- Chester -
Ich liege vollkommen still, meine Jacke als Kissen unter meinem Hinterkopf gefaltet und die Augen auf die dunkle Zeltdecke gerichtet. Zu meinen Füßen spüre ich die Körperwärme von Ticky, die sich in der Zeltecke zusammengerollt hat. Es ist bestimmt schon nach Mitternacht und trotzdem kann ich nicht schlafen. Zu viel geht mir durch den Kopf.
Was hat der Kuss mit Jaime zu bedeuten? Hat er nur erwidert, weil er seinen Frust abbauen wollte und wird er mich morgen früh wieder wie ein Arschloch behandeln oder hat sich etwas zwischen uns geändert?
Und selbst wenn es so wäre - will ich das denn überhaupt? Will ich etwas mit Jaime Williams anfangen? Während mein Körper ganz eindeutig Ja! schreit, funkt mein Verstand dazwischen. Ich habe genug mit meiner jetzigen Familie um die Ohren, da brauche ich keinen zusätzlichen Druck.
Was Mum wohl macht? Bereut sie es, sich auf Dads Seite gestellt und mich mehr oder weniger von Zuhause weggejagt zu haben oder ist sie froh, dass ich keinen Ärger mehr mache und sie in Ruhe ihre Firma leiten kann? Ich kann nicht umhin darüber nachzudenken, ob ich je wieder Kontakt zu meinen Eltern haben werde. Und die Vorstellung, wie dieses Gespräch ablaufen könnte, gefällt mir nicht. Es wird unausweichlich darum gehen, mich zurück nach Los Angeles zu holen, wie auch immer sie das anstellen wollen.
Unruhig geworden durch dieses Kopfkino rutsche ich ein wenig in meinem Schlafsack umher. Anscheinend habe ich den schlafenden Jaime neben mir dabei angestoßen, denn er dreht sich mit einem tiefen Seufzer herum, sodass ich jetzt direkt in sein schlafendes Gesicht schaue.
Ich nutze die Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten. Jaime ist wirklich hübsch, auf eine gefällige, angenehm anziehende Art. Obwohl seine Gesichtszüge sanft sind, wirken sie dennoch männlich genug, um ihn nicht wie ein Mädchen erscheinen zu lassen. Jetzt im Schlaf sind seine gleichmäßigen Augenbrauen entspannt und seine Stirn geglättet und mir fallen zum ersten Mal die leichten Sommersprossen auf seinen Wagen auf, die vom Schatten seiner Wimpern verdunkelt werden.
Eine Strähne seines dunkelblonden Haars hat sich verselbstständigt und hängt ihm jetzt in die Stirn. Je länger ich ihn betrachte, desto übermächtiger wird das Bedürfnis, diese Strähne zurückzustreichen, aber ich halte mich zurück. Was, wenn er aufwacht und bemerkt, dass ich ihn einfach angefasst habe? Er wird sicher nicht begeistert sein.
Tief durchatmend schließe ich die Augen und drehe mich von ihm weg, fahre mir mit der Hand durchs Gesicht und die Haare, um mich ein wenig zu beruhigen. Schlaf einfach weiter, Mann, okay?, versuche ich mir zuzureden und es hilft, denn irgendwann drifte ich in einen unruhigen Schlaf ab.
...
Nach dem Frühstück brauchen wir nur noch knapp zwei Stunden, bis die Ranch der Brighton-Familie vor uns auftaucht. Kaum dass wir in Sichtweise sind, kommen auch schon zwei Reiter auf uns zu, um uns mit der Herde zu helfen.
Jaime grüßt die beiden und wendet sich an die ältere Frau mit den kurzen, grauen Haaren. "Guten Morgen, Amy. Danke, dass ihr uns entgegengekommen seid."
Als die Angesprochene lächelt und abwinkt, als wäre das selbstverständlich, bevor sie dem jungen Cowboy neben sich ein Handzeichen gibt, weiter nach links zu reiten, wird mir klar, dass sie die Besitzerin der Ranch und somit Mrs. Brighton sein muss. Grüßend tippe ich mir an den Hut, was sie erwidert, bevor sie sich bei Jaime erkundigt:
"Hat auf dem Weg alles geklappt?"
"Ja, eines der Kälber wollte ausbrechen, wir haben es aber rechtzeitig wieder eingefangen. Die Herde ist vollständig."
Mrs. Brighton nickt zufrieden und bedeutet uns ihr zu folgen, während sie ihren Fuchs in Bewegung setzt. "Gut. Dann kommt mal mit, Jungs."
Von da an wird es geschäftig. Zu viert treiben wir die Rinder in ein abgegrenztes Gatter, bevor wir unsere Pferde absatteln und in Boxen stellen, wo sie trinken und fressen können, die der junge Cowboy uns zeigt. Jaime weist seine Hündin an, draußen im Hof zu warten. Dann werden wir ins Haupthaus zu Mrs. Brighton geführt, wo bereits Getränke und dampfende Nudeln mit Fleischklößen auf uns warten.
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Catch Me, Cowboy!
RomanceJaime Williams lebt das Klischee eines Cowboys: dreckige Schuhe, einen Hut in der Stirn und ein freches Grinsen auf den Lippen. Außerdem arbeitet er auf der Ranch seiner Eltern und er liebt es. Nichts ist schöner als die Zeit bei den Pferden oder d...