𝐗𝐕𝐈

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𝐋 ⋆

»Wenn ich das nicht mal ›typisch Louis‹ nennen würde...«

Ich öffnete die Augen. Die schwindende Schwärze färbte die weiße Decke grau. »Was?«, fragend blinzelte ich zu Zayn hinüber. Sein Blick auf die Decke war keiner; ein aufgeschlagenes Buch lag über seinem Gesicht.

Um Millimeter schob sich der Buchrücken höher nach oben. Eindeutiges Grinsen. »Dass du mit der tollen Auswahl an Kaffee für das Café wirbst und dann Tee trinkst. Typisch Louis. Kein Wunder, dass Harry nichts getrunken hat. Vermutlich ist sein Geschmack einfach nur besser als deiner und er wollte Kaffee. Aber du hast ihn mit deinem Ekel-Tee verschreckt.«

Empört stützte ich mich auf meinen Ellenbogen. Meine Matratze war nicht allzu weich, sie gab kaum unter dem Gewicht nach. »Wieso tust du jetzt so, Z? Du magst Tee!«

»Ja.« Seine Stimme war gedämpft von dem Papier, gegen das er sprach. »Aber nicht mehr als Kaffee. Und ich würde es Harry nicht verübeln, wenn er Tee gar nicht ausstehen kann.«

»Er hat schon abgelehnt, bevor er überhaupt wusste, was ich trinke! Deine Theorie ergibt also absolut keinen Sinn.«, stellte ich – zugegeben etwas trotzig – klar.

»Mhm.«, brummte Zayn in einer hübsch ironischen Tonlage, obwohl er natürlich wusste, dass ich Recht hatte. »Aber mal im Ernst, Lou«, endlich nahm er das Buch doch von seinem Gesicht. ›Civilisations and Its Discontents‹. Ihh. »Denkst du, Harry hasst dich insgeheim? Ist er so verwirrend oder bist du nur verwirrt? Lässt du dich verwirren?«

Ich zuckte unbeholfen mit den Schultern und mein Arm unter mir knickte weg. Mit dumpfem Knall landete mein Kopf zurück auf dem Kissen. »Das ist das Problem; ich weiß es nicht.«

Ich musste Zayn nicht ansehen, um zu wissen, dass ihn diese Antwort nicht befriedigte. Mich befriedigte sie ja auch nicht. »Okay. Aber...wenn du ganz tief in dich hineinhörst-«

»Du hörst dich an wie meine Mum.«

»Wenn du ganz tief in dich hineinhörst«, wiederholte er überspitzt, aber trotzdem in vollem Ernst der Intention, »zu welchem Schluss kommst du dann? Zu welchem Gefühl? Was möchte Harry?«

Zischend ließ ich warme Luft langsam zwischen meinen zusammengepressten Lippen herausströmen. »Ich weiß es wirklich nicht. Ich denke...ich weiß nicht. Es ist so schwer, ihn einzuschätzen. Die meiste Zeit glaube ich schon, dass er das mit dem Kennenlernen ernst meint. Dass er es wirklich will. Aber...keine Ahnung, nichts passiert. Er redet und lächelt, aber vor allem schweigt er. Schweigen ist so viel schwerer zu deuten.«

»Hmmm.«, summte Zayn nachdenklich. Ich schloss wieder die Augen. »Schweigt er, weil er dir zuhört? Oder weil er nichts zu sagen hat?«

Kannte ich die Antwort auf diese Frage? »Er hört mir viel zu, glaube ich. Oder zumindest tut er so, als würden die Sachen, die ich erzähle, ihn interessieren. Ehrlich gesagt rede ich sehr viel um Harry herum. Mehr als in vielen anderen Situationen.«

»Weil du kompensierst? Oder weil du dich wohl fühlst?«

Ich versuchte, mich in Harrys Gegenwart zurückzuversetzen. Harry direkt neben mir auf einer Bank, gegenüber im Café, Schulter an Schulter im Seminarraum, barfuß im Wind der Bushaltestelle. Der Blick grüngesprenkelter Augen auf dem Rücken meiner Nase. »Beides. Ich versuche, sein Schweigen zu kompensieren. Manchmal, aber manchmal auch nicht. Ich fühle mich auch wohl..? Nicht immer, aber viel, denke ich. Er ist ruhig.«

wait for me in the skyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt