Kapitel 53

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A D E L I N E

„Magst du einige Bücher mitnehmen?", fragt mich Sophia und ich blicke zu ihr. Man könnte meinen, ich habe sie gehört, doch nicht realisiert, was sie von mir möchte. „Hm?", erwidere ich, woraufhin sie sich ganz zu mir dreht und mich gründlich beäugelt. „Ob ich dir eins zwei Bücher mit einpacken soll?", wiederholt sie mit gehobenen Brauen.

Knapp nicke ich nur und beobachte sie, wie sie aus dem Zimmer geht, um nach einigen Minuten mit zwei Büchern zurückkommt. Sie packt sie in eine Tasche und legt dazu noch eine Strickjacke rein. „In dieser Hütte kann es ziemlich kalt werden. Ob Winter oder Sommer.", sagt sie, als würde sie spüren, dass ich sie nicht aus den Augen lasse.
Doch eigentlich sind meine Gedanken ganz wo anders.

„Weißt du wann Daniel kommt?", frage ich und ernte dadurch auf die Sekunde einen warnenden Blick. „Haben wir nicht gesagt, du sollst aufhören dir den Kopf darüber zu zerbrechen?" Entschuldigend presse ich meine Lippen aufeinander und beginne meine Finger zu kneten. Was ist, wenn er hier eintrifft, bevor ich losgegangen bin?

„Aiden sollte das nicht tun, Sophia. Du musst ihn das sagen, bitte.", spreche ich und merke, wie die Angst in meinem Körper langsam und qualvoll die Kontrolle zu übernehmen scheint. Einige Schritte mache ich auf die nun verwirrte Blondine zu. „Sag ihn, dass er Daniel nicht in das Haus lassen soll und er soll ihm dann einfach sagen, dass er Ethan nicht hat." So unkompliziert es in meinem Kopf geklungen hat, klingt es ausgesprochen doch tatsächlich lächerlich.

Sophia schließt den letzten Meter zwischen uns und legt ihre beiden Hände auf meine Schultern. Sie mustert erstmal mein Gesicht, so als würde sie sicher gehen wollen, dass alles okey mit mir sei. „Adeline, es gibt keinen Grund Angst zu haben. Du bist gleich hier weg.", versucht sie mich zu beruhigen. Doch auch wie Aiden gestern versteht sie nicht, dass es mir hierbei nicht um mich geht.

Ich schließe meine Lider und schüttele frustriert meinen Kopf. „Nein, nein... nicht ich. Ihr kapiert es nicht. Daniel ist ein Psychopath. Ein verdammter Psycho. Aiden darf ihn nicht reinlassen." Ich bemühe mich, die Worte zusammenzustammeln und hoffe, dass sie mich dieses Mal versteht. Hoffnungsvoll schaue ich in das helle blau, dass heute ausnahmsweise nicht glitzert. Sophia scheint einige Sekunden zu brauchen, um mein gesagtes zu realisieren und als sie dies getan hat, lacht sie. Sie beginnt allen Ernstes zu lachen.

Sie lacht?

Verwundert über ihr komisches Verhalten, überlege ich, was ich gerade so lustiges gesagt habe.

„Du machst dir Sorgen um Aiden? Schätzchen, ich würde eher um Daniel Angst haben.", kichert sie, bevor sie die Tasche verschließt und mir den Rücken zuwendet. „Los, wir sind schon spät dran.", sagt sie, während sie auf die Tür zuläuft. Gefolgt von mir.
Auf den Treppen höre ich schon die Stimmen von Aiden und Liam und ich atme tief ein.

„Wir sind fertig", ruft Sophia, als wir unten angekommen sind und die beiden uns ihre Aufmerksamkeit schenken. Die Brüder sehen nicht besonders gut gelaunt aus. Eher angespannt und gereizt, was die Furcht in mir nicht sonderlich beruhigt. „Wieso hat das so lange gedauert? Ihr solltet schon längst weg sein.", sagt Aiden aufgebracht und wartet auf eine Antwort. Doch weder Sophia, noch ich geben einen Ton von uns. Stattdessen bleiben wir beide auf dem selben Fleck stehen, mit dem Unterschied, dass auch sie mich nun anschaut.

Meine Augen liegen allerdings nur auf ihn. Auf den zornigen Mann, dessen Braun mir voller Unruhe und Sorge entgegen funkelt. Die Stille um uns ist so verdammt leise, aber die Emotionen, welche sein Gesicht überfluten sind so laut, dass es die Angst in mir um einige Stufen verstärkt.

