Erste Begegnungen

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- Jaime -

Der vertraute Geruch der Bar schlägt mir sofort entgegen, als ich durch die Tür trete. Ray hinter mir stößt einen kleinen Jubelschrei aus und wir lachen. Nur in Micks Bar löst der Geruch nach verschüttetem Bier, Zigarettenrauch und jeder Menge fettigem Essen ein Grinsen bei uns allen aus.

"Hey Joe! Alles klar bei dir? Soll ich euch gleich eine Runde Bier bringen, Jungs?", begrüßt uns der Barbesitzer mit einem breiten Grinsen und kommt auf uns zu, während er sich die Hände mit einem Handtuch abtrocknet.

Michael - oder Mick, wie ihn alle nennen - ist ein großer, stämmiger Mann mit braunen Haaren und freundlichen, grauen Augen. Wenn irgendjemand jeden einzelnen Bewohner von Blue Bufffalo Creek kennt, dann ist es Mick. Und zufälligerweise ist er auch Janets Vater.

Wir antworten mit einem einstimmigen Gruß und bestätigendem Nicken. Mick lacht und winkt dem jungen Mädchen zu, das noch hinterm Tresen steht und spült. Dann klopft er meinem Dad auf die Schulter und lässt sich bei uns am Ecktisch nieder. Hier sitzen wir aus Gewohnheit jedes Mal.

"Und, wie läuft es so auf der Ranch? Hier unten im Städtchen gibt's leider nichts Neues, fürchte ich. Meine Frau beklagt sich schon, dass das Leben so langweilig geworden ist", erzählt er und grinst schief. Während mein Dad von Ginnys Flug und vom Leitungsbruch im Stall erzählt, werden volle Biergläser vor uns auf den Tisch gestellt.

Kenny hebt seines dankend in Richtung der Bedienung, bevor er ihr schelmisch zuzwinkert. Das blonde Mädchen, das glaube ich Josy heißt, lacht nur und schüttelt den Kopf, bevor sie zurück zur Theke läuft.

Ray klopft seinem Kumpel grinsend auf die Schulter. "Mann, du versuchst es jetzt schon mindestens zum fünften Mal. Sie springt einfach nicht auf deinen Sunnyboy-Charm an."

Grummelnd nimmt der blonde Cowboy einen großen Schluck und ignoriert Ray demonstrativ.

Wir unterhalten uns eine Weile über belanglosen Kram, bis plötzlich das spaßige Grinsen aus Micks Gesicht verschwindet. Er lehnt sich ein wenig über den Tisch und wirft einen skeptischen Blick auf etwas hinter meinem Kopf, bevor er sich räuspert.

"Ich denke, ich habe eine Lösung für euer Problem mit der freien Stelle. Ich weiß jemanden, der ziemlich sicher einen guten Job machen würde", meint er schließlich und sieht Dad und mich abwechselnd mit erwartungsvollen Augen an.

Blinzelnd erwidere ich seinen Blick, warte darauf, dass er uns ein paar mehr Informationen gibt. Innerlich spüre ich Hoffnung in mir aufsteigen. Es wäre quasi ein Wunder, wenn sich gerade jetzt, wo wir wirklich dringend Hilfe brauchen, jemand vernünftiges hier nach Blue Buffalo Creek verirren würde.

Als der Barbesitzer nichts weiter sagt, zuckt Dad mit den Schultern. "Das ist toll, Mick. Wer ist es denn und wann können wir sie oder ihn kennenlernen?"

"Könnt ihr morgen gegen Mittag hier vorbeikommen? Dann stelle ich ihn euch vor. Er ist nur im Moment... nicht hier", druckst Mick herum.

Ich finde seine stockende Antwort ein wenig seltsam, belasse es aber dabei, als mein Vater schließlich nickt.

"Klar, wir müssen morgen früh sowieso das Ersatzteil für die Leitung bei Vivien im Laden abholen." Nachdem das geklärt ist, wechselt das Gespräch genauso schnell wieder die Richtung zum geplanten Dorffest in ein paar Wochen.

Gelangweilt nehme ich einen weiteren Schluck von meinem Bier und muss feststellen, dass es bereits leer ist. Habe ich wirklich so schnell getrunken...?  Offensichtlich hatte ich Durst. Kopfschüttelnd erhebe ich mich und lasse meinen Blick zu den Jungs gleiten.

Catch Me, Cowboy!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt