig, damit Jeongin bewusst ist, dass es dringend ist. Er hört darauf und näher sich der Tür, was ich akustisch wahrnehme, doch statt mir zu öffnen, lässt er sie weiterhin zu und fragt mich stattdessen: ,,Was willst du, Seungmin?" Es scheint so, als hätte Jeongin durch das Türloch geblickt, denn ich hätte jeder andere aus unserer Gruppe sein können.

,,Lass mich bitte rein. Ich muss mit dir reden.. dringend." ,,Ah bestimmt bist du hierhergekommen, weil Hyunjin dir alles erzählt hat, oder was? Ich wusste, ich kann ihm nicht vertrauen." Dabei klingt Jeongin ziemlich angespannt, doch irgendwie auch erschöpft und schlapp, als hätte er grade einen Alkoholintus. ,,Nein.. Hyunjin hat es uns allen erzählt, weil wir uns verdammt nochmal Sorgen um dich machen. Du hast dich seit Tagen nicht blicken lassen, geschweige denn bei uns gemeldet." ,,Was machst du denn noch hier? Ihr habt doch alle eh Felix, euren neuen besten Freund oder so. Dein neuer bester Freund." ,,Behaupte so einen Scheiß nicht. DU bist mein bester Freund. DU bist alles für mich. Wenn Felix mein bester Freund wäre, dann wäre ich zu ihm gegangen und nicht zu dir.. und jetzt lass mich bitte rein." befehle ich und werde dabei ein wenig ungeduldig.

Irgendwann öffnet Jeongin auch die Tür, was mich zutiefst erleichtert. Er lässt seinen Kopf hängen und traut sich nicht einmal, mir in die Augen zu schauen. Ein leises Schniefen nehme ich von meinem Gegenüber wahr, als müsste er sich dazu zwingen, nicht gleich zu weinen. Oder es ist zu spät und hat seine Tränen regnen lassen.

Ich schließe die Tür hinter mir und komme meinem besten Freund immer näher, welcher wirklich nach stärkeren Alkohol stinkt. Dies hält mich nicht davon ab, ihn in meine Arme zu nehmen, da ich mich um meinen besten Freund kümmern will. Ich schließe meine Augen und nuschele vor mich hin: ,,Es tut mir Leid, Innie. Ich sollte definitiv mehr für dich da sein und auch deine aktuelle Lage berücksichtigen. Ich wusste gar nichts davon, dass du trinkst. Wie lange geht das schon so?" Ich löse mich von der Umarmung und greife nach Jeongins Hand, um ihn mit auf sein Zimmer zu ziehen. In seinem Zimmer angekommen fallen mir die Flaschen in der ganzen Unordnung auf. Diese Tatsache frustriert mich sehr. Ich wünsche mir so stark, es früher gemerkt zu haben.

,,Keine Ahnung Hyung.. seit einem halben Jahr oder so?" ,,Ein halbes Jahr schon?" frage ich ziemlich panisch und drücke seine Hand mehr. ,,Wie kam es denn dazu?" will ich wissen und drehe ihn zu mir, um zu versuchen, Augenkontakt mit ihm aufzubauen, was erstmal nicht ganz funktioniert, da er seinen Kopf weiterhin hängen lässt. ,,Meine Eltern sind anders nicht auszuhalten. Verstehst du?" wird Jeongin los und schaut vorsichtig zu mir auf, wodurch ich die knallroten Augen zu Gesicht bekomme. Der Junge muss wirklich den ganzen Tag geweint haben. Ich habe zwar gewusst, dass er kein gutes Verhältnis zu seinen Eltern seit seinem Outing hat, doch ich hätte wissen müssen, dass er wahrscheinlich auf dumme Gedanken kommt, was auf Selbstverletzung und Drogen basiert. Bei dem Gedanken gerate ich umso mehr in Panik und dies ist der Grund, wieso ich folgendes Frage: ,,Hast du dich noch irgendwie selbst verletzt oder irgendwelche anderen Drogen genommen?"

