Mittagessen

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- Chester -

Nach zwei Stunden habe ich meine Sachen in dem kleinen Schrank in meinem neuen Zimmer verstaut, Peter Pans Sattel und Trense an die freien Haken in der Sattelkammer gehängt und mich ein wenig auf dem gepflegten Grundstück der Ranch umgesehen.

Es gefällt mir wirklich gut. Die Gebäude, die von außen in einem freundlichen Gelb gestrichen sind, sind auch innen einladend und gastlich gestaltet. Die Pferde stehen in großen, mit frischem Stroh eingestreuten Boxen und rund um den Hof ist nichts zu sehen als weitläufige Wiesen.

Vielleicht, wenn die Williams mich lassen, kann ich hier meinen Frieden finden.

Gerade hieve ich zusammen mit Ray, einem dunkelhaarigen Kerl, aus dessen Mund mehr Schimpfwörter als normale Sätze zu kommen scheinen, den letzten Sack Mineralfutter von der Ladefläche des Pick-Ups. Plötzlich ertönt das Klingeln einer Glocke und ich reiße erschrocken den Kopf hoch. Sofort bin ich in Alarmbereitschaft.

Ray grinst aber nur und deutet zum Haus der Williams, wo Rebecca auf der ausladenden Veranda steht und immer noch die Glocke läutet.

"Guck nicht so komisch!", lacht er mich an. "Das bedeutet nur, dass es jetzt Mittagessen gibt. Die Glocke ist dazu da, dass wir sie auch hören, wenn wir hinten an den Koppeln beschäftigt sind oder die Zeit vergessen. Würde mir aber ehrlich gesagt nie passieren, weil Becca echt verflucht gut kocht."

Mit diesen Worten springt er von der Ladefläche und marschiert los in Richtung der Veranda. Schulterzuckend folge ich und komme zeitgleich mit Jesse an, der sich nach einem kurzen Gruß neben mich auf einen der Stühle fallen lässt, die rund um den massiven Holztisch stehen, der den Großteil der Veranda einnimmt.

Während Rebecca Teller auf den Tisch stellt, die wir schnell verteilt haben, verschwindet sie mit einem kleinen Lächeln im Haus und kommt wenig später mit einer duftenden Auflaufform wieder.

Kenny, der gerade um die Ecke des Stalls biegt, sieht das und rennt los. "Becca, ich liebe dich, meine Göttin!", jubelt er albern und wir alle lachen, als er sich mit glänzenden Augen und breitem Grinsen auf einen freien Stuhl setzt, den Auflauf fest im Blick.

Ohne mich anzusehen erklärt er:
"Chester, das hier ist der weltbeste Blumenkohl-Speck-Auflauf, den du je essen wirst! Du hast so ein Glück, dass du heute ankommst."

Verstehend schmunzle ich und reiche Rebecca meinen Teller, als ich an der Reihe bin. Gerade als wir fertig sind mit Verteilen, stößt Joe dazu, etwas dunkles, das verdächtig nach Motoröl aussieht, im Gesicht. Seine Frau will sofort aufspringen und seinen Teller füllen, aber er haucht ihr nur einen Kuss auf den Scheitel und winkt ab.

"Danke, aber bleib sitzen, Schatz. Ich mach das schon."

Damit sind wir vollständig. Im nächsten Moment jedoch zieht Rebecca irritiert die Augenbrauen zusammen und fragt in die Runde: "Hat jemand Jaime gesehen?"

Die anderen Jungs schütteln ratlos den Kopf, sodass ich hastig herunterschlucke, was ich im Mund habe und ein wenig schuldbewusst antworte: "Er wollte ausreiten. Ich soll dir ausrichten, dass er zum Essen nicht zurück sein wird. Tut mir leid, das hätte ich früher erwähnen sollen."

Rebecca nickt nur dankend und winkt ab. "Keine Sorge, Chester. So ist er nunmal, das werden wir nie ändern, schätze ich." Mit diesen Worten beginnt sie zu essen und das Thema schient beendet zu sein.

Tatsächlich habe ich Jaime wohl einfach verdrängt. Mir ist immer noch nicht klar, wieso er so tut, als hätte ich seinen Hund geschlagen oder ihn beleidigt. Aber sein bitchiges Gehabe geht mir auf die Nerven. Ich habe mich schon oft genug mies behandeln lassen, da brauche ich ihn nicht auch noch dazu.

Catch Me, Cowboy!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt