Herzrasen

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- Jaime -

Gespannt beobachte ich, wie Chester sich langsam in den Sattel sinken lässt, das Gesicht in einer konzentrierten Maske erstarrt.

Ihm pocht das Herz wahrscheinlich ähnlich heftig wie mir, denn immerhin ist er derjenige, der gerade auf einem blutjungen, noch nicht ausgebildeten Pferd sitzt, das ihn nicht kennt.

Aber auch nach zehn Sekunden, die sich ziehen wie Kaugummi, verhält sich Coco ruhig und mir entweicht der Atem, den ich wohl unbewusst angehalten habe.

„Sehr gut, dann treib sie mal zum Schritt", bitte ich Chester, der wortlos tut, was ich sage, sodass er im Round Pen um mich herumreitet.

Schon nach wenigen Runden sehe ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Chesters Körper passt sich feinfühlig den Bewegungen der jungen Stute an, sodass er sie trotz seiner großen Statue und des dementsprechenden Gewichts nicht stört und seine Hilfen sind unglaublich sanft. 

Eine Mischung aus Erleichterung und Stolz erfasst mich bei dem Anblick.

Auch Coco scheint zu gefallen, was Chester tut, denn sie läuft elastisch und fleißig und schnaubt nach einer Weile sogar ab. Ihre Ohren lauschen aufmerksam in seine Richtung.

Als Chester sich ein wenig vorbeugt, um sie zu loben, ist es schlagartig unmöglich, sich nur auf das Fachliche zu konzentrieren.

Ich kann gar nicht anders als zu bewundern, wie seine Schultermuskeln unter seinem Hemd arbeiten, als er den Arm ausstreckt - und wo wir schon dabei sind, seine muskulösen Beine, in engen Jeans und um die Flanke eines Pferdes geschmiegt, sind sehr schwer zu ignorieren.

Resigniert über meine Hormone seufze ich auf. Sofort zuckt Chesters Blick zu mir herüber und seine strahlend grünen Augen fixieren mich forschend.

Als würde er mich magnetisch anziehen, kann ich mich nicht mehr abwenden und meine Augen kleben auf ihm, ohne dass ich ein Wort sage. Ich habe keinen blassen Schimmer, was ich ihm erzählen würde.

Leichte Schauder rieseln meinen Rücken herunter und mein Herz pocht heftig, ganz so als wäre ich gerade gerannt. Nur mit Mühe schaffe ich es, mich zu räuspern. „Wenn du willst, kannst du gerne mal antraben", schlage ich vor und höre selbst, dass meine Stimme ein wenig zittert.

Er macht mich einfach fertig.

Als hätte er meine Gedanken gehört und wollte mich noch mehr provozieren, leckt er sich einen Schweißtropfen von der Oberlippe - noch während wir uns wie Gestörte anstarren.

Und ich? 

Ich bleibe einfach stehen und schlucke gegen die Trockenheit in meiner Kehle an, weil mir auf einmal Bilder von nicht ganz jugendfreien Dingen durch den Kopf schießen. Bei den Gedanken an das, was Chesters gerne mit seinen Lippen machen dürfte, treibt mir die Hitze auf die Wangen, sodass ich den Blick abwenden muss.

Ich höre Chester leise schnalzen und rechne schon damit, dass Coco sich irgendwie gegen die Hilfe wehrt - Austreten, Kopfschlagen und Buckeln habe ich alles schon unzählige Male bei ihr erlebt.

Einen Herzschlag später kommt Chesters Hilfe bei ihr an und kurz setzt mein Herz aus, als sich ihr Körper anspannt, wie um gleich loszustürmen. Doch bevor ich Chester eine atemlose Warnung zurufen kann, fällt die Stute in einen flotten Trab, als hätte sie ihren Lebtag nichts anderes gemacht.

Catch Me, Cowboy!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt