- Chester -
"Chest, weißt du, wo die große Heugabel hin ist?"
Ich hebe den Blick von der Boxentür, die ich gerade geschlossen habe und schüttle den Kopf in Kennys Richtung. "Nope, keine Ahnung."
Selbst über die Entfernung ist ihm die Enttäuschung so deutlich anzusehen, dass es mir mal wieder ein Grinsen entlockt. Kenny wirkt manchmal mehr wie ein Kind als wie ein riesiger, baumartiger Kerl.
Jesse führt gerade Honey in die Box neben mir und gibt mir ein Zeichen, dass wir fertig mit dem Reinstellen der Pferde sind. Ich nicke ihm zu und schlendere dann zu Kenny, der immer noch etwas verloren in der Stallgasse steht.
"Hast du Ray schon gefragt? Er benutzt sie meistens, wenn er den Mist umschaufelt", frage ich ihn. Kennys blaue Augen weiten sich und er grinst.
"Hab ich nicht. Danke dir, Chester. Ich dachte schon, ich müsste das Heu jetzt mit den Händen durch die Gegend tragen", zwinkert er, woraufhin ich schnaube. "Das erspare ich dir lieber mal."
Mit diesen Worten ist Kenny auf dem Weg, um die Gabel zurückzuerobern.
Plötzlich steht Jesse neben mir und deutet mit dem Kinn wage in Richtung des Hauses der Williams. "Wir sind ja hier fertig, hilfst du mir, den Tisch zu decken? Dann ist Becca nachher schneller und wir können bald essen."
Also machen wir uns zusammen auf dem Weg aus dem Stall und quer über den Hof. Mittlerweile hat mein Alltag hier auf der Ranch schon so eine feste Ordnung, dass ich mich richtig Zuhause fühle.
Seit dem Gespräch zwischen Jaime und Janet sind zwei Tage vergangen und gestern war sie einmal kurz da, um irgendein Ersatzteil für den Traktor vorbeizubringen, das ihre Mutter bestellt hatte. Das Ende vom Lied war, dass sie zum Abendessen geblieben ist.
Wenn Jaime nicht während des Essens nach meiner Hand gegriffen und sie beruhigend gedrückt hätte, hätte ich wahrscheinlich die Zähne gebleckt und geknurrt wie ein Tier, weil sie direkt neben Jaime gesessen und nicht für eine Minute aufgehört hat, mit ihm zu quatschen. Zu meiner Erleichterung hat sich aber zwischen Jaime und mir nichts geändert, auch wenn er jetzt wieder gut mit seiner Ex ist.
Wir verbringen nach wie vor so viel Zeit wie möglich zusammen und mittlerweile ist es fast Routine, dass er nachts heimlich zu mir ins Zimmer kommt.
Bei den Gedanken muss ich unwillkürlich grinsen, was mir einen schiefen Blick von Jesse einbringt. Seit einer Weile habe ich die Ahnung, dass zumindest die Jungs wissen, was zwischen uns abgeht.
Während wir noch Getränke und Gläser auf den Tisch stellen, weht schon ein verführerischer Duft zu uns nach draußen und lockt nach und nach auch alle anderen an. Als Rebecca dann endlich mit zwei Pfannen mit Schnitzeln und Bratkartoffeln mit Dämpfgemüse aus der Küche kommt, knurrt mein Magen schon hörbar.
Das Essen verläuft wie immer. Erst herrscht gefräßige Stille, dann kommen heitere Gespräche auf, bis einer aufsteht und anfängt abzuräumen.
Als wir schließlich am leeren Tisch sitzen, fragt Ray in die Runde: "Wie siehts bei euch aus, Kenny und ich wollten heute Abend zu Mick in die Bar und das Fest antrinken? So ein ruhiges Bier klingt doch gut, bevor es morgen dann abgeht, oder?
Die anderen grinsen wissend und Joe und Jesse sind sofort dabei. Ich zögere jedoch, denn eigentlich schwebt mir für heute Abend ein besserer Plan vor.
Während mein Blick unauffällig zu Jaime zuckt, sieht der schon zu mir und schüttelt unmerklich den Kopf. Im nächsten Moment verkündet er: "Also ehrlich gesagt bin ich ziemlich platt. Ich passe, glaube ich, dusche lieber in Ruhe und chille. Aber viel Spaß euch."
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Catch Me, Cowboy!
Roman d'amourJaime Williams lebt das Klischee eines Cowboys: dreckige Schuhe, einen Hut in der Stirn und ein freches Grinsen auf den Lippen. Außerdem arbeitet er auf der Ranch seiner Eltern und er liebt es. Nichts ist schöner als die Zeit bei den Pferden oder d...