Kapitel 37

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A D E L I N E

Unzufrieden starre ich schon das dritte Blatt verzweifelt an. Irgendetwas fehlt, um es perfekt aussehen zu lassen. Vielleicht die Dunkelheit...
Möglicherweise aber auch die fehlende Dominanz. Nur wie soll ich sie zum Ausdruck bringen?

Grübelnd fahre ich mir durch die Haare und blicke dabei von oben herab auf den schon dunkel glitzernden Ozean. Als mir nun etwas einfällt und ich den Bleistift auf das Blatt ansetzen will, höre ich schwere Schritte die Treppe hochsteigen. Hastig drehe ich das Blatt um und schiebe es hinter dem Sessel. Den Stift hebe ich auf und begebe mich gleich darauf auf mein Bett. Doch es vergehen Sekunden und nichts geschieht.

Als dann aber auch Minuten vergehen und ich die selben Schritte erneut die Treppe runter stampfen höre, verwirrt es mich.

Normalerweise würde Aiden nachsehen, was ich so tue. Aber einfach so runtergehen, als wäre er nicht gerade den halben Tag weggewesen, ohne mich im Auge zu behalten, ist seltsam. Verwundern tut es mich, neugierig macht es mich aber viel mehr. Ist es ihm egal, was ich in der Zwischenzeit gemacht habe? Oder will er mir wegen dem Gespräch heute früh aus dem Weg gehen?

Überlegend erhebe ich mich vom Bett und habe eigentlich vor, wieder nach meiner Zeichnung zu greifen, doch auf den letzten Augenblick wenden sich meine Füße wie von alleine Richtung Tür und stolzieren aus ihr heraus. Leise gehe ich die Treppen runter und bleibe auf der vorletzten Stufe stehen, als ich Aiden in der Küche entdecke.

Erstaunt beobachte ich ihn, wie er sich ein großes Stück von der Lasagne, welche ich heute gekocht habe, in den Mund stopft. Gerade wo ich dachte, ein zufriedenes Seufzen seinerseits gehört zu haben, erblickt er mich. Mit vollen Backen und runden Augen schaut er mich nahezu unschuldig an. Und wenn die Situation zwischen uns beiden sonst nicht so... angespannt wäre, hätte ich höchstwahrscheinlich jetzt losgeprustet, was das Zeug hält. Also versuche ich mir angestrengt mein Lachen zu verkneifen und presse deshalb die Lippen aufeinander.

Eine Weile bleiben wir beide wie erstarrt, bis er langsam zu Ende kaut und die Gabel bei Seite legt.
Ich tapse die letzte Stufe runter und näher mich der Küche. „Schmeckt es?", erkundige ich mich, wenn noch ein wenig vorsichtig. Aiden bleibt einige Sekunden still, schaut auf das Essen vor sich und dann in meine Augen. Es amüsiert mich, wie unschuldig und ertappt er dort vor mir steht. Das ist mit Sicherheit kein Bild, das ich mir so einfach im Kopf von Aiden Harris vorgestellt habe. Aber es gefällt mir...

„Ist ganz okay", zuckt er die Schultern, während mein Grinsen breiter wird. Ich meine, ich war kurz davor ihn dabei zu erwischen, wie er genüsslich aufstöhnt. „Ganz okay" will er mir also jetzt sagen?

So ein Quatsch.

„Mach es doch warm, dann schmeckt es besser", schlage ich ihn vor und will gleichzeitig auf ihn zugehen, um es selbst zu machen. Aiden allerdings schüttelt den Kopf. „Nein, ich habe kein Hunger.", sagt er, bewegt sich aber nicht vom Fleck, bis ich nur ein Meter vor ihn zum stehen komme und er zu mir runterschaut. Ich muss meinen Kopf, dank seiner faszinierenden Größe, leicht in den Nachen werfen, um ihn ansehen zu können.

Langsam aber gefährlich steigt die Nervosität in mir auf und ich bin überrascht, dass keiner von uns diesen intensiven Augenkontakt unterbrechen mag. „Na gut", gebe ich nach, um die Hitze, die von ihm aus kommt und mich gleich zu verschlingen scheint, schnellstmöglich zu entkommen. Ich überlege, hastig wieder nach oben zu gehen. „Also gut, ich-", „Isst du dann mit mir?", unterbricht er mich und augenblicklich werden meine Augen rund und schauen erneut zu ihn auf. Er hebt seine Augenbrauen, so wie auch seine Schultern und wartet auf eine Antwortet. Die er mit einem irritierten Nicken bekommt.

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