31 Streit

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Sie zögerte etwas, schien die richtigen Worte zu suchen, bis sie den Mund öffnete und begann zu reden. ,,Ich bin mir sicher, dass du wohl sauer, enttäuscht und verletzt wegen mir bist." Ich nickte. Sie sollte wissen, dass sie damit Recht hatte. ,,Ich habe nur eine Bitte, lass uns reden." ,,Dann fang an." Ich klang etwas emotionslos dabei, doch genauso sollte es auch rüber kommen. An ihrem Blick konnte ich sehen, dass es auch so angekommen war. ,,Also.." Sie wusste nicht, wie sie ihre Sätze formen soll. ,,Warum?" Sie sah mich verwirrt an. ,,Was warum?" ,,Warum hast du es mir nicht gesagt, bevor alles zwischen uns Ernst wurde. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du Schuld am Tod meiner Familie bist? Dass du mir versprochen hast, mich zu retten und, dass du die gute bist, damit sich dann herausstellt, dass es nicht so ist? Dass ich nur wegen dir bei Hydra gelandet bin?"

Mit Tränen in den Augen sah sie mich an. ,,Es tut mir leid." ,,Das ändert nichts daran, dass du es mir nicht gesagt hast." Ich war selber etwas überrascht, wie gut ich mich unter Kontrolle hatte. Ich wurde äußerlich nicht emotional, obwohl es mich innerlich zerstörte. ,,Ich konnte nicht. Ich wollte dich nicht verlieren." Ich sah sie etwas emotionslos an. ,,Aber haben wir nicht gesagt, keine Geheimnisse mehr?" ,,Ja, haben wir, aber so etwas ist doch Grund genug um Schluss zu machen." Eine einzelne Träne lief über ihre Wange. ,,Du erklärst es mir ja nicht einmal jetzt, Natasha." Tief schaute ich in ihre Augen, die mich trotz der Situation, kurz abdriften ließen. Aber Natasha konnte den Augenkontakt nicht halte und schaute zu Boden.

,,Der Red Room." Ich kramte in meinem Gedächtnis nach diesem Begriff, aber das war wohl noch etwas, was sie mir verschwiegen hatte. ,,Was ist das?", fragte ich sie also. ,,Eine Organisation, die ebenfalls zu Hydra gehört. Sie bildet Mädchen im Ballett und zu Waffen aus." Das waren Dinge, die ich vorher nie wusste. Jetzt hatte ich schon ein schlechtes Gewissen, aber andererseits, wusste ich davon nichts.

Natasha schien sich wieder gesammelt zu haben. Ihre Augen waren zwar noch etwas rot, aber sie weinte nicht mehr und ihre Stimme war wieder fest. ,,Nach Ende meiner Ausbildung, warst du meine erste Mission. Damals in dem Jahr, als du zu Hydra gekommen bist." Bei jedem ihrer Worte, wurde mein Gesichtsausdruck weicher und immer weniger Emotionslos. ,,Ich sollte dich, als eine von vielen, zu Hydra bringen, damit sie ihre neuesten Experimente an Menschen testen konnten." ,,Warum bist du dabei nicht einfach abgehauen? Sie wüssten doch nicht, wo du hingegangen wärst."

,,Sie hatten ein Druckmittel gegen mich." Fragend sah ich sie an. ,,Ich habe eine Schwester." Mein Blick änderte sich ins Überraschende. ,,Die Leute vom Red Room wussten, dass ich abhauen würde, wenn ich könnte. Also haben sie mir gedroht, sie umzubringen, wenn ich nicht brav meine Missionen ausführe." ,,Und warum meine Familie?" Ich verharrte kurz. ,,Ich meine...du solltest mich doch nur entführen und niemanden umbringen." Sie nickte langsam. ,,Ja, das sollte ich, aber alles ist etwa aus dem Ruder gelaufen und ich musste sie töten, um nicht aufzufliegen. Ich habe niemanden umbringen wollen, aber es ging nicht anders." Ich konnte die Verzweiflung in ihrer Stimme hören.

