Kapitel 23

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~Pov. Jimin~
Als wir im Krankenhaus ankamen wurde er in ein Behandlungsraum gebracht, wo erneut irgendetwas an ihm gemacht wurde, jedoch konzentrierte ich mich da nicht drauf. Das einzige, was für mich relevant war, war Yoongis Hand zu halten und zu versuchen, für ihn da zu sein. Natürlich fand ich es nicht in Ordnung von ihm, dass er uns wochenlang ignoriert hatte und ich würde mit ihm noch darüber reden, generell über die ganze Thematik. Aber das war jetzt egal, jetzt zählte nur, dass es ihm wieder besser ging.

Sie fragten mich, ob ich ein Familienangehöriger sei, was ich verneinte. Dann fragten sie Yoongi, ob es in Ordnung sei, wenn ich bei ihm war. Ich sah zu Yoongi, der mich ebenfalls kurz ansah, dann aber wieder auf seinen Schoss schaute und zögernd nickte. Ich atmete erleichtert aus und strich mit meinem Daumen leicht und vorsichtig über seinen Handrücken. Sie spritzten ihm ein Beruhigungsmittel und meinten, dass es besser wäre, wenn er noch eine Nacht hier bliebe. Als sie fragten, wo seine Eltern waren, erklärte ich ihnen, dass Freunde von uns dabei waren zu ihnen zu fahren und ihnen bescheid zu geben.

Sie brachten Yoongi auf ein Zimmer und ich war die ganze Zeit über an seiner Seite. "Bitte geben Sie uns bescheid, wenn seine Eltern eingetroffen sind. Ein paar Türen weiter ist ein Schwesternzimmer.", erklärte mir eine Krankenschwester und ich bedankte mich bei ihr. Sie verließ das Zimmer und nun waren wir alleine. Yoongi war in einem Krankenbett, wobei er eher saß als lag, da er mit dem Oberkörper an dem Kopfteil lehnte, welches aufgerichtet war. Langsam setzte ich mich zu ihm, doch er starrte nur stur auf seinen Schoss.

Vorsichtig nahm ich wieder seine Hand in meine. Ich schwieg einige Zeit, ehe ich anfing zu reden:"Wieso hast du uns so lange ignoriert? Wieso hast du dich nicht bei uns gemeldet?" Er schwieg und machte auch keine Anstalten mir zu antworten. "Ich schätze mal, dass das was in der Zeitung stand gestimmt hat, oder? Und dass du das warst." Er schwieg weiterhin. "Hör mal...die anderen sehen dich nicht so. Wir wissen nicht, wie das dazu gekommen ist und es ist ihnen auch egal. Sie mögen dich trotzdem so wie vorher und sie haben sich sehr Sorgen gemacht. Und ich mir auch." Erst dachte ich, dass er darauf auch wieder nur schweigen würde, doch langsam griff er in seine Hosentasche und nahm sein Handy heraus. Er ging auf Notizen und zögerte, schrieb dann aber:'Und wie siehst du mich?'

Ich zögerte, sagte dann aber:"Ich will ehrlich mit dir sein:Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wie es dazu gekommen ist und wie es sein kann, dass du dich mal so verhalten hast, mich würde es aber ziemlich interessieren. Und natürlich macht es dich jetzt nicht zu einen anderen Menschen, nur weil du so eine Vergangenheit hast, es ganz ignorieren und so hin nehmen kann ich es aber auch nicht wirklich. Auch wenn ich das gerne will. Ich mag dich wirklich sehr und ich will dich wegen so etwas auch nicht als Freund verlieren. Ich weiß aber nicht, wie ich damit umgehen soll."

Er schwieg und ich zögerte, fragte dann aber:"Willst du es mir vielleicht erzählen? Wie es dazu gekommen ist?" Er zögerte, nickte dann aber vorsichtig und fing an zu schreiben:'Ich bin ungefähr in der sechsten Klasse sitzen geblieben und dann kam ich in eine neue Klasse. Da bin ich in eine Gruppe von Jungs geraten, die sich eben über andere gestellt haben und andere so behandelt haben. Nach kurzer Zeit habe ich da eben mitgemacht und der Junge, um den es in dem Artikel ging, den habe ich irgendwie gehasst. Ich weiß auch nicht, woran das lag, aber irgendwie konnte ich ihn überhaupt nicht ausstehen und habe ihn eben am schlimmsten fertig gemacht. Irgendwann konnte er es wohl nicht mehr aushalten.'

Ich musste schwer schlucken und fragte vorsichtig:"Und was war danach?" 'Ich habe es erst gar nicht geglaubt und für einen dummen Witz gehalten, als ich es dann in der Zeitung gelesen habe. Es hat sich für mich so angefühlt, als würde mein Leben zusammenbrechen und erst dann habe ich wirklich verstanden, was ich die ganze Zeit über getan hatte. Die Einsicht kam aber zu spät. Ich wurde für nichts betraft, weil er in einem Abschiedsbrief geschrieben hatte, dass niemand anderes Schuld hatte, nur dass er den Druck nicht mehr ausgehalten hat. Die Eltern wussten wie es in der Schule war und wollten gegen mich vorgehen, doch die Beweislage war zu schwach, weswegen der Fall nicht weiter behandelt werden konnte.'

Es fielen plötzlich Tränen aufs Display und er wischte sich schnell die Wangen trocken. Ich zögerte. Ich wollte ihn nicht an all die Zeit erinnern müssen, doch ich musste endlich verstehen, was alles vorgefallen war und was alles gewesen ist. "Und wer ist dieser Namjoon gewesen? Er schien dich ziemlich gut gekannt zu haben." 'Er ist mein bester Freund in der Gruppe gewesen und auch der gewesen, der mich da rein gebracht hat. Ich bin früher ziemlich schüchtern gewesen und er war für mich da. Nachdem das aber passiert ist wollte ich in der Gruppe nicht mehr sein und er hat sich nach einiger Zeit auch von mir abgewendet.'

Ich wusste nicht wirklich, was ich dazu sagen sollte. Das klang irgendwie so unwirklich, all das klang nicht nach Yoongi. "Und wieso bist du jetzt stumm?", fragte ich. 'Ich habe danach immer weniger geredet und irgendwann gar nicht mehr. Ich hatte zu viel Angst davor. Angst damit jemanden zu verletzen. Angst, dass sich sowas wiederholt. Ich weiß, dass es absurd ist, aber ich habe einfach Angst davor. Und ich weiß auch nicht, wieso ich vorhin etwas gesagt habe.'

Ich schwieg, weil ich weder wusste, was ich dazu sagen sollte, noch fiel mir eine weitere Frage ein. Ich konnte mir immer noch nicht vorstellen, dass er wirklich so gewesen ist und das getan hatte. Wirklich nachvollziehen konnte ich ebenfalls noch nicht, doch man sah, dass es ihm damit nicht gut ging und es ihm auch nicht leicht fiel darüber zu reden. Zögernd zog ich ihn langsam zu mir und legte meine Arme vorsichtig um seinen Körper. Er erwiderte zaghaft die Umarmung und ich hörte nach wenigen Sekunden bereits die ersten Schluchzer. Sanft strich ich ihm über den Rücken, um ihn ein wenig zu beruhigen.

Wir verweilten so lange, bis es an der Tür klopfte und diese dann aufging, ohne dass wir herein baten. Yoongis Eltern kamen in das Zimmer und als sie Yoongi sahen kamen sie sofort zu uns. Ich hatte mich von Yoongi gelöst, welcher sofort von seinen Eltern umarmt wurde. Zögernd stand ich vom Bett auf, um seinen Eltern Platz zu machen. "Wie geht es dir Schatz?", fragte seine Mutter besorgt. Zögernd verließ ich den Raum und ging zu dem Schwesternzimmer. Ich klopfte an und eine Schwester machte die Tür auf. "Äh von Min Yoongi sind die Eltern jetzt da."

"Okay gut, ich sag dem Doktor bescheid, der wird dann gleich kommen.", sagte sie und ich bedankte mich. Dann ging ich wieder in das Zimmer von Yoongi und blieb ein Stück vom Bett entfernt stehen, ich wollte den Eltern nicht irgendwie im weg stehen. Sie redeten auf Yoongi ein, doch was sie sagten wusste ich nicht, da meine Aufmerksamkeit Yoongi galt. Ich musste über all das nachdenken, was er gesagt hatte und war mir immer noch nicht sicher, was ich davon halten sollte. Klar war aber, dass ich ihn nicht alleine lassen würde, es sei denn er würde es wollen. Ich wollte für ihn da sein und auch als einen guten Freund beibehalten, das war mir jetzt klar geworden. Ob es aber noch mehr als Freundschaft werden würde wusste ich nicht.

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