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PoV. Seungmin

Nachdem ich uns beide zugedeckt habe, frage ich meinen Hyung, welcher sich ein wenig an mich gekuschelt hat: ,,Wie geht es dir denn jetzt? Konntest du dich ganz gut beruhigen?" ,,Ja.. ich denke, dass es jetzt nach dem Rauchen geht." kommt aus Chans Mund und schließt seine Augen langsam. Einen Arm lege ich um ihn, ehe ich noch einmal sicherheitshalber frage: ,,Bist du dir sicher, dass du gerade darüber reden kannst? Du wirkst ziemlich erschöpft auf mich." ,,Ich bin mir sicher, Seungmin. Jetzt oder nie würde ich mal sagen. Da du jetzt sowieso meine Klingen gefunden hast, fühle ich mich selbst dazu gezwungen, dir endlich die Wahrheit zu sagen. Genau.. wie ich es dir versprochen habe. Doch ich warne dich schon mal vor, dass es nichts Schönes ist, was ich dir erzählen werde. Also.. bist du bereit, dir meine Lebensgeschichte anzuhören?" redet Chan vor sich hin. Ich schaue zu ihm auf und murmele leise vor mich hin: ,,Ich höre dir zu, Hyung."

Chan legt sich auf dem Rücken hin und blickt dementsprechend auf meine Decke. Ich tue dasselbe, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass ihm der Augenkontakt ein wenig davon abhalten würde, alles zu erzählen.

„Fangen wir mal komplett von vorn an. Vor neunzehn Jahren bin ich am dritten Oktober geboren. Ich habe mein Leben lang bei meinen Eltern gelebt, welche beide beruflich Ärzte sind. Vier Jahre später hätte ich eine Schwester bekommen, doch meine Mutter hat sie nach ihrer Geburt zu Adoption abgegeben, da sie ungewollt schwanger geworden ist. Kontakt zu ihr habe ich leider sehr wenig. Auf jeden Fall wünsche ich mir stark, dass sie ein besseres Leben hat als ich.

Nun denn, ich bin dann bei meinen Eltern aufgewachsen, die ihr ganzes Leben lang schon wollten, dass ich ihren Erbe übernehme, wenn sie zu alt sind: Sie wollen, dass ich ihre Arztpraxis führe und dementsprechend Arzt werde. Mein ganzes Leben lang haben sie mich zu einem kleinen Arzt erzogen, doch ich wollte es nie mitmachen. Mich hat Medizin noch nie interessiert und ich weiß, dass ich meine Stärken woanders habe.

Als ich einmal bei meinem Onkel zu Hause gewesen bin, hat er mir sein Studio gezeigt. Früher, bevor ich geboren worden bin, hat er für eine ganz bekannte Company Musik gemacht und er hat mir Songs gezeigt, die er gemacht hat. Ich war sieben Jahre alt und seitdem habe ich mich stark für Musik interessiert. Mein Onkel hat mir vieles beigebracht und seinetwegen kann ich auch Songs selber produzieren. Er ist der Ex Mann meiner Tante, Schwester meiner Mutter, und alle aus der Familien wollen nicht, dass ich mit ihm Kontakt habe.

Doch mir ist es scheiss egal. Ich habe mit ihm mehr Kontakt als meine Eltern und er tut wirklich viel für mich. Deswegen schätze ich ihn wirklich sehr als meine Bezugsperson.

Nun denn, meine Eltern und ich haben einmal einen sehr starken Streit gehabt, als ich zwölf Jahre alt gewesen bin. Ich habe eine Standpauke gehalten, in welcher ich meinen Eltern klargemacht habe, dass ich nichts mit Medizin und ihrer Praxis am Hut haben will und nach der Schule ausziehe: Ich hatte schon immer den Wunsch, nach Seoul zu ziehen, um dort Karriere zu machen, was auch mein Onkel gemacht hat. Seitdem habe ich mir auch nicht mehr die Mühe zum lernen gemacht, um später die Möglichkeit zu haben, Medizin zu studieren. Ich habe in der Schule nur noch das getan, was noch nötig war, um jedes Schuljahr ganz locker zu schaffen. Ich war mit meinen Leistungen zufrieden, doch meine Eltern waren es nicht und haben angefangen, mich zu bestrafen.

Sie haben mir ständig Sachen weggenommen, mein Taschengeld gestrichen und mir sogar Hausarrest gegeben. Sie haben mich sogar hungern lassen. Doch das war nicht das Schlimmste, denn eines Tages sind meine Eltern auch handgreiflich geworden und seitdem drohen sie mir immer damit, wenn ich etwas falsch mache. In ihren Augen mache ich eigentlich alles falsch. Deswegen bin ich schon an bestrafungen gewöhnt. Abends schließe ich meine Tür ab, damit wir in Ruhe miteinander telefonieren können. Wenn wir beide miteinander reden, dann habe ich das Gefühl, alles um mich herum zu vergessen."

Chan hat ziemlich viel gerechnet und es scheint mir so, als wäre er jetzt außer Puste, was ich nachvollziehen kann. Ich kommentiere deswegen schon jetzt folgendes: ,,Hmm... es tut mir wirklich Leid, dass du in so einem Haushalt leben musst. Auch wenn deine Eltern übertrieben scheiße sind, hoffe ich einfach, dass sie deine einzige Belastung sind oder gibt es noch etwas?" Dabei mustere ich ihn ein wenig besorgt. Schließlich will ich wissen, wo ich Chan Hyung noch unterstützen kann.

Direkt bekomme ich meine nächste Antwort: ,,Naja... Schule stresst mich sehr. Als Felix noch auf unserer Schule war, wollten seine toxischen Klassenkameraden ihn mir wegnehmen. Seitdem Felix auch weg ist, kommen sie zu mir und machen mich manchmal mit Worten fertig. Die Lehrer sind scheiße zu mir, weil ich nicht der beste Schüler bin und Leute an meiner Schule nutzen mich stark für Drogen aus. Ich hasse meine Schule und ich freue mich darauf, dass ich sie in einem halben Jahr zufrieden verlassen kann. Ich kann alles hinter mir liegen lassen.. nach den sechs Monaten.

Ich ziehe nach Korea und ich habe meine Ruhe. Meine Eltern würden mich endlich in Ruhe lassen. Meine alte Schule auch. Ich könnte alles abschließen und es würde mir besser gehen. Ich habe dich, Felix und ein paar neue Freunde. Ich kann eine wundervolle Karriere starten, wenn ich am Ball bleibe. Allerdings muss ich noch stark mit Suizdigedanken und Selbstverletzung kämpfen. Ich habe mich gestern in der Nacht verletzt, weil ich gestern, mitten in der Nacht, als du geschlafen hast, Nachrichten von meiner Mutter erhalten habe, wo sie mir mit allem möglichen gedroht. Ich war so stark in Panik, dass ich nicht anders konnte."

,,Oh nein... Hyung! Wieso hast du mich nicht geweckt? Ich hätte dich aufhalten können. Selbstverletzung bringt dir später nichts mehr. Sie werden dich davon abhalten, Karriere zu machen, wenn dein zukünftiger Manager sieht, dass du dich früher verletzt hast. Changbin hat sich früher auch selbstverletzt und wir haben alles dafür getan, damit es ihm besser geht. Er hört auch bald mit Therapie auf, denn es geht ihm hervorragend aktuell. Clean ist er auch schon seit über einem Jahr. Wir haben ihn echt lange unterstützt und werden wir noch weiterhin tun. Jetzt würde ich gerne auf deiner Seite stehen und alles dafür tun, damit es dir besser geht." werde ich anschließend los, ehe ich meine Arme um Chan schlinge und ihm einen Kuss auf die Stirn drücke. Ja, dass musste sein.

,,Seungmin.. ich.." stottert Chan vor sich hin und neigt dabei seinen Kopf zur Seite, damit ich sein knallrotes Gesicht nicht direkt sehen kann. Der Süße. ,,Ja was? Ist doch so.. ich will dich um jeden Preis unterstützen und das werde ich auch. Die sechs Monate musst du noch durchhalten, aber ich verspreche dir, wenn du zurück bist, dass du dich behandeln lässt. Meine Eltern sind Ärzte und sie könnten direkt einen Therapeuten für dich finden." will ich anmerken und schließe nun meine Augen, da ich wirklich müde geworden bin.

,,Deine Hilfe schätze ich sehr. Danke.. wir werden sehen, was wir mit mir anstellen, doch erstmal muss ich noch die weiteren sechs Monate überleben. Nun denn.. es ist spät. Wir sollten uns schlafen legen, oder?" meint Chan, welcher sich mehr an mich drückt. ,,Ja deswegen habe ich auch meine Augen zu. Ich bin wirklich müde. Deswegen sage ich jetzt schon mal, Gute Nacht." schleicht sich müde aus meinem Mund heraus. ,,Gute Nacht, Minnie. Hab dich lieb."

,,Ich dich auch." von mir ganz knapp, ehe wir beide irgendwann aneinander kuschelnd einschlafen.

ᴅᴏɴ'ᴛ ᴅᴇɴʏ ˢᵉᵘᶰᵍᶜʰᵃᶰ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt