- Jaime -
Mums warmer Blick ruht mitleidig auf mir, aber Chesters Brief in ihrer Hand lässt mich den Blick sofort wieder abwenden, der Anblick erscheint mir unerträglich.
Meine Augen sind immer noch verheult, meine Kehle kratzig und ich habe kein einziges Wort gesagt, seit sie alle vom Dorffest nach Hause gekommen sind.
Es ist mittlerweile nach Mitternacht und der Alkoholpegel im Raum ist merklich hoch.
Aber ich habe ihnen allen mit Absicht nicht früher Bescheid gegeben, sondern gewartet, bis das Fest vorbei und sie hier waren. Es reicht schon, wenn einer nichts davon hatte.
Jetzt stehen sie um mich herum in unserem Wohnzimmer, alle mit demselben ungläubigen und betrübten Ausdruck im Gesicht.
Ich selbst bin immer noch wie betäubt. Ich kann nicht glauben, dass Chester wirklich gegangen ist.
Wieder steigen mir Tränen in die Augen und ich hole heftig Luft, um die Kontrolle über mich zu behalten.
Das droht jedoch zu scheitern, weshalb ich mich kurzentschlossen aus dem Sessel erhebe und fluchtartig den Raum verlasse.
„Ich gehe ins Bett. Bin müde", ist alles, was ich den anderen heiser zu murmle. Keiner sagt irgendwas darauf. Ich bin ihnen dankbar dafür, dass sie mich gerade in Ruhe lassen.
In meinem Zimmer angekommen schmeiße ich mich mit Klamotten aufs Bett und kneife die Augen zusammen. Krampfhaft denke ich an etwas anderes als an Chester.
Doch im nächsten Moment steigt mir ein vertrauter Geruch in die Nase, der die Tränen sofort wieder fließen lässt. Es ist noch keinen ganzen Tag her, da lag Chester noch genau hier mit mir.
Ich hätte nie gedacht, dass das mit uns so schnell zu Ende gehen würde.
Mit einem frustrierten Knurren wälze ich mich herum und starre an die Decke. Das wird mit Sicherheit eine lange Nacht voller Gedanken, die mir nicht helfen können.
...
„Mum, Dad, ich werde nach Kalifornien fliegen."
Dad verschluckt sich an seinen Kaffee und starrt mich nur irritiert an, während Mum bekümmert das Gesicht verzieht. Sie hat sofort verstanden, was ich vorhabe.
„Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist, Jaime?", fragt sie vorsichtig. Aber ich nicke entschlossen.
Der Gedanke ist mir gestern Abend nach stundenlangem Rumliegen gekommen.
Wenn Chester einfach ohne eine Erklärung abhaut, dann werde ich ihm eben hinterher reisen und mir ihn holen - und seine verfluchte Erklärung.
Um drei Uhr nachts habe ich voller Tatendrang meinen Laptop geholt und solange gegoogelt, bis ich seine Eltern gefunden habe: Ophelia und Adam Hale, CEOs einer der erfolgreichsten IT Management Kanzleien in ganz L.A.
Ich habe auch Bilder der beiden gefunden. Sie eine unnahbare Schönheit mit südlichem Einschlag. Lange, glänzend schwarze Locken und starke Gesichtszüge mit einem perfekten Körper, während ihr Ehemann Chesters stechend grüne Augen hat.
Trotz der erkennbaren Ähnlichkeit zu seinem Sohn hat mir Adam Hale schon auf den Bildern einen kalten Schauder über den Rücken gejagt. Es würde mich nicht wundern, wenn Chesters Unwille, über seine Familie zu sprechen, etwas mit seinem Dad zutun hat.
Schließlich seufzt Dad und fährt sich durch die roten Haare.
„Okay, Jaime. Ich finanzier dir sogar das Ticket, wenn du mir eines versprichst."
DU LIEST GERADE
Catch Me, Cowboy!
RomanceJaime Williams lebt das Klischee eines Cowboys: dreckige Schuhe, einen Hut in der Stirn und ein freches Grinsen auf den Lippen. Außerdem arbeitet er auf der Ranch seiner Eltern und er liebt es. Nichts ist schöner als die Zeit bei den Pferden oder d...