Kannst du bitte bleiben?

465 29 18
                                    

- Chester -

Die Angst sitzt immer noch eiskalt in meinen Knochen, während ich ruhelos den Gang des kleinen Krankenhauses entlang tigere. Jaime wird im angrenzenden Zimmer gerade behandelt.

Nachdem ich ihn nur noch halb bei Bewusstsein zurück zur Ranch gebracht habe, haben wir sofort hier im Krankenhaus angerufen und sind losgefahren, weil das schneller ging als auf einen Krankenwagen zu warten. 

Ich ärgere mich so über mich selbst, dass ich heute morgen vergessen habe, mein Handy einzupacken. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass Jaime eins dabei hat, falls was passieren sollte. Woher sollte ich denn wissen, dass er mit Absicht keines mitgenommen hatte?

Nervös fahre ich mir durch die Haare. Ich kann an nichts anderes denken als an Jaimes schmerzerfüllte Schreie und seine blasse, schweißglänzende Haut. Ziemlich sicher ist der Biss nicht lebensgefährlich, aber dennoch pumpt das Adrenalin immer noch durch meine Adern und verhindert, dass ich mich beruhige. Stattdessen begleitet mich das schnelle Hämmern meines Herzens bei jedem Schritt. 

Ich will verdammt nochmal nicht, dass ihm was passiert!

Als ich jemanden kommen höre, löse ich meinen Griff aus meinem Nacken und drehe mich zu Joe und Rebecca um, die mit Kaffeetassen aus der Cafeteria den Gang entlang kommen. Auch sie wirken noch ein wenig durch den Wind, aber deutlich gefasster als ich.

Rebecca gibt mir eine der warmen Tassen und drückt beruhigend meinen Arm. "Mach dir keine Sorgen, kaum ein Biss ist wirklich gefährlich und Jaime wird sich schon durchkämpfen. Du hast alles getan, was du konntest und wir sind dir unglaublich dankbar dafür, Chester."

Ich nicke nur und lächle sie schwach an. Sie hat recht, aber dennoch spielt sich die Szene immer wieder in meinem Kopf ab und ich frage mich, was hätte anders laufen können. Gleichzeitig hoffe ich darauf, dass sich die Zimmertür öffnet und der Doktor herauskommt und uns endlich sagt, wie es Jaime geht.

Hinter mir telefoniert Joe mit Jesse, der zusammen mit Kenny und Ray auf der Ranch geblieben ist. Irgendjemand muss ja da bleiben, während wir hier auf Jaime warten.

Mein Kaffee ist schon lange leer, als die Tür vorsichtig geöffnet wird und Dr. Finnick, ein älterer Mann mit großer Brille, heraustritt. Als er uns sieht, lächelt er beruhigend.

"Es geht ihm gut, seine Werte sind stabil. Das Gegengift hat schnell gewirkt. Er muss sich nur noch ausruhen und wir würden ihn gerne bis morgen hier behalten, nur zur Sicherheit." Dann fällt sein Blick auf mich. "Sie sind der junge Mann, der bei Jaime war, oder?" Ich nicke nur stumm, erfüllt von Erleichterung über die gute Nachricht.

"Ein großes Lob, dass sie so gut reagiert haben. Dank Ihnen ist alles problemlos verlaufen."

Mit diesen Worten schüttelt er uns allen die Hand und marschiert dann ins nächste Behandlungszimmer. Joe und Becca betreten jetzt Jaimes Zimmer. Ich weiß, dass ich theoretisch zurück zur Ranch gehen könnte, weil es ihm gut geht und er Gesellschaft hat, aber alles in mir sträubt sich. Selbst wenn Jaime nichts von meiner Anwesenheit hat, ich kann ihn jetzt nicht alleine lassen.

Also mache ich es mir mehr oder weniger bequem auf den Stühlen des Wartebereichs und warte.

Etwa eine halbe Stunde später verlassen Jaimes Eltern sein Zimmer und lassen mich eintreten. Nachdem ich ihnen versichert habe, dass ich so oder so hier bleiben werde, fahren sie schließlich zurück zur Ranch. Helfen können wir Jaime ja sowieso nicht weiter.

Bevor ich die Tür jedoch schließe und zum Bett trete, atme ich tief durch. 

Jaime liegt relativ aufrecht in einem Haufen Kissen. Sein Körper in einem dieser Krankenhauskittel sieht irgendwie komisch aus, unpassend. Genau wie die Nadeln in seinem Handrücken und die blasse Farbe seines Gesichts. Er wirkt müde, aber wenigstens ist sein Blick wieder klar und seine Haut trocken.

Catch Me, Cowboy!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt