Kapitel 17

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~Pov. Yoongi~
Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und es fühlte sich so an, als würde sich mein Magen einmal umdrehen. „Ich habe mal etwas recherchiert und soweit ich das richtig verstanden hab kann es bei dir nicht an etwas körperlichem liegen. Sonst könntest du nicht lachen oder sowas. Also ist mal was vorgefallen, oder?"

Ich schwieg. „Hattest du deswegen solche Gedanken?" Ich schwieg. Plötzlich hielt er mich fest und drehte mich zu sich. Am liebsten würde ich mich von ihm los reißen, denn jetzt fühlte sich jede Berührung von ihm unglaublich falsch an. Allgemein war mir plötzlich seine Anwesenheit schon zu viel.

Er sah mich an, doch ich schaute stur auf den Boden. In meinem Hals hatte sich ein Klos gebildet, der mir das schlucken und auch atmen erschwerte. „Yoongi, was ist los? Ich mache mir Sorgen um dich. Solche Gedanken sind doch nicht normal! Du musst mit mir reden, sonst kann ich dir nicht helfen."

Ich schüttelte leicht den Kopf und versuchte die Tränen zu unterdrücken, die mir langsam in die Augen stiegen. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien und er schien zu merken, dass es mir zu viel wurde und lies langsam los. Jedoch legte er eine Hand auf meine Schulter, was mich etwas zusammenzucken ließ.

„Hör zu, du musst es mir nicht erzählen. Ich möchte nur, dass du irgendwen zum Reden hast, mir ist es egal, ob ich es bin oder jemand anderes. Ich möchte nur, dass es dir gut geht und das scheint es dir nicht zu gehen, wenn du solche Gedanken hast, wie du sie mir geschrieben hast."

Ich schwieg weiterhin und versuchte krampfhaft meine Tränen zu unterdrücken, was mittlerweile eigentlich unmöglich war, denn ich sah bereits alles verschwommen. Wenige Augenblicke später tropften auch die ersten Tränen auf den Boden.

„Yoongi?", fragte Jimin besorgt und drückte an meinem Kinn mein Kopf nach oben, um mich anzusehen. Seine Augen weiteten sich, als er sah, dass ich weinte. „Hey es ist alles gut. Beruhig dich.", sagte er und versuchte sanft zu klingen, man hörte aber, dass er verzweifelt und überfordert war.

Er wollte mich an sich ran ziehen, doch ich wehrte mich direkt dagegen, weshalb er mich auch sofort los ließ. Ich wischte mir meine Wangen trocken und fing an weiter zu laufen. Dabei atmete ich tief ein und aus, um mich zu beruhigen, doch nichts schien zu helfen.

Jimin holte wieder auf und legte vorsichtig einen Arm um mich. Ich fühlte mich unglaublich unwohl und wollte nicht, dass er mich anfasste. Jedoch konnte ich mir denken, dass er sich so schon schlecht genug fühlte und Schuldgefühle hatte. Ich wusste ja, dass er mich nicht mit Absicht verletzen wollte und da ich ihm nicht noch mehr Schuldgefühle bereiten wollte ertrug ich seinen Arm um mich.

Als wir bei mir ankamen liefen mir immer noch Tränen über das Gesicht und immer wieder musste ich schluchzen, was mir unglaublich peinlich war. Ich wühlte meinen Schlüssel aus der Hosentasche und schloss mit zitternden Händen die Haustür auf. Dabei hatte Jimin seinen Arm von mir genommen. Er hatte den ganzen Weg über verzweifelt versucht mich zu beruhigen und zu trösten, was nicht funktioniert hat.

„Yoongi, es tut mir leid, ich wollte das wirklich nicht.", sagte er, doch ich schüttelte nur den Kopf, damit er leise war. Ich öffnete die Tür, betrat das Treppenhaus und schloss sie wieder hinter mir, ohne Jimin dabei auch nur für den Bruchteil einer Sekunde anzusehen.

Ich war ihm keinesfalls böse, wie hätte er denn damit rechnen können, dass ich so reagierte? Jedoch hatte er einen wunden Punkt getroffen, eine sehr langsam verheilende Verletzung wieder aufgerissen und das nur mit einem Satz.

Mit wackligen Beinen lief ich langsam die Stufen hinauf, bis ich vor der Wohnungstür ankam. Ich schloss die Tür auf und betrat die Wohnung. Innerhalb weniger Sekunden hatte ich mir meine Schuhe von den Füßen gestrampelt und lief schnell in mein Zimmer, wo ich mich direkt in mein Bett fallen ließ und mich zusammen rollte.

Immer wieder musste ich schluchzen, während mir fast ununterbrochen Tränen über die Wangen liefen. Ich versuchte erst gar nicht mich zu beruhigen, weil ich wusste, dass es sowieso nicht funktionieren würde. Und ich es nicht verdient hätte.

Es war einige Zeit vergangen, in der ich noch viel geweint hatte, mich letztendlich aber immer mehr beruhigt habe. Ich hatte meine Decke fest im Arm und starrte einfach gegen die Rückenlehne meiner Couch. Ich fühlte mich ausgelaugt und schlapp, würde am liebsten die Augen zu machen und einfach schlafen.

Doch ich wollte meinen Schlafrhythmus nicht durcheinanderbringen, weswegen ich mich zwang wach zu bleiben. Ich drehte mich auf den Rücken und starrte gegen die Decke. Ich wusste nicht, was ich nun machen sollte. In meinem Kopf herrschte Chaos und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte.

Diese Hilflosigkeit kam mir ziemlich bekannt und leider auch vertraut vor. Seufzend rollte ich auf die Seite andere Seite und erblickte mein Handy auf meinem Nachttisch. Ich ergriff es und wollte YouTube schauen, um mich abzulenken, als ich sah, dass ich eine Nachricht von Jimin bekommen hatte. Ich konnte die Nachricht bereits im Benachrichtigungsfenster lesen.

'Es tut mir wirklich leid, dass ich dich mit dieser Frage verletzt habe. Das war nicht meine Absicht und ich hoffe, das weißt du auch. Wie geht es dir?' Die Nachricht lies mich etwas lächeln. Ich wusste, dass er mich nicht verletzen wollte und es machte mich irgendwie glücklich zu wissen, dass es ihm leid tat und er nicht weiter nachfragte, wieso ich so reagiert hatte und was vorgefallen war.

'Du hast mich nicht direkt verletzt, sondern einfach nur eine recht frische Wunde wieder aufgerissen. Mir geht es ein wenig besser.', antwortete ich. Nur wenige Augenblicke später war er online und schrieb direkt. Dies lies mich wieder lächeln, doch durch seine Nachricht verschwand es genauso schnell.

'Du musst darauf nicht antworten. Aber wieso frische Wunde? Ich hätte gedacht, dass es schon länger her ist. Sonst könntest du vermutlich keine Gebärdensprache.'

Ich zögerte, schrieb dann aber nur:'Je tiefer die Wunde, desto länger braucht sie zum heilen. Du hast recht, frische Wunde passt nicht wirklich. Eher offene Wunde.' Er las die Nachricht und brauchte einige Zeit, um mir zu schreiben.

'Tut mir leid. Ich würde die so gerne helfen aber ich bin mir sicher, dass ich es nicht kann. Vor allem, wenn ich nicht weiß, was vorgefallen ist. Ich werde dich aber nie wieder dazu drängen mir irgendetwas zu sagen, was du nicht willst. Versprochen. Aber falls du mal jemanden zum reden/schreiben brauchst, ich stehe dir immer zur Verfügung.'

'Danke.', schrieb ich nur kurz. 'Ach dafür doch nicht.', erwiderte er mit einem Smiley, was mich etwas lächeln ließ.

'Nein. Nicht nur dafür. Für vieles mehr.' Ich verließ unseren Chat und sperrte mein Handy.

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