Aiden scheint die zwei in dem Raum genau wie ich auszublenden und kommt nach ein paar Sekunden auf mich zu. „Du wirst weit weg sein. Dir wird nichts passieren, das habe ich dir doch schon gesagt. Es gibt keinen Grund angst zu haben", spricht er, woraufhin ich meinen Kopf schüttele.

„Ich habe Angst um dich.", flüstere ich. Die Worte kommen wie auf Kommando über meine Lippen rausgeströmt und ich habe nicht eine Sekunde davor nachgedacht. Ebenso ist es mir komischerweise egal, dass noch weitere unserem Gespräch zuhören und es höchstwahrscheinlich verstörend für sie ist. Aiden jedoch blinzelt perplex, ehe er einen Moment braucht, um mein gesagtes zu realisieren. Er schaut erst zu Sophia, bevor er einen Blick über seine Schulter zu seinem Bruder wirft, doch ich bin nur auf ihn fokussiert.

Ich weiß nicht, wieso ich das gesagt habe, abgesehen davon dass es die Wahrheit ist. Denn eigentlich sollte ich ihn sowas nicht mitteilen. Schließlich ist es immer noch Aiden Harris, welcher vor mir steht.

Er macht noch einen Schritt auf mich zu, sodass ich nun seinen angenehmen Atem auf meine Haut spüre. „Nein, das brauchst du nicht." Seine Augen spiegeln mir die Wahrheit wider. Dass sie wirklich keine Furcht verspüren und dass ich ebenso keinen Grund dazu hätte. „Außerdem bin ich der bucklige Troll mit den Pickeln... du weißt schon. Mir wird nichts passieren.", sagt er und grinst schief. Auch mir entlockt es ein Kichern, obwohl mir gar nicht danach ist. Einige Sekunden schauen wir uns still an, dabei ist Aiden immer noch am lächeln, während ich ihn misstrauisch beäugle.

„Los, ihr seid spät dran." Nickend zeigt er Richtung Tür und sieht dann auffordernd zu Sophia, die wie auf Kommando losläuft. Doch meine Füße wollen sich nicht bewegen. Stattdessen sehe ich weiterhin zu Aiden und kassiere mir gleich darauf irritierte Blicke. „Adeline, los habe ich gesagt", sagt er mit mehr Druck in der Stimme und legt seine Hand auf meinem Arm, um mich zur Tür zu dirigieren. Seine Finger auf meiner Haut, sind das einzige, was mich in dem Moment nicht beängstigt. Die Berührung fühlt sich vertraut an und tatsächlich nimmt mir die Wärme seiner Haut für eine kurze Zeit die Sorgen, welche meinen Kopf überfluten. Lange hält es allerdings nicht an, denn bevor ich es anfangen konnte zu genießen und mich zu entspannen, nimmt er seine Hand auch schon weg.

Tief atme ich ein, um dann wieder auszuatmen und mich diesmal zusammenzureißen.

Ein letztes Mal schaue ich zu Liam, der die ganze Unterhaltung mit hochgezogenen Brauen beobachtet, ehe ich mich umdrehe und aus dem Haus verschwinde. Komischerweise fällt es mir schwer, mich nicht umzudrehen und nochmal nach Aiden zu sehen. Irgendetwas in mir schreit nämlich danach, ihn wieder sehen zu wollen, als hätte ich es nicht gerade eben erst.

Möglicherweise liegt es aber auch an dem schlechten Gefühl, dass ich in mir trage, seit ich weiß, dass Daniel hierher kommt.

Ich weiß nicht, weshalb ich mir so große Sorgen mache. Denn schließlich geht es hier um Aiden Harris. Und Sophia hat recht... wenn ich mich um jemanden sorgen müsste, dann um Daniel. Und würde er mir auch nur ansatzweise etwas bedeuten, würde ich dies vermutlich auch tun.

Seufzend lehne ich mich gegen die Fensterscheibe, nachdem ich in das Auto eingestiegen bin. Wie Aiden mir bereits sagte, sind zwei seiner Männer mit mir. Ich versuche mir immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass sie mich nur beschützen wollen und nicht, aufpassen, dass ich nicht abhaue. Doch mir ist bewusst, dass das eigentlich völliger Schwachsinn ist.

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