,,Willst du damit sagen, dass du meine Eltern und meine Geschwister, ausversehen getötet hast?" Noch war meine Stimme ruhig, aber ich wusste nicht wie lange ich mich noch beherrschen konnte. Dennoch war ich im inneren Konflikt. Ich war unglaublich verletzt und enttäuscht von ihr. Andererseits, hatte auch ich schon sehr viele Menschen umgebracht. ,,Ja, so quasi." Ich stand wütend auf. Es ging nicht mehr, ich konnte mich nicht mehr beherrschen. Ausversehen klang so abwertend. ,,Geh!" Schrie ich schon fast. ,,Nein!" Dass sie zurück schreit, hatte ich nicht erwartet. ,,Verlasse mein Zimmer, bitte!" Natasha war zwar auch aufgestanden, aber bewegte sich nicht einen Zentimeter in Richtung Tür. Im Gegenteil, sie lief in kleinen Schritten rückwärts von ihr weg.

,,Ich habe es dir vorher verschwiegen, jetzt will ich mit dir darüber reden. Bitte y/n, ich will dich nicht verlieren." ,,Vielleicht ist es dafür schon zu spät." Sie sah mich geschockt an. ,,Nein, bitte nicht." ,,Ich weiß es doch selber nicht." Meine Nerven brannten durch und ich wurde immer lauter. Dabei war es mir egal, dass vielleicht andere Leute mithören konnten. Sollten sie doch nur wissen, was passiert war.

,,Bitte y/n, du hast doch selber schon viele Menschen umgebracht. Du weißt, in was für einer Situation ich war." ,,Nein." Ich machte eine Pause. ,,Ich hatte mich davor vielen Gehirnwäschen unterziehen müssen. Ich wusste nicht einmal wirklich, was ich damals getan hatte. Du aber...du warst bei vollem Bewusstsein. Du wusstest ganz genau was du getan hast." Natasha machte einen Schritt auf mich zu, doch ich wich zurück. ,,Es ging um meine Schwester, deshalb habe ich es getan!" Immer weiter ging ich nach hinten, obwohl sie wieder stehen geblieben war.

,,Geh jetzt. Ich will dich jetzt nicht mehr sehen!" ,,Warum y/n, nur wenn wir reden, können wir es irgendwie schaffen." Ich ging mit schnellen Schritten zur Tür und riss sie auf. Auf dem Flur standen bereits ein paar Leute, aber das ignorierte ich einfach. ,,Du bist die Mörderin meiner Familie. Und egal was ich für dich empfinde, du wirst es immer bleiben." Meine Stimme zitterte, aber dennoch merkte Natasha, dass sie mich nun wirklich in Ruhe lassen sollte. ,,Ich werde gehen. Ich werde dir alle Zeit lassen, die du brauchst. Ich bitte dich nur, die Vergangenheit auch aus meiner Sicht zu sehen." Damit ging sie langsam in Richtung Tür. ,,Es war meine Familie. Es ist vorbei Natasha, ich kann nicht mit der Person zusammen sein, die sie getötet hat."

Diese Worte auszusprechen tat weh. Es brannte wie Feuer. Es riss mich innerlich in tausende Stücke. Und ein Teil meines Herzen, wurde in diesem Moment grau. Tränen liefen über meine Wangen und es wollte nicht aufhören. Ich liebte sie, das war es, was es so unfassbar schmerzhaft machte. Aber es ging nicht anders. Ich könnte es nicht mir meinem Gewissen vereinbaren, mit ihrer Mörderin zusammen zu sein. Die Gedanken, dass alles zwischen Natasha und mir, nach diesen Worten vorbei war, machte es noch schlimmer. In diesem Moment wollte ich sie nicht lieben, ich wollte sie hassen, aber egal wie sehr ich es auch versuchte, es ging nicht.

Die selbe Reaktion hatte ich bei Natasha ausgelöst. Ich hatte sie noch nie richtig weinen sehen, aber jetzt tat sie es. Sie weinte, weinte wegen mir. Sie sah mich nur an und weinte. Das einzige was ich in ihrem Gesicht sehen konnte, war Schmerz. Schmerz und Selbstbeschuldigung. Sie ging langsam aus der Tür und ich schlug die sie hinter ihr zu. Sofort sackte ich zu Boden, meine Beine konnten mich nicht mehr tragen, so sehr zerstörte es mich innerlich.

Gefangen in der Vergangenheit // Natasha Romanoff ff Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt