Kapitel 51

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~Pov. Yoongi~
Nach einiger Zeit wurde uns sehr kalt und wir beschlossen uns an die Feuerstelle zu setzen und diese anzuzünden. Ich verstand selber nicht, wieso ich erst jetzt merkte, wie unfassbar stark ich fror, doch jetzt kam es dafür doppelt und dreifach wieder. Seitdem ich Taehyung gesagt hatte, wie lange ich bereits am Ufer gesessen habe, machte er sich Sorgen und schimpfte über sich selbst, wieso er da nicht früher dran gedacht hatte. Auf Einwände reagierte er nicht und so kam es, dass ich mit der Decke wie ein Stück Sushi eingerollt vor dem Lagerfeuer saß. Tae saß neben mir und wir schwiegen, was aber nicht beklemmend, sondern sehr angenehm war.

Es hatte gut getan ihm von meinen Gedanken und schlussendlich auch vom Traum zu erzählen und ich bereute es nicht. Es hatte mich beruhigt, meine Gedanken runter kommen lassen und ich konnte mich entspannen, was alleine normalerweise mehrere Stunden oder vielleicht sogar ein, zwei Tage brauchte. Es verwirrte und überraschte mich selber, dass Taehyung so eine Wirkung auf mich hatte. Seine ganze Art war so ruhig und auch was er gesagt hatte wirkte unfassbar beruhigend und entspannend auf mich, dass es mir fast schon etwas Angst machte.

Aber war das in Ordnung? Machte ich mich dadurch nicht abhängig von anderen? Noch war das ja völlig okay, doch was war wenn ich immer die Nähe von anderen Menschen brauchte, um runter zu kommen? Wenn ich dann alleine wäre hätte ich vielleicht Probleme damit selber klar zu kommen. Das durfte nicht passieren! Ich durfte nicht so abhängig von anderen Menschen werden, andere Menschen konnten jederzeit verschwinden und einen verletzen und-

"Yoongi, denk nicht so viel nach." Perplex blinzelte ich einige Male, ehe ich zu Taehyung schaute. Dieser beobachtete mich ganz genau und konnte daher vermutlich auch meine unausgesprochene Frage erkennen. "Es ist ziemlich offensichtlich. Wenn du so viel über negative Sachen nachdenkst, dann verfinstert sich dein Blick so. Und du kneifst die Augenbrauen ein wenig zusammen. Ach, und du sinkst so ein wenig selbst in dich ein. So ungefähr.", erklärte er und versuchte mich wohl nachzumachen, indem er die Schultern ein wenig hängen ließ und sein Kopf etwas senkte. Wie zur Hölle konnte ein Mensch bitte so etwas bemerken?! Der war doch Gedankenleser oder irgendein Zauberer!

Plötzlich rutschte Tae etwas näher an mich heran. Mein erster Instinkt war es von ihm weg zu rutschen, um ihm Platz zu machen, doch bevor ich mich überhaupt ansatzweise bewegen konnte lag plötzlich schon sein Arm um mich, der mich an sich zog. Verwirrt schaute ich zu ihm hoch, was er kurz mit einem aufmunternden Lächeln erwiderte, bevor er in die Flammen schaute. Mit einem kurzen Kopfnicken zu diesen forderte er mich auf seinem Blick zu folgen, was ich auch tat.

"Wenn du in so einen Gedankenstrudel gerätst, dann musst du versuchen deine Gedanken kurz selbst zu unterbrechen. Irgendwie da raus kommen, nur für einen Augenblick. Du schaust dir schnell irgendetwas an, was dich ablenkt. Ein Feuer wie hier, eine tickende Uhr, ein sprudelndes Glas Wasser, deine eigene Atmung oder dein Herzschlag. Irgendetwas was sich bewegt oder einen Rhythmus hat. Oder du tippst irgendwo gegen oder zählst einfach. Irgendwie sowas. Das lenkt dich ab und lässt dich etwas runter kommen, bevor du dich den Gedanken wieder widmen kannst. Und dann musst du versuchen das etwas differenzierter zu betrachten. Manchmal klappt das besser, manchmal aber natürlich auch schlechter."

Ich war verwirrt darüber, dass er mir solche Tipps geben konnte. Wieso kannte er sich mit so etwas so gut aus? Wieso wusste er so viel über so etwas? Darüber, negative Gedanken loszuwerden oder zu verarbeiten? Studierte dieser Typ heimlich Psychologie oder sowas? Oder...hatte er das aus Erfahrungen gelernt?

Ich hätte es gerne gewusst, ich traute mich aber nicht ihn zu fragen. Er war zwar für mich da und ich mochte ihn schon viel mehr als bei unseren ersten Begegnungen, dennoch fühlte ich mich noch kein bisschen in der Position und in dem Recht ihn so etwas persönliches und intimes zu fragen. Vielleicht interessiert er sich ja wirklich einfach nur für Psychologie, vielleicht steckte aber doch mehr dahinter. Ich wollte ihn in keinem Fall darauf ansprechen, wenn das Risiko bestand, dass es sich um Erfahrungen handelte. Vielleicht wäre ich irgendwann einmal in der Position das fragen zu dürfen, doch im Moment war ich das noch lange nicht.

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