11: Zu spät

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Unruhig wälzte ich mich herum und hielt die Augen fest geschlossen. Winstons Keuchen war laut und qualvoll und hielt mich wach. Erneut drehte ich mich und gelangte an den Punkt, an dem ich dachte, ich würde wahnsinnig werden. Wütend riss ich die Augen auf und starrte in die Dunkelheit der Müllhalde unter uns. Nichts war zu sehen, nichts war zu hören. Nichts außer dem regelmäßigen Atem meiner Freunde und Winstons angestrengte Versuche, ruhig zu bleiben. Ich spürte meinen Bauch knurren und seufzte lautlos. Wie lange würden wir noch durchhalten? Wie lange ohne Wasser und Essen? Pfanne und ich hatten zwar Dosen mit Essen gefunden - aber nur drei. Sie würden nicht fürs uns Alle reichen. Langsam setzte ich mich auf und löste Newts warme Hand von meinem Unterarm, ein leiser Laut des Unmuts entwich ihm doch schnell schlief er wieder ein. Ich konnte jetzt nicht weiter hier liegenbleiben, ich konnte nicht schlafen, nicht essen und nicht trinken. Mucksmäuschenstill erhob ich mich und stieg über die Gliedmaßen meiner Freunde, die alle tief schliefen. Auch die Infizierten waren verstummt und somit schloss ich, dass es sicher war, allein umher zu wandeln. Ich würde ja nicht lange unterwegs sein - nur kurz die Beine vertreten... Leise zog ich die rote Taschenlampe aus Thomas' Rucksack und schlich den Hang hinunter. Es war still. Zu still. Unnatürlich still und die feinen Härchen an meinem Nacken stellten sich alarmiert auf. Es fühlte sich an wie jene Ruhe in Horrorfilmen, bevor das Opfer erste Begegnungen mit dem puren Schrecken macht - oder stirbt. Hastig schüttelte ich den Kopf und konzentrierte mich wieder darauf, kein Geräusch zu machen. Je weiter ich die Müllhalde herabstieg, desto mehr Angst bekam ich bis alles in mir danach schrie, umzukehren und in die Sicherheit meiner Gruppe zu flüchten. "Reiß dich zusammen", zischte ich leise und schüttelte kurz den Kopf, bevor ich weiter hinab stieg. Meine Beine führten mich in einen weiten Gang hinein und noch immer auf der Hut schlich ich lautlos an der Wand entlang, über Trümmerteile und undefinierbare Dinge steigend. Was war nur aus unserer Welt geworden? Im Labyrinth war sie in Ordnung gewesen - keiner hätte gedacht das die Realität so aussehen würde. Im Endeffekt waren wir dort drin versorgt worden, den ganzen Tag lang auf der Lichtung sicher und am Abend schlossen sich die Tore und sperrten die drohende Gefahr von Grieverangriffen aus. Das hier war nicht unter Freiheit zu verstehen und ich erinnerte mich an Gallys Worte. Wir würden nie frei sein von unserer Vergangenheit und jener, die die Welt ins Chaos gestürzt hatte. Plötzlich schreckte ich zusammen und erstarrte mit dem Fuß in der Luft - waren das

Stimmen?

Sie klangen nicht nach meinen Freunden und die Cranks konnten nicht wirklich reden. Oder doch? Mucksmäuschenstill schlich ich näher in Richtung der Geräusche, obwohl mir immer und immer wieder das gleiche Sprichwort im Hinterkopf schwebte: Neugier ist der Katze Tod. "Das hier is ne verdammte Müllhalde und wenn wir nich gleich abhauen dann stecken wir uns an!" Rasch knipste ich Thomas' Taschenlampe aus und drückte mich gegen die Wand, als ich Lichter aus einem der parallelen Gänge flackern sah. "Entspann dich, wir haben genug Munition", antwortete eine tiefe männliche Stimme und den Atem anhaltend schlich ich näher. Es gab doch noch andere Menschen. Vorsichtig lugte ich um die Ecke und erstarrte. Zwischen zwei alten Sofas und mehreren Regalen voll mit nicht identifizierbaren Dingen befanden sich zwei alte Jeeps ohne Türen. Die Besitzer waren eine Gruppe abgekämpft aussehender Männer - nicht eine Frau unter ihnen zu entdecken. Lange Gewehre und Munitionsgürtel hingen über ihren alten Lederjacken. "Ich sag's dir doch wir waren hier schon mal und es gibt hier nichts - auch keine anderen Gruppen!", sprach einer mit langen dunklen Haaren, welche er im Nacken zusammengebunden hatte und lief zurück in Richtung Jeep. Ich sollte zurück zu meinen Freunden und ihnen von den Unbekannten erzählen - womöglich wussten sie etwas über den rechten Arm. Leise drehte ich mich herum und stieß erschrocken einen spitzen Schrei aus, Thomas' rote Taschenlampe fiel klirrend zu Boden. Eine Silhouette, etwas kleiner als ich, stand vor mir und ich starrte in das schwarze Loch der Pistole in ihrer Hand, welche genau auf meine Stirn gerichtet war. "Wen haben wir denn hier?", erklang eine starke, weibliche Stimme und ich schluckte. Jeder verbliebene Idiot der Welt wusste, dass ich mich in riesigen Schwierigkeiten befand. Ich hätte einfach umkehren sollen, als ich noch konnte. "Tut mir leid ich- ich will kein Ärger", versuchte ich es leise, um die Männer hinter uns nicht zu alarmieren und wollte einen Schritt an der Person vorbei machen. "Hände hoch und da rüber" Sie nickte in Richtung der Männer und ich schloss kurz die Augen, um meine Chancen abzuwiegen. Sie war kleiner, doch ich wusste nicht, wie abgebrüht sie war und diese Mischung mit einer tödlichen Waffe in der Hand... Womöglich sollte ich hören. Langsam lief ich rückwärts in das Licht der Taschenlampen und überraschte Ausrufe erklangen, gefolgt vom Laden der vielen Waffen. Das wars. Ich würde sterben. "Geh weiter" Ich blickte in das Gesicht der Person von vorhin und war erstaunt. Vor mir stand ein dunkelhaariges Mädchen mit sehr kurzen Haaren. Ihr Gesicht hatte starke feminine Züge und in ihren Augen flackerte Neugierde, als auch sie mich zum ersten Mal sah. Sie schien in meinem Alter zu sein und war unleugbar hübsch. "Woher kommst du?", wollte sie sofort wissen und drängte mich weiter zurück, mit der Pistole in der Hand. Ich zögerte. Sollte ich ihr von meinen Freunden oder WCKD erzählen? Was, wenn sie alle zu den Suchkommandos gehörten? Ich warf einen prüfenden Blick um mich und mir war klar, dass hier niemand auch nur ansatzweise mit WCKD zusammenarbeiten könnte. Sie wirkten alle zu - rau. Keiner trug die Uniform der Soldaten, die mir bekannt waren. "Red schon", forderte das Mädchen und ich kniff die Augen zusammen, als sämtliche Taschenlampen und Strahler auf mich gerichtet wurden. "I-ich bin auf der Suche nach Nahrung. Meine Fr- Familie ist verstorben", stotterte ich rasch und blickte dem Mädchen weiterhin überzeugend lange in die Augen. "Bist du allein?" Da war sie. Die Frage. War ich denn allein? Ich wollte nicht, das Newt und die Anderen in die nächste Krise stolperten. Sie sollten den rechten Arm suchen und nicht mich. Ich würde es schon irgendwie hier raus schaffen. So nickte ich langsam und nachdenklich legte das Mädchen kurz den Kopf schief, bevor sie schließlich die Pistole in eine Tasche an ihrem Gürtel befestigte und mir zuzwinkerte. "Auf zu Jorge, er wird sich über dich freuen"

Verloren im Feuer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt