Kapitel 32

1.3K 56 1
                                    

A D E L I N E

„Wie?", fragt er mich nun, woraufhin ich die Luft anhalte. Für einen Moment überlege ich, ob es doch besser wäre, wenn er einfach geht und mich alleine lässt, statt mich mit solchen Fragen zu bombardieren. Doch hastig schlage ich mir diesen Gedanken aus. Ich kann froh sein, dass er überhaupt vor mir sitzt und mir nochmal geholfen hat.

Weiterhin beiße ich mir auf meine Unterlippe. Zum einen weil ich nervös bin und nicht weiß, was ich sagen soll und zum anderen, um mir meine Tränen zu verkneifen.

Gott Adeline, du hast gerade erst aufgehört zu heulen. Reiß dich zusammen!

Aiden nimmt seine Hand von meiner Wange und greif nach den Sachen, die er davor auf das Bett abgelegt hatte. Doch in dem Augenblick, wo er seine Hand entzog, raubte er mir auch die Wärme. Eine unangenehme Gänsehaut breitet sich auf meinem ganzen Körper aus, was er auch spürt, denn auch auf mein Oberschenkel, wo seine Finger immer noch ruhen, richten sich feine Härchen auf. So wie gestern scheint er fokussiert in dem zu sein, was er grad tut und erst, als ich etwas kaltes auf meinem Bein spüre, weiß ich, dass er sich um die Wunden neben meiner Narbe kümmert.

Schon wieder...

„Feuer" Es ist das einzige Wort, das über meine Lippen kommt, während ich die einzige Träne, die mein rechtes Auge verlässt, nicht mehr aufhalten kann. Aiden's Kopf dreht sich fast schon in Zeitlupe zu mir, dabei zieht er seine perfekt geformten Brauen zusammen. Seine Stirn legt sich in Falten und er hört ruckartig auf mit dem verarzten. „Feuer?", wiederholt er das Wort, um sicher zu gehen, dass ich es wirklich gesagt habe. Ich nicke nur bestätigend und schließe daraufhin meine Lider.

Ich bin so erschöpft.

„Du hast dich verbrannt?", hakt er weiter ahnungslos, was mich auflachen lässt.
Ich blicke wieder in seine Augen und erkenne die Tausend Fragezeichen in ihnen, die mich ein wenig überfordern. Bedrückt streiche ich mir einer meiner Locken aus dem Gesicht, wende nervös meine Augen von ihn ab und schaue runter zu der Rötung auf meiner Haut. Das erste und letzte mal, als ich es jemanden erzählt habe, wurde ich angeschrien und es wurde behauptet, dass ich lügen würde. Wird Aiden es auch machen? Wird er mir nicht glauben? Warum sollte er mir glauben, schließlich hasst er mich und sucht jede Gelegenheit, um mich fertig zu machen.

Er hat mich verbrennen lassen.", spreche ich es nun aus und merke, wie dramatisch es eigentlich klingt. Doch so war es nun mal. Dramatisch. Ich meine, welcher Vater will sein Kind verbrennen sehen? Genau... keiner. Und es war nun mal dramatisch. Ich nicke meinen Worten zur Bestätigung zu und spüre erst jetzt, dass die Flüssigkeit aus meinen Augen ausgebrochen ist.

Aiden's schockierter Gesichtsausdruck kann ich auch vom Augenwinkel sehen und als ich nach einigen Sekunden zu ihn schaue, sehe ich, dass sich sogar seine Lippen ein Spalt getrennt haben und er wohl keine passenden Worte findet. Das einzige was ich will ist nur, dass er mir glaubt, mehr will ich nicht.

Es ist nämlich ein abscheuliches Gefühl, wenn man jemanden sein schlimmsten Alptraum erzählt und er als Lügner abgestempelt wird.

Am besten noch von der Mutter.

„Wie hat er dich verbrennen lassen, Adeline?", fragt er fassungslos und es ist tatsächlich das erste mal, dass ich Aiden so irritiert und überfordert sehe. Sonst sieht er immer so aus, als würde er wissen, wie er handeln muss, auch wenn seine Augen mir manchmal das Gegenteil beweisen. Allerdings ist es diesmal nicht der Fall, denn sein Gesicht sieht so aus, als hätte er ein Geist gesehen.

Ich schlucke und merke, wie meine Hand erneut zu beben beginnt, während die heißen Tränen weiterhin mein Auge verlassen. Immer wieder öffne ich meinen Mund, doch ich bekomme kein einzigen Ton raus. Es ist, als wäre ich plötzlich stumm geworden oder als hätte ich das Sprechen verlernt.
Aiden jedoch wartet geduldig und nimmt seine Augen nicht mal für eine Sekunde von mir ab. Vielleicht sollte ich es aber endlich mal sagen. Möglicherweise, wird es mir besser gehen, wenn mir jemand zuhört.

F E A R Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt