Kapitel 64

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A  D  E  L  I  N  E

Nach drei Monaten...

Grinsend beobachte ich Micky wie er an meinen Finger knabbert. Das leichte piksen immer wieder in meiner Haut kitzelt mich und übersät meinen Arm mit einer leichten Gänsehaut.

Ein Blick auf die Uhr verratet mir, dass ich so langsam aus dem Bett müsste. Die letzten Male als ich einige Stunden später erst rauskam, hämmerte die alte Dame Namens Nikoletta an meine Tür, so als würde sie vermuten, dass ich aus dem Fenster geflohen bin. Und obendrauf war die Tür sowieso offen.

Seufzend schlage ich die Decke von meinem Körper und erhebe mich, während Micky ebenfalls auf sein Käfig zufliegt.

Und in nur weniger als zehn Minuten habe ich meine Zähne geputzt, mich umgezogen und befinde mich auf den Treppen nach unten. Die kühle Luft umgibt mich und der Duft des Ozeans steigt mir direkt in die Nase.

„Ah, da bist du ja!", höre ich Nikoletta schon in der Küche rufen und ich kann ich ihr Lächeln deutlich hören. Auch ich zwinge mir eins auf die Lippen und komme auf einen der Hocker zum sitzen, dabei betrachte ich das viele Essen, welches sie wieder einmal mit ganzer Mühe zubereitet hat. Am liebsten würde ich die Augen verdrehen, mir ein Kissen schnappen und mein Kopf so lange darin vergraben, bis mir die Luft wegbleibt. Doch das hat sie nicht verdient. Nikoletta ist bezaubernd. Sie ist nicht annähernd wie Sophia, allerdings habe ich sie in diesen drei Monaten ebenfalls ins Herz geschlossen.

„Ich habe dir diesmal was anderes zum Essen gemacht. Rührei mit Tomaten und Pute. Vielleicht wird dir das schmecken und du wirst wieder kräftig.", erzählt sie leicht aufgeregt und legt mir noch zwei Toast neben dem Teller.

So sehr ich mich auch bemühe mein Lächeln aufrecht zu erhalten, fällt es nach einigen Sekunden auch schon ineinander. Das Essen sieht lecker aus. Sogar sehr. Wie aber in den zwei vergangenen Wochen auch, lässt sein Anblick allein die Übelkeit meinen Magen in kürzester Zeit überfluten.

Entschuldigend schaue ich in ihre erwartungsvollen Augen, die wie auf Knopfdruck Verständnislosigkeit widerspiegeln.

„Nein, nein, nein, Adeline. So geht das nicht weiter, ich-", „Keine Sorge, ich werde später etwas essen. Gerade ist mir aber nicht so nach Frühstück.", will ich sie beruhigen und mir somit den morgendlichen Vortragen ersparen. Allerdings sieht sie mich unbeeindruckt an. „Das sagst du fast jeden Tag, mein Kind und das einzige was du den ganzen Tag isst, ist entweder eine Banane oder ein Apfel. Sieh dich doch an, du magerst mir noch ab.", sagt Nikoletta und innerlich stimme ich ihr zu. Ich habe abgenommen, sehe blass aus und von den Augenringen gar nicht erst der Rede wert, aber trotzdem schüttele ich meinen Kopf.

„Diesmal esse ich was richtiges. Ich habe sogar Lust selbst zu kochen." Erneut ziehe ich meine Mundwinkel mühsam hoch, während Nikoletta mich eine Weile kritisch mustert, ehe sie nach dem Teller greift und mir den Rücken zukehrt.

Sie und auch ich wissen ganz genau, dass das was ich da von mir gebe völliger Schwachsinn ist. Denn auch wenn ich mir dieses Essen hier gezwungen reinstopfe, würde es nicht lange in mir drin bleiben.

Allerdings interessiert mich das gerade am wenigsten. Wie sonst jeden Morgen auch, überlege ich, wie ich Nikoletta fragen kann, ob Aiden angerufen hat. Ab und zu beantwortet sie mir die Frage schon, ohne dass ich sie überhaupt aussprechen muss.

Mein Blick schweift zu dem Strand von Los Angeles. Als ich noch ein Kind war, liebte ich es dort entlang zu rennen und die kleinen Steine aus dem Sand zu sammeln, um sie dann in das Wasser zu werfen. Heute... na ja heute verbinde ich Trauer mit ihm. Denn das einzige was ich sehe, wenn ich hinausschaue ist Aiden.

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