Kapitel 53

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~Pov. Yoongi~
Am Sonntag hatten Jimin und ich die meiste Zeit eigentlich im Zelt gelegen und gekuschelt, während die anderen unterwegs gewesen sind. Irgendwann waren wir hinausgegangen und hatten uns an das Feuer gesetzt, bis der Rest der Gruppe wieder gekommen war. Gemeinsam hatten wir etwas zu Abend gegessen und hatten den restlichen Abend entspannt ausklingen lassen. Ich hatte mich zu dem Zeitpunkt schon wieder ziemlich beruhigt und konnte wieder relativ normal mit Jimin umgehen, das Reden fiel mir aber noch etwas schwer. Glücklicherweise verstand Jimin das aber und drängte mich zu nichts.

Am Montag waren wir alle die ganze Zeit über zusammen und sind an unserer Campingstelle geblieben. Es war sogar angenehmer und für mich weniger anstrengend, als ich eigentlich gedacht hätte. Wir redeten viel, beziehungsweise die anderen, spielten Kartenspiele und verbrachten einfach die Zeit miteinander. Am Ende, kurz bevor es dunkel wurde waren wir sogar doch noch einmal ins Wasser gegangen, was unfassbar kalt gewesen ist. Mich überraschte es immer noch, dass Jimin mich überreden konnte auch ins kalte Wasser zu gehen, doch bei seinem Welpenblick konnte man auch schlecht nein sagen.

Mittlerweile waren wir auf dem Weg nach Hause und ich schaute aus dem Fenster des Reisebusses, in dem wir gerade saßen. Ich beobachtete die Bäume, die an uns vorbei zogen und war ehrlich gesagt sogar traurig, dass wir wieder nach Hause fuhren. Es ist wirklich schön und lustig mit den Jungs gewesen und es war ein bedrückendes Gefühl zu wissen, das es nun wieder in den normalen Alltag ging. Doch gleichzeitig merkte ich auch, wie es für mich psychisch immer anstrengender wurde mit den Jungs zusammen zu sein. Bis vor wenigen Monaten konnte ich es nicht ab mit einem Menschen mehrere Stunden zusammen zu sein. Nun bin ich mit mehreren Leuten für mehrere Tage zusammen gewesen, was wirklich kräftezehrend für mich gewesen ist. In diesem Sinne freute ich mich daher wieder nach Hause zu kommen und wusste auch, dass nun erstmal einige Tage Isolation für mich auf dem Programm standen.

Mit Jimin hatte ich darüber noch nicht geredet und ich hatte ihm generell nicht gesagt, wie anstrengend diese Zeit für mich auch war. Ich wusste, dass ich ihm das irgendwie erklären musste, doch ich wusste nicht wie. Ich wollte auch nicht, dass er sich Sorgen oder vielleicht sogar Vorwürfe machte, dass es für mich belastender wurde. Und dass ich für einige Zeit auch Abstand von ihm brauchen würde. Ich meinte es ja absolut nicht böse und ich wollte auch verhindern, das er das dachte. Doch wie sollte man jemandem erklären, dass man von dieser Person Abstand bräuchte, es aber nicht an dieser Person lag.

Seufzend lehnte ich meinen Kopf nach hinten an die Lehne und schloss meine Augen. Von dem vielen Nachdenken bekam ich langsam Kopfschmerzen und wollte am liebsten einfach nach Hause und in mein Bett. Doch es würde nicht lange dauern, bis ich dort war und mich endlich entspannen konnte.

Plötzlich spürte ich eine sanfte Berührung an meiner Hand. Sofort wusste ich, dass das Jimin war, welcher direkt neben mir saß. Vorsichtig nahm er meine Hand in seine und strich über meine Haut. Genauer gesagt über die Kratzer, die ich selber verursacht hatte. Noch am gleichen Tag hatte er diese gesehen, was mir unfassbar unangenehm gewesen ist. Ich hatte Angst, dass er dachte ich wäre irgendwie gestört, dass ich mich selbst verletzte. Doch als ich es ihm erklärt hatte verstand er es scheinbar und verurteilte mich nicht dafür. Das hatte mich sehr beruhigt und ich war ihm dafür sehr dankbar.

Sanft erwiderte ich den Druck seiner Hand und verschränkte unsere Finger mit einander. Das konnten die anderen nicht mitbekommen, da unsere Hände von einer Jacke bedeckt waren. Sonst hätte ich mich das vermutlich nicht getraut aus Angst, dass die anderen das mit bekämen. Ich wusste nicht wann und wie wir es den anderen sagen sollten und ehrlich gesagt hatte ich davor auch etwas Angst. Ich war noch nicht lange in dieser Gruppe, wenn ich überhaut schon als Teil dieser angesehen wurde. Was, wenn sie das blöd fänden? Wenn sie es blöd fänden, dass ich etwas mit einem ihrer besten Freunde hatte? Wenn sie vielleicht der Meinung waren, ich sei nicht der richtige für Jimin? Wenn ich vielleicht einen zu schlechten Einfluss auf ihn hätte mit all meinen Probleme? Wenn-

"Yoongi, du denkst zu viel nach.", hörte ich es plötzlich leise neben mir sagen. Ich öffnete meine Augen und sah zu Jimin, welcher mich etwas besorgt musterte. "Ich sehe es dir an, wenn du über etwas nachdenkst, das dich bedrückt. Was ist denn los?" Beschämt senkte ich meinen Kopf. Sofort verstärkte sich der Druck von Jimins Hand, als wenn er mir damit signalisieren wollte, dass er für mich da war. Ein Gefühl von Sicherheit machte sich in mir breit und es war schön, dass er sich aufmerksam und rücksichtsvoll war. "Später.", murmelte ich leise, da ich sowas nicht hier mit ihm besprechen wollte. Nicht hier, zwischen irgendwelchen Fahrgästen und den Jungs.

Verstehend nickte Jimin und beließ es dabei. Ich schloss wieder meine Augen und versuchte an irgendetwas anderes zu denken. Doch bevor ich wirklich etwas hatte, das meine Stimmung vielleicht anhob, war ich bereits eingeschlafen.

Ein leichtes Tätscheln an meiner Schulter holte mich aus meine traumlosen Schlaf. "Yoongi, wir sind gleich da", hörte ich Jimin leise neben mir sagen. Langsam öffnete ich meine Augen ein wenig und blinzelte einige Male müde. Ich schaute mich um und erkannte die Gegend. Ich wollte mir die Augen reiben und mich strecken, doch merkte sofort, dass Jimin immer noch meine Hand hielt. Der Gedanke, dass er meine Hand nicht los gelassen hatte, obwohl ich geschlafen hatte, machte mich glücklich. Ich löste meine Hand erst, als wir stehen blieben und aussteigen mussten.

Draußen versammelt verabschiedeten wir uns von einander, da wir in unterschiedliche Richtungen fahren mussten. Obwohl Jimin eigentlich einen anderen Bus nehmen konnte und mit diesem schneller wäre, wollte er mich zu meiner Bushaltestelle begleiten. Dort angekommen setzten wir uns auf die Holzbank und erschöpft lehnte ich mich an ihn. Sofort legte er einen Arm um mich und ich legte meinen Kopf gegen seine Schulter. Müde schloss ich meine Augen, spürte aber nach ein paar Sekunden, wie er vorsichtig meine Hand in seine nahm.

Lächelnd erwiderte ich den leichten Druck und genoss diese Zweisamkeit mit ihm. Doch plötzlich fragte er:"Wie hast du die kommende Woche Zeit dich zu treffen?" Es fühlte sich so an, als mir plötzlich etwas schweres im Magen lag und sofort war meine Stimmung etwas schlechter. Die letzten Tage sind wirklich schön gewesen. Wie sollte ich Jimin das erklären, dass ich ein wenig Pause und Abstand zu Menschen brauchte, ohne dass er das persönlich nahm? Ging sowas überhaupt?

"Yoongi?", brachte Jimin mich wieder in die Realität und ich schluckte schwer, ehe ich mich langsam wieder aufsetzte, seine Hand liess ich aber nicht los. Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu sagen, zögerte aber. Ich griff nach meinem Handy, um zu versuchen mit diesem Jimin zu erklären was los war, doch er hielt meine Hand fest. Ich war mir sehr sicher, dass er mich gerade anschaute und meinen Blick suchte, doch ich traute mich nicht aufzusehen.

"Egal was es ist, du kannst es mir auch sagen. Versprochen." Seit dem Alptraum hatte ich nur sehr wenig mit ihm geredet, wie konnte er dann von mir verlangen, dass ich mit ihm über sowas sprach?! "Yoongi...du kannst darüber reden. Wirklich.", unterbrach er erneut meine Gedanken. Ich merkte meinen schnellen Herzschlag und atmete zittrig ein, bevor ich dann vorsichtig ansetzte:"I-ich..a-also ich glaub..i-ich...a-also.." Sanft streichelte Jimin meine Hände, um mich zu beruhigen und mit das Gefühl zu geben, dass alles in Ordnung war.

Doch das beruhigte mich nur wenig, ganz im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass ich fast schon etwas panisch wurde. Doch bevor mich dieses Gefühl völlig übernehmen konnte fragte er plötzlich:"Sind dir die Tage zu viel gewesen?" Kurz war ich etwas überrumpelt. Merkte man mir mein Unbehagen so sehr an? Nach einem kurzen Zögern nickte ich ein wenig und murmelte dann:"Zum Ende hin schon." Einige Sekunden herrschte Stille, bis ich dann vorsichtig und ziemlich leise ergänzte:"Ich brauch etwas Pause. E-es liegt nicht an dir."

Ich hatte unfassbare Angst davor, dass er mich falsch verstand. Dass er es persönlich nahm, sich die Schuld für irgendetwas gab, was meine momentane Gefühlslage anging. Keiner von den Jungs ist Schuld gewesen, ich war es einfach nicht gewohnt und konnte damit noch nicht richtig umgehen. Das hätte ich ihm am liebsten gesagt, eigentlich noch viel mehr. Aber mehr ging gerade einfach nicht.

"Das ist in Ordnung, ich versteh das. Ich werde dir Zeit lassen und wenn es dir damit besser geht dich auch grösstenteils in Ruhe lassen. Kann ich dich aber bitte noch nach Hause bringen? Wir sind alle müde und fertig und ich möchte nicht, dass dir etwas passiert." Ich nickte und war erleichtert, dass er mich scheinbar zu verstehen schien. Das beruhigte mich sehr.

Langsam lehnte ich mich wieder an ihn, weswegen er einen Arm um mich legte und mir sanft über die Schulter strich. Auch wenn ich mit meinen sozialen Fähigkeiten ziemlich am Ende war, genoss ich diese Zweisamkeit sehr. Am liebsten würde ich Stunden mit ihm hier sitzen bis die Vögel anfingen zu zwitschern, die Sonne wieder aufging und ein neuer Tag begann.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 16, 2022 ⏰

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