Happy Birthday!

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- Chester -

Ray ist tatsächlich rot geworden, als ich ihn auf der Fahrt nach Blue Buffalo Creek darauf angesprochen habe, dass heute sein Geburtstag ist. Mit einem entschuldigenden Schulterzucken hat er mir dann auf die Schulter geklopft, während Kenny, Jaime und Jesse ihren Spaß auf seine Kosten hatten.

Hier in Micks Bar wirkt er wieder deutlich entspannter. Sein ausgelassenes Lachen steckt alle in seiner Umgebung an und Josy, die blonde Bedienung, an der Kenny ganz offensichtlich Gefallen gefunden hat, bringt uns gerade die zweite Runde Bier.

Auch Becca und Joe sind dabei, sie sind aber gerade mit Mick in eine ruhigere Ecke gegangen, um irgendwas fürs Dorffest zu besprechen. Die Bar ist heute, an einem Freitag Abend, so brechend voll, dass man wirklich fast schreien muss, um sich zu verständigen.

"Die Runde geht noch auf mich", verkündet Ray und erntet Schulterklopfen und zustimmende Laute von uns. Er hält mir eine der Flaschen hin und zwinkert. "Hier, dein Bier. Jetzt kannst du nicht sagen, dass Raymond Welsh sich nicht an seine Versprechen hält!"

Lachend proste ich dem schon angeschickerten Cowboy zu. "Nein, das hätte ich nie behauptet, Ray!" Er nickt und deutet grinsend auf mich. "Ja, verdammt richtig, du verdammter Dreckskerl!"

Während er sich wieder auf seinen Stuhl fallen lässt, fällt mein Blick auf Jaime, der mir schräg gegenüber sitzt. Sein Blick schweift ohne festes Ziel durch den Raum, während er die Bierflasche an seine Lippen hebt.

In diesem Moment, in dem die Zeit langsamer zu werden scheint, ist er schöner als alles, was ich kenne.

Seine hellbraunen Haare glänzen und in seinen honigfarbenen Augen steht ein zufriedener Ausdruck, den ich in der Runde mit den anderen Jungs und seinen Eltern schon öfter gesehen habe. Es lässt seine Augen erstrahlen wie die Abendsonne, kurz bevor sie hinter den Horizont sinkt.

Irritiert von diesem poetischen Anflug, den ich bei mir nicht gewohnt bin, schüttle ich den Kopf. Auch mir scheinen die zwei schnellen Bier zu Kopf gestiegen zu sein.

Auch nicht so schlimm, es macht die Welt ja immerhin schöner, denke ich aber im nächsten Moment und mein Blick wandert sofort wieder zu Jaime. Diesmal fängt er meinen Blick direkt auf und erwidert ihn mit einem kleinen Schmunzeln im Mundwinkel. Als ich mich nicht bewege, hebt er eine Augenbraue und legt fast schon herausfordernd den Kopf ein wenig schief.

Doch bevor ich irgendwie darauf reagieren kann, legt Kenny mir einen seiner baumstammartigen Arme um die Schulter und brüllt mir ins Ohr: "Gleich kommt der Kuchen von Mick und Vivien und wir singen! Okay?"

Mein Blick ist mit Sicherheit alles andere als begeistert, denn Singen ist etwas, das ich anerkenne, wenn es jemand kann, aber sicher nicht selbst mache. Nichtsdestotrotz zwinge ich mich zu einem Lächeln und einem Nicken, als ich in Kennys begeisterte Augen blicke. Es wird schon nicht so schlimm.

Kaum dass Kenny den Tisch umlaufen und sich zu Jaime gelehnt hat, um auch ihm Bescheid zu geben, ertönen Beccas, Joes und Micks Stimmen, die Happy Birthday anstimmen. Neben Joe kommt Vivien mit einem Kuchen an unseren Tisch, dessen Kerzen sanft flackern.

Wenig später setzen wir anderen mit ein und auch wenn es fürchterlich schief ist, macht es mir in diesem Moment tatsächlich Spaß, mit den anderen zu singen. Ray sitzt einfach nur da, ein gerührtes Grinsen im Gesicht und die Ohren rot wie Tomaten.

Als dann nach der ersten Wiederholung auch die anderen Gäste mit einstimmen, ist der Gesang so laut, dass mir der Schädel vibriert. Jaime wirft mir einen gespielt leidenden Blick zu, woraufhin ich lachen muss und fast den Text verhaue, was an sich ja schon eine Leistung ist.

Catch Me, Cowboy!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt