Kapitel 41: Schreckliche Offenbarungen

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Rasch riss ich mir meinen Schal über den Kopf und wickelte ihn schon um den Arm meines Freundes. Dieser starrte mich überrascht an. "Ich- hab's nicht mal gesehen" "Scheiße- Jorge sag Vince Bescheid- wir brauchen den Doc!", rief Thomas und Brenda fummelte an dem Gerät herum. Fest zog ich am Stoff des Schals und versuchte, den Blutfluss zu stoppen. "Drück das drauf!", fuhr ich Newt an, der ohne Widerspruch seine Hand auf Pfannes Arm drückte. Wild kramte ich in einem der Rucksäcke nach dem medizinischen Zeug, das jedes Auto zur Sicherheit bekommen hatte. Mit zitternden, blutigen Händen zog ich ein Päckchen Verbände hinaus, versuchte, die dünne Verpackung aufzureißen. Hektisch schob ich Newts Hand weg und riss Pfannes Ärmel nach oben, um die Wunde begutachten zu können. "Eine Fleischwunde", murmelte ich und begann, die Binden geschickt als Druckverband umzuwickeln. Es musste einfach reichen bis wir ärztliche Hilfe bekamen. Pfanne konnte nicht sterben. Ich drückte so fest auf die Schusswunde, dass Pfanne mir einen unbegeisterten Blick zuwarf. "Schnür meiner Hand nicht das Blut ab, kleiner Doktor" "Wenn ich hier fertig bin hast du wahrscheinlich keine mehr", grinste ich kurz zurück, doch meine kleine Bemerkung entlockte Pfannes Gesicht einen flüchtigen Hauch von Panik. "Schlechte Nachrichten Kids", erklang nun Jorges Stimme von vorne und wir hoben den Kopf. "Vince hat gesagt dass wir bald am sicheren Hafen sind und uns keine Pause leisten können. Meine Analyse dazu ist erstens: wir werden von Cranks aus der letzten Stadt verfolgt oder zweitens: der Weg ist noch weiter als gedacht und wir können uns tatsächlich keine Pausen leisten. Das Risiko, von WCKD auf offener Fläche in einer Karawane von mehr als 13 Wägen entdeckt und angegriffen zu werden, ist zu hoch" Brenda neben ihm zog geräuschvoll die Nase hoch und Thomas warf mir einen nervösen Blick zu. "Er hält doch durch, oder?" Ich spürte nach dieser Frage alle Blicke des Wagens auf mir lasten. Was sollte ich nun sagen? Ich war kein Arzt, hatte keinerlei medizinische Bildung. Zumindest Keine, an die ich mich erinnern konnte. Aber die Hoffnung, die in den Augen meiner Freunde glitzerte, konnte ich unmöglich ersticken. Immerhin war es nur eine Fleischwunde am Arm, auf dem ohnehin schon minutenlang ein Druckverband lastete. "Klar wird er es schaffen", sagte ich beiläufig und rollte die Augen, als wäre diese Frage absolut unberechtigt. Erleichterung flutete die Gesichter der Passagiere in Jeep 2 und Jorge machte sich an die Meldung für Vince. Etwas befreiter sprangen nun die Lichter auf und liefen zurück auf ihre Plätze, Pfanne wurde von Newt und Thomas auf den Sitz neben Harriet gehievt. Schließlich lies auch ich mich neben Newt fallen und lehnte erschöpft den Kopf gegen seine muskuläre Schulter. "Danke, Y/n. Wir können nicht noch mehr Lichter verlieren", hörte ich seine tiefe Stimme leise an meinem Ohr flüstern und meine Augen schlossen sich erschöpft.

Immer wieder hatten Pfanne und Thomas leise miteinander geredet, worüber, wusste ich nicht. Newt hatte mich nicht losgelassen. Seit Stunden hielt er mich fest an sich gedrückt, der Schlaf hatte ihn bereits beim Sonnenuntergang übermannt. Wie er so im Sitz lag, den Kopf zurückgelehnt und das Gesicht entspannt, wirkte er so friedlich. Ruhig, stumm, harmlos. Doch das war er nicht. Schon damals auf der Lichtung hatte ich beobachten können wie er alles dafür tat, dass es den Leuten, die er liebte, gut ging. Und ich war eine davon. Es hatte schon am Loch begonnen, als er all die Schaulustigen weggescheucht hatte. Dann bei den anzüglichen Kommentaren von dämlichen Baumeistern am Misthaufen oder als mich Gallys Handlanger entführt und misshandelt hatten. Zum Schluss, als wir gemeinsam ins Labyrinth ziehen wollten, hatte mich jemand gepackt. Newt hatte ihn bewusstlos geprügelt, bis Minho ihn zurückgezogen hatte. Nur der Hüter der Läufer hatte sich bis jetzt mit Newts Stärke messen können- die Beiden waren ziemlich ebenbürtig. Ich erinnerte mich an Pfannes Worte gestern Abend. Ich wäre diejenige gewesen, die Newt von seinen schlimmen Gedanken abgelenkt und bewahrt hatte. Wegen mir war er so beschützend geworden. Eigentlich sollte mir das eine Ehre sein - aber ich fühlte mich nicht geehrt. Ich fühlte mich schlecht. Als wären seine gewaltvollen Ausbrüche meine Schuld. Für viele Dinge, die mir geschehen waren, hatte ich nichts können, trotzdem war ich immer der Auslöser gewesen. Und nun, außerhalb des Labyrinths, außerhalb der Lichtung war Newts Verhalten brutaler als je zuvor. Er war nicht mehr in sicherer, bekannter Umgebung und reagierte vielleicht deshalb gereizter und gefährlicher als man ihn überhaupt einschätzen könnte. Doch nun hatte er bewiesen, das er zu allem fähig war. Ich wusste nicht, ob ich mich deshalb sicher oder bedrohter fühlen sollte. Genervt schüttelte ich den Kopf und versuchte in der Position, in der Newt mit mir eingeschlafen war, weiterhin zu verharren. Aber es war verdammt ungemütlich, mein Kopf hämmerte schmerzhaft. Und ich spürte einen starken Drang, nach Pfanne zu sehen. Schlief er? Wie ging es ihm? Sanft zog ich mich aus seinen Armen und streckte mich in die Dunkelheit des Wagens. Alle waren still, Thomas schnarchte leise neben Newt. Auch Harriet saß mit geschlossenen Augen auf ihrer Sitzbank, Pfanne hatte den Kopf zurückgelehnt und seine Körperhaltung war entspannt. Nur Brenda schien hellwach, ihre Augen blitzten ab und zu in der Dunkelheit auf, wenn sie zu den Fenstern hinaussah. Lautlos erhob ich mich und lief durch den stetig fahrenden Wagen eine Sitzreihe nach vorne zu Pfanne. In der Dunkelheit erkannte ich den Umriss seines Verbands und wusste: es war Zeit, den Druckverband abzunehmen - sonst hätte er morgen tatsächlich keine Hand mehr. Vorsichtig lies ich mich zwischen Harriet und meinen Freund fallen und weckte ihn mit einem sanften Schütteln an der unverletzten Schulter. "Was- Y/n?",murmelte er und wischte sich übers verschlafene Gesicht. "Shh, die Anderen schlafen. Ich wechsel deinen Verband", flüsterte ich und mein Freund nickte verschlafen, um mir seine Zustimmung zu signalisieren. "Wie geht's dir?" Stille. "Dumme Frage", antwortete ich mir selbst und legte den durchweichten Verband zur Seite. Wortlos wickelte ich den neuen, sauberen um den verletzten Arm und war anscheinend zu sehr in Gedanken versunken. "Au! Y/n!" Pfanne zischte und ich riss den Kopf hoch. "Sorry, Pfanne" "N bisschen sanfter bitte, das is alles Gulasch in meinem Arm!" Ich grinste meinem Freund zurück und als ich endlich fertig war, lies er den Kopf erschöpft wieder in die Lehne sinken. "Durchhalten, Pfanne. Halt einfach durch", murmelte ich und legte meine Hand an seine Stirn. Sie war heiß und verschwitzt: kein gutes Zeichen. Vermutlich braute sich um die verrostete Kugel herum eine schöne Infektion zusammen - wir mussten den sicheren Hafen erreichen. Und zwar schnell. Pfanne's Zeit wäre bald um. "Ay ich hab auf der Lichtung für 50 bärrnhungrige Jungs gekocht, war mit Gally befreundet, hab gegen Griever gekämpft und bin aus zwei WCKD-Anstalten rausgekommen. Diese rostige Kugel kann mir gar nix, Kleine", erwiderte Pfanne, doch im Licht von Harriet's Taschenlampe sah sein sonst so waches Grinsen etwas schief aus. Oh Gott steh uns bei. "Da bin ich mir sicher", lächelte ich beruhigend und als wäre das die Zusage, die er brauchte, schloss Pfanne erneut die Augen und sein Atem wurde wieder ruhiger. Kurz verharrte ich noch vor ihm. Er musste es schaffen. Er hielt uns alle zusammen, hatte uns bereits mehrmals das Leben gerettet und umgekehrt. Er durfte jetzt nicht gehen, das konnte er uns nicht antun. Ich spürte das Brennen von heißen Tränen in meinen Augen und wandte schnell den Kopf ab. Harriet's Licht erlosch, als hätte sie meine abrupte Reaktion bemerkt. Ich wollte hier keine Sekunde länger sitzen, meine Schwäche so offensichtlich zeigen. Rasch fuhr ich auf und blickte zu Jorge und Brenda nach vorne. Neben dem dunkelhaarigen Mädchen war noch Platz. Vorsichtig schob ich mich an meinen Freunden vorbei und kletterte durch den fahrenden Wagen nach vorne. Brenda rutschte wie selbstverständlich, um mir Platz zu machen und erleichtert lies ich mich auf den zerfetzten Sitz fallen. "Na? Kannst da hinten wohl nicht schlafen?", fragte das Mädchen leise und ich schüttelte den Kopf. "Viel zu unbequem mit diesen ganzen riesigen Knien und Ellbogen von den Jungs" Lüge. Kurz herrschte Stille, die Jorge schon bald wieder brach. "Er macht dir Angst, nicht wahr?" So überrascht von dieser Frage blieb ich stumm und dachte nach. Wer machte mir denn Angst? "Pfanne? Er wirds schon schaffen, war ja nicht umsonst drei Jahre im-" "Nein, ich meine Newt", unterbrach mich Jorge und ich erstarrte. Hatte ich Angst? Angst vor Newt? Um ihn? "Ja. Ich hab ihn so noch nie gesehen", flüsterte ich schließlich und Jorge nickte. "Ich kenn das. Diese Ausbrüche, die Gewalt und Aggressivität. Hab's schon hunderte Male gesehen" Ich saß kerzengerade da. Hieß das, dass er auch wusste, wie man dagegen vorgehen konnte? "Ehrlich? Wie haben sie sich wieder beruhigt?" Brenda lachte leise auf, bevor Jorge antwortete. "Gar nicht" Ich runzelte die Stirn. "Aber wenn du das schon hundert Mal gesehen hast-" "Püppchen das ist die Infektion. Macht wahnsinnig, unberechenbar, mörderisch" Mein Herz machte einen Satz. Geschockt starrte ich Jorge an. "D-der Brand?!"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 12 ⏰

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