Kapitel 58

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A I D E N

„Wir sind nicht mit ihnen gut!", antworte ich in Sekundenschnelle und spüre, wie das Blut in mir zu kochen beginnt. Verwirrt schaut mich meine Schwester an, bevor sie auf Adeline deutet. Auch ich blicke reflexartig zu ihr und merke, wie angespannt sie plötzlich dasitzt. Aus ihren glitzernden, großen Augen sieht sie aufmerksam zu mir. In ihrer einen Hand, hat sie fest ihren Muffin umklammert, während die andere sich zu einer Faust ballt.

„Adeline und ich sind gute Freunde.", widme ich mich Ashley zu. „Sie hat nichts mit ihrer Familie zutun. Sie wohnt auch nicht bei ihnen.", erkläre ich ihr und sie nickt, dabei schlendert sie in den ganzen Animation Filmen rum.

Am liebsten würde ich dagegen protestieren, doch da heute nicht Aiden's Freitag, sondern Ashley's Freitag ist, habe ich kein Rederecht. Und erst recht nicht, nachdem ich es vergessen hatte.

„Ja, das ist mir schon aufgefallen.", sagt sie und erneut schießt mein Kopf zu ihr. Diesmal so schnell, dass die Schmerzen um einiges schlimmer werden. „Wie meinst du das?" So gut es geht versuche ich mir nicht anmerken zu lassen, dass ich so langsam zu schwitzen anfange. Ashley zuckt, dann hat sie sich für einen Film entschieden, den sie nun anmacht. „Das Gästezimmer sieht so aus, als wäre es schon seit Monaten bewohnt.", erklärt sie und greift nach der Kuscheldecke, um sie auszubreiten.

Wütend funkele ich sie an. „Hatten wir nicht gesagt, du sollst das herumschnüffeln unterlassen?" Mein Ton ist streng, mein Blick ist ernst, doch für Ashley ist das nur eine weitere Diskussion, wie viele andere.

Es ist klar, dass je älter sie wird, umso mehr versteht. Doch mit ihren sechzehn Jahren ist sie noch lange nicht alt genug, um in sowas involviert zu werden. Was sie jedoch nicht einsieht, und deshalb gerne nachspioniert.

„Ich habe nicht herumgeschnüffelt!", reißt sie die Augen auf. Unbeeindruckt verschränke ich die Arme vor der Brust und sehe vom Augenwinkel, wie Adeline den Muffen wieder auf den Tisch stellt. „Ich hatte nur überlegt, ob ich heute mal hier übernachten soll und da bin ich ins Zimmer gelatscht. Mehr nicht."

So eine Lüge! Ashley hasst es woanders, als in ihrem Bett zu schlafen.

„Denk nicht, dass du damit davonkommst. Wir reden später darüber.", sage ich etwas leiser, doch immer noch sauer. Nach einem kurzen Blickduell gibt sie schlussendlich nach und nickt.

Sie breitet die Decke auf uns aus und schaut dann rüber zu Adeline, welche immer noch vertieft auf den Boden starrt. Etwas verwirrt von ihrer plötzlichen Nervosität, will ich sie fragen, ob alles gut sei, jedoch klaut mir meine Schwester zuerst das Wort.

„Adeline, du musst etwas näher ran, sonst reicht die Decke nicht.", sagt sie und rutscht ebenfalls näher an mich ran. Überforderung ist wieder auf ihr hübsches Gesicht sichtbar und sie schluckt, als sie neben mir schaut. Sie streicht sich ihre Strähnen hinter ihr Ohr, obwohl sie sich dort bereits befinden.

Und wo ich dachte, meine Schwester würde gleich bemerken, dass etwas mit ihr nicht stimmt und ich mit irgendeiner Ausrede einschreiten wollte, rutscht sie zögerlich zu mir. Eine süße Duftwolke weht zu mir rüber und beinahe hätte ich genießerisch die Lider geschlossen.

Ich lege ihr die Decke auf ihre Beine und als Adeline merkt, dass sie nur das rechte Bein erreicht, rückt sie noch ein Stück. Unsere Oberschenkel berühren sich dadurch, woraufhin sie zuckt und zurückweichen will. „Entschuldige", flüstert sie. Bevor sie jedoch abhauen kann, lege ich meine Hand auf ihr Knie und drücke leicht zu, um ihr zu signalisieren, dass sie so bleiben soll, wie sie gerade ist.

Nicht wegen Ashley und unsere Freundschaft, die glaubwürdig aussehen muss. Und auch nicht wegen der beschissenen kurzen Decke. Ganz allein, wegen der wohligen Wärme, die meinen ganzen Körper nun durchströmt und ich mich zusammenreißen muss, nicht zufrieden zu seufzen.

Ebenso bin ich davon überzeugt, dass diese Wärme auch Adeline gepackt hat. Ganz sicher... denn diese rot gewordenen Wangen verraten es mir.

Erneut lege ich ihr die Decke zurecht und bekomme danach ein wisperndes „Danke."

„Schaut jetzt hin.", flüstert Ashley mit vollem Mund und starrt zu dem Fernseher. Augen verdrehend tue ich wie mir befohlen und reiße sie in der selben Sekunde noch auf, als ich sehe, was zum Teufel sie da angemacht hat.

Abgesehen davon, dass „Die schöne und das Biest" ihr Lieblingsfilm ist und wir das so gut wie in jeden der Ashley Freitage schauen, passt das gerade absolute gar nicht, während Adeline hier sitzt.

Ziemlich provokant, wenn man mich fragt.

Kurz bin ich davor, ihr zu sagen, sie soll gefälligst was anderes anmachen, doch ich unterlasse es und presse meine Lippen stattdessen fest aufeinander.

Das wird ein sehr spaßiger Abend...

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