,,Verletzt habe ich mich nicht. Da machen mir Klingen zu große Angst. Aber ich habe mal eine Zeit lang geraucht, aber das war noch am Anfang, bis meine Eltern es herausgefunden haben und mich deshalb geschlagen haben, bis ich mir einem verstauchten Bein immer zu Schule kommen musste. Vielleicht erinnerst du dich daran." teilt mir Jeongin ehrlich mit und ich drücke seine Hand noch einmal feste, ehe ich folgendes realisiere: ,,Ach du Scheiße.. deswegen bist du mit einem verstauchten Bein zur Schule gekommen. Du hast uns was anderes gesagt. Ich glaube, dass du zu uns meinst, du wärst die Treppen runtergefallen. Wieso hast du uns angelogen?" Dabei frage ich ganz vorsichtig, um nicht wütend und enttäuscht auf ihn zu wirken, da ich weiß, dass es alles nur schlimmer machen würde. ,,Naja.. meine Eltern haben mir gedroht, mir noch etwas anzutun, wenn ich die Wahrheit sage." ,,Ach du Scheiße.. mir war schon klar, dass du Rabeneltern hast, aber dass es so extrem ist.. das tut mir so unfassbar Leid. Du hättest es mir früher sagen sollen.. denn.. ich bin hier, um dir zu helfen Jeongin, okay?" will ich ihn klarmachen, ehe ich ihn hochhebe und ihn auf seinem Bett absetze. Von dem Hausmeister habe ich blaue Säcke bekommen, mit denen ich die Flaschen einsammeln werde, die ich in Jeongins Zimmer gefunden habe. Ganz gleich, ob die Flaschen aufgebraucht oder voll sind. Ich habe das Hyunjin versprochen – und mir – also tue ich dies auch.

,,Dass du nicht mehr rauchst, ist gut, denn das solltest du wirklich nicht. Wir müssen uns nur um das Alkoholproblem kümmern." Werde ich los und sammele dabei eine Flasche nach der anderen ein. Dabei frage ich mich, von wem er all den Alkohol bekommen hat? Naja.. es spielt keine Rolle, solange mir Jeongin verspricht, damit aufzuhören. Ich muss es allerdings vorsichtig mit ihm angehen. Ich muss ihn bestmöglich ablenken, damit er nicht weiter auf dumme Gedanken kommen kann.

,,Ich habe auch schon paar kleine Ideen. Sie hängen natürlich alle damit zusammen, dass du jetzt auf Entzug bist, ob du willst oder nicht. Ich weiß, dass es nicht sonderlich leicht ist, aber ich überlege mir einen strategischen Plan, mit welchem es ganz gut klappen wird. So spontan kann ich nur vorschlagen, dass ich hier zu Ende dein Zimmer aufräume und wenn ich damit fertig bin, dann können wir Harry Potter im Wohnzimmer schauen, okay?" äußere ich als Vorschlag und plötzlich steht Jeongin auf, um mich zu umarmen. Er geht auf mich zu und schlingt seine Arme um mich. Dieser kleine süße Zwerg.

,,Danke, Hyung. Du bist der Beste! Ich entschuldige mich für dein Verhalten in den letzten Tagen und sogar Wochen. Ich habe dich ganz doll lieb, Hyung." Äußert Jeongin ein wenig glücklicher und zufriedener als davor, was mir eine große Freude bereitet. Es erleichtert mich wirklich, dass es ihm meinetwegen – hoffentlich – besser geht. Ich schlinge meine Arme um ihn, ehe ich ihm einen Kuss auf die Stirn drücke und ihm mitteile: ,,Du bist mein bester Freund. Das ist das Mindeste, was ich für dich tun kann. Wenn du noch einen Wunsch hast, dann äußere diesen."

,,Wenn du heute den ganzen Tag bei mir bleibst, dann habe ich tatsächlich keinen Wunsch mehr, Hyung." ,,Ja, ich muss zwar heute Abend wieder zurück, um meinen Eltern zu erklären, wieso ich mich von der Schule entschuldigt habe, aber bis 19 Uhr kann ich zu hundert Prozent bleiben." kündige ich an, ehe ich mich langsam von der Umarmung löse, um weiter für Ordnung in Jeongins Zimmer zu sorgen. Plötzlich greift er nach meinem Handgelenk, um mir mitzuteilen: ,,Ich helfe dir. Erstens ist das mein Zimmer und zweitens geht es dann schneller." ,,Okay dann hilf mir ruhig." sage ich mit einer ganz gelassenen Stimme, ehe wir uns beide an das Aufräumen setzen, damit wir danach gemeinsam Harry Potter schauen können. Welchen Teil wir uns anschauen, entscheiden wir gemeinsam später, doch das spielt jetzt auch keine Rolle.

Wichtiger ist die Tatsache, dass Jeongin sich helfen lässt, was mich wirklich zutiefst erleichtert und zugleich zufrieden stellt.

ᴅᴏɴ'ᴛ ᴅᴇɴʏ ˢᵉᵘᶰᵍᶜʰᵃᶰ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt