33 schlechtes Gefühl

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Die Zeit verging elend langsam. Erst zwei Monate waren vergangen, seitdem wir nicht mehr zusammen waren. Es fühlte sich aber an, als wäre es gestern gewesen. Und genauso tat es auch noch weh. Uns wurde keine Zeit zum verarbeiten oder zum heilen der Wunden gelassen, die ich bei uns beiden hinterlassen hatte. Jeden Tag sahen wir uns. Wie sehr wir es auch versuchten, wir konnten es nicht vermeiden uns zu sehen. Bei jedem Blick, der auf ihr ruhte, stießen Messer in mein Herz. Ich wusste, dass es ihr genauso geht wie mir. Und das tat auch weh. Das Leid, das ich bei ihr hinterlassen hatte. Die Wunden, die wahrscheinlich niemals richtig heilen werden.

Um mich von diesen Schmerzen und der Wahrheit abzulenken, dass ich sie nicht mehr meine Freundin, sondern nur noch Mörderin meiner Familie nenne konnte, trainierte ich. Jeden Tag mehrmals für mehrere Stunden. Ich stand sehr früh auf und trainiert bereits vor dem Frühstück mindestens zwei Stunden. Ich baute in dieser kurzen Zeit extrem viel Kondition und Kraft auf, aber nahm auch extrem ab. Im Vergleich zum Sport, aß ich quasi nichts. Das lag nicht daran, dass ich nicht wollte, sondern, dass ich nicht konnte. So sehr ich versuchte ausgiebig zu essen, ich bekam keine Fünf Bissen herunter.

Und dann war da diese Gala, die heute anstand. Nach zwei Jahren, die ich bereits bei den Avengers war, wollte Tony den Menschen nun endlich sagen, wer der unbekannte neue Avenger ist, der auftauchte und dann wieder ein Jahr von der Bildfläche verschwunden war. Natürlich musste es direkt eine ganze Gala sein, die Tony dafür veranstalten wollte. Dabei ging es natürlich nicht nur um mich, er verkündete auch wieder irgendwelche anderen Sachen und spendete eine riesige Summe an Geld an irgendwen. Letztes Jahr, war ich nicht dabei, deshalb wusste ich nicht, wofür er eigentlich spendete.

Ich kam gerade verschwitzt und mit meiner Trinkflasche am Mund aus einem der Sporträume heraus, als mir Wanda über den Weg lief. Nachdem sie mir nach der Trennung Halt gegeben hatte, konnte ich mich nun nicht mehr fallen lassen. Ich ließ niemanden mehr wirklich an mich heran und distanzierte mich von allen. Verbrachte beinahe die gesamte Zeit allein und hatte seit dem, den Tower nicht mehr verlassen. Es tat mir leid, dass ich alle von mir abstieß, aber ich konnte es auch nicht vermeiden.

,,y/n, du bist ja nicht mal ansatzweise fertig, wir müssen in einer Stunde los, wenn wir halbwegs pünktlich bei der Gala sein wollen." Ich hielt kurz neben ihr an und musterte sie. Ihre Haare waren noch nass und ihr Make-Up erst halb fertig.  ,,Muss ich denn wirklich mit? Eigentlich würde ich gerne hier bleiben." Ich nahm einen großen Schluck aus meiner Flasche und verschloss sie danach. Mit der Flasche unter meinem Arm geklemmt stand ich vor ihr. ,,Natürlich musst du mir. Es geht doch schließlich um dich." Ich drehte mich um und ging los. ,,Dann fahren wir, wenn ich fertig bin." Mit einer Winkähnlichen Handbewegung trat ich in den Fahrstuhl.

Nach zwei Etagen blieb der Aufzug stehen und öffnete sich. Tony stieg ein. Kritisch musterte er mich. ,,Solltest du nicht schon fast fertig sein?" Genervt verdrehte ich meine Augen, während die Türen sich wieder schlossen und wir weiter fuhren. ,,Jetzt fang du nicht auch noch an. Ich bin fertig, wenn ich fertig bin." ,,Aber..." Ich unterbrach ihn. ,,Wenn ich gleich noch nicht fertig bin, dann fahrt halt ohne mich." Bevor er noch etwas erwidern konnte, hielt der Fahrstuhl erneut an. Diesmal auf der Etage, auf der ich aussteigen musste. Ohne noch ein Wort zu ihm zu sagen, verließ ich ihn und steuerte auf mein Zimmer zu.

Achtlos schmiss ich meine Flasche auf den Boden und ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen. Ich wollte nicht zu dieser Gala. Nicht nur, weil ich dann den Tower verlassen und sozialen Kontakt haben müsste, sondern auch, weil ich einfach ein schlechtes Gefühl bezüglich dieser Gala hatte. Ich wusste nicht warum, aber alles in mir sagte, wir sollten besser nicht dorthin fahren. Doch mir blieb ja nichts anderes übrig, als es doch zu tun.

Quälend stand ich wieder vom Bett auf und schleppte mich Richtung Badezimmer. Dort sprang ich unter die Dusche und wusch den ganzen Schweiß ab. Als ich aus der Dusche raus trat, band ich mir ein Handtuch um und versuchte meine Haare unter Kontrolle zu bekommen. Schon im nassen Zustand lagen meine natürlich gewellten Haare nicht dort, wo sie sollten. Zehn Minuten lang zog ich an ihnen herum und versuchte alles mögliche, aber es half nicht. Genervt atmete ich aus, als ich mir kurzer Hand den Föhn schnappte und meine Haare föhnte. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es bereits 18:47 war, eigentlich wollten wir um 19:00 fahren, aber das würde ich ganz sicher nicht schaffen.

Als meine Haare endlich trocken waren, tauschte ich mein Handtuch durch Unterwäsche aus. Da ich gleich sowieso ein Kleid anziehen würde, sparte ich mir das unnötige doppelte umziehen. Da meine Haare wie erwartet, nicht so aussahen wie sie sollte, begann ich auch noch sie zu glätten. Zu meinem Glück waren meine Haare nur Schulterlang und deshalb innerhalb von einer halben Stunde glatt und lagen nun auch einigermaßen in Ordnung. Endlich konnte ich mich auch meinem Gesicht widmen. Durch meinen starken Gewichtverlust, ragten meine Wangenknochen stark heraus. Ich versuchte es etwas zu kaschieren, was mir tatsächlich auch ganz gut gelang.

Als es nun schon halb acht war, machte ich kein aufwendiges Make-Up und konnte nach weiteren 15 Minuten endlich das Badezimmer verlassen. Mein Kleid hing an einer Kleiderstande. Es war dunkelblau, mit etwas Spitze versehen, etwa Knielang und hatte breite Träger. Ich zog es von der Kleiderstange und schlüpfte hinein. Als ich versuchte, den Reisverschluss zuzuziehen, verengte ich mich und hatte mir bestimmt irgendetwas gezerrt. Zumindest fühlte sich es so an. Zum Schluss zog ich meine Schuhe und Schmuck an, legte etwas Parfüm auf, schnappte mir meine Tasche und verließ das Zimmer.

Als ich den Fahrstuhl verließ, saßen alle im Wohnzimmer und warteten. Und wenn ich sage alle, dann meine ich auch alle. Selbst Thor und Carol waren heute da, zwar nur für ei paar Stunden, aber sie waren da. Als ich den Raum betrat, achtete ich allerdings gar nicht auf sie. Meine gesamte Aufmerksamkeit lag auf Natasha. Sie trug kein Kleid, sondern eine Art Anzug. Das weiße Hemd unter der dunkelblauen Anzugjacke war nur etwas über die Hälfte zu. Kurz wanderte mein Blick an ihr herunter. Ich würde lügen, wenn ich nicht sagen würde, dass ihr Anzüge nicht vielleicht noch besser standen, als Kleider. Als sie ihren Kopf hob und mich musterte, wendete ich meinen Blick schnell ab. ,,Wir können los." Alle standen auf. ,,Na dann mal los." Tony ging voran und öffnete die große Eingangstür. Vor dem Tower standen drei Limousinen. Alle schwarz wie Nacht, aber dennoch sehr elegant. Als letzte verließ ich den Tower. Meine ersten Schritte in die Außenwelt seit zwei Monaten.

Gefangen in der Vergangenheit // Natasha Romanoff ff